Es passt derzeit einfach ins Bild.

Und derzeit gibt der SK Rapid einfach kein gutes Bild ab – weder auf dem Platz, auf den Tribünen und auch nicht in puncto Transferpolitik.

Ruhig hätte es diesen Sommer werden sollen, die Kaderreduzierung stand wie schon im Winter im Vordergrund. Da ging es gar nicht primär um finanzielle Mittel, sondern vielmehr darum, die Langzeitverträge von Vorgänger Andreas Müller, für die er damals hochgejubelt wurde, zu korrigieren.

Ist doch klar, dass der eine oder andere lieber seinen gut dotierten Vertrag absitzt, obwohl die sportliche Perspektive alles andere als rosig ist – sofern andere Angebote nicht zufriedenstellend sind.

Sei es drum. Viel mehr im Mittelpunkt steht nun die Panik, die sich breit macht. Seit Anfang Juni wird ein neuer Stürmer in Betracht gezogen. Denn die fehlende Dynamik an vorderster Front, eine Alternative zu den statischen bzw. anderen Spielertypen, ist längst keine Überraschung mehr und verfolgte Rapid schon die vergangene Seuchensaison.

Wir können, aber wir müssen nicht – hieß es. Wir haben Zeit – hieß es. Wir müssen das genau überdenken – hieß es. Und plötzlich steht Sportdirektor Fredy Bickel unter Zeitdruck und muss bis 31. August eine Lösung präsentieren, die sicher nicht die bestüberlegteste sein wird. Denn: Durch das Hinauszögern gingen zahlreiche Kandidaten verloren, setzten ihre Unterschrift bei anderen Vereinen unter die Verträge, wie etwa der Tunesier Amine Chermiti. Ganz klar: Wer kann es sich schon leisten, hingehalten zu werden? Ohne Garantie, dass Rapid wirklich zuschlägt. Schließlich hatte es mehr den Anschein, als wüssten die Wiener lange Zeit selbst nicht, was sie wollten.

Dass die Liste Woche für Woche überarbeitet werden musste, gibt der Schweizer, der erstmals in die Kritik gerät, auch offen zu. Für jene, die aktuell zur Verfügung stehen, fehlt die Zeit für lange Beobachtungen. Plötzlich ist man sich allerdings sicher, dass noch ein Stürmer kommen muss – das macht die Situation nicht leichter.

Überhaupt ist die anfängliche Passivität in eine Transferoffensive übergegangen, teils verständlich nach dem bescheidenen Saisonstart und Baustellen, die sich zusätzlich auftaten, teils nicht.

Fünf Innenverteidiger sind zu viel – hieß es. Christoph Schösswendter reagierte auf das Überangebot mit seinem Wechsel zu Union Berlin. Dann verletzte sich Christopher Dibon, für den die Saison voraussichtlich komplett gelaufen ist. Und dann ließ Ajax Amsterdam für Maximilian Wöber Millionen fließen – dank gutem Verhandlungsgeschick von Bickel, das muss auch positiv erwähnt werden. Aber mit den 7,5 Millionen Euro plus Beteiligung am Weiterverkauf war die Schmerzgrenze längst erreicht, um den aufstrebendsten Rapidler ziehen zu lassen.

Doch das Interesse war schon seit Mai vorhanden, schon da hätten die Alarmglocken schrillen müssen. Nun vermeldete Rapid als Ersatz Lucas Galvao vom SCR Altach – ein gelernter Linksverteidiger, der Rapids Lücke in der Innenverteidigung schließen soll. Für österreichische Verhältnisse überdurchschnittlich begabt, aber die erste Wahl? Die hätte mit rechtzeitigem, guten Scouting, das bei Rapid eher stiefmütterlich behandelt wird, wohl anders ausgesehen. Von Vorteil ist, dass er die Liga kennt, wohl keine Eingewöhnungszeit benötigt. Aber: Kolportierte 800.000 Euro für den 26-jährigen Brasilianer sind innerhalb der Bundesliga schon eine Menge. Noch dazu, weil Rapid wissen hätte müssen, dass man aufgrund der erst im Juli vollzogenen Vertragsverlängerung bei Altach tief ins Börserl schauen muss.

Geld ist nach dem Wöber-Verkauf vorhanden, das weiß auch die Konkurrenz und spielt diese Karte scheinbar gekonnt aus. Und Rapid hat kaum eine andere Wahl. Denn statt rechtzeitig zu agieren, muss man nun reagieren. Deshalb werden – innerhalb des von Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek gesteckten Rahmen – wohl höhere Summen fließen als in so manch anderer Situation.

Weil Rapid muss, weil Rapid die Transferoffensive angekündigt hat und weil keine Zeit mehr bleibt, große Überlegungen und Prüfungen anzustellen. Der Wunsch vieler Fans, einen mehreren Millionen schweren Stürmer nach Hütteldorf zu lotsen, bleibt trotzdem unrealistisch, da tritt Rapid trotz hoher Einnahmen auf die Bremse. Auch der Wunsch einiger Anhänger, Erwin „Jimmy“ Hoffer an seine alte Wirkungsstätte zurückzuholen, wird nicht erfüllt werden. Die Ratlosigkeit zeigt sich auch darin, dass er lange eine Überlegung war, obwohl Bickel schon vor Wochen gegenüber LAOLA1 klar stellte, dass er „vielleicht nicht der ist, der jedes Spiel von Anfang an spielen würde und uns irgendwo hinschießt.“ Oder Ex-Schützling Amine Chermiti, der aus Kuwait geholt werden hätte sollen, mittlerweile aber in seine Heimat Tunesien wechselte.

Ist das der Anspruch des SK Rapid? Gibt es wirklich keine anderen Alternativen, als einen Spieler aus Kuwait zu holen oder früher funktionierende Dinge wieder aufzuwärmen? In dieser Hinsicht durfte man vom Schweizer Sportchef aufgrund der in seiner Heimat oft gepriesenen Beziehungen mehr erwarten. Es bleibt abzuwarten, welchen Heilsbringer er im Angriff noch unter Vertrag nimmt. Denn ein schneller Stürmer ist für Rapid unumgänglich, während man über eine plötzlich aufkeimende Verpflichtung eines Sechsers (u.a. Thanos Petsos) oder schnellen Flügelspielers (Ghana-Talent Evans Mensah) eher hinwegsehen könnte.

Dass man eine Woche vor Transferschluss in Panik gerät, ist nachvollziehbar. Es wäre aber mit rechtzeitiger Aktion statt Reaktion und schlüssigen Entscheidungen vermeidbar gewesen.

Es passt derzeit aber einfach ins Bild des SK Rapid.

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