Ich stand Ludwig Paischer selbst jahrelang auf der Judo-Matte gegenüber und zählte mich wohl genau deshalb nie zu seinen Fans.
Wobei letzteres weniger mit der Tatsache zu tun hat, dass ich gegen ihn immer das Nachsehen hatte, sondern vielmehr damit, dass für so etwas in einer gesunden Rivalität kein Platz ist.
Wie auch immer: Diesen Ausgang in Rio hat sich Lupo jedenfalls nicht verdient. Dabei geht es gar nicht darum, dass er in der ersten Runde rausgeflogen ist. Nein, sondern um die Tatsache, dass sein Auftritt nur 27 Sekunden dauerte. Für einen Sportler gibt es nichts Schlimmeres, als jahrelang einem Ziel alles unterzuordnen und dann in der Stunde X nicht einmal die mit Blut und Schweiß antrainierten Vorteile in die Schlacht werfen zu können.
Insbesondere, wenn man weiß, dass Lupo im Angesicht seiner letzten Olympia-Saison in Sachen Trainings-Ehrgeiz noch einmal ein Schäufelchen draufgelegt hat. Und das mit 34(!) Jahren, wohlgemerkt. Einem Alter, in dem jeder andere seiner ehemaligen Mitstreiter schon längt den Hut draufgeschmissen hat. Nicht zu vergessen, dass bei ihm daheim bereits eine Olympia-Medaille hängt. Trotzdem hat er noch einmal alle anderen Lebensbereiche für dieses Ziel zurückgesteckt.
Es stimmt schon, dass er nach einer Erstrunden-Niederlage über die volle Fünf-Minuten-Distanz ebenfalls enttäuscht gewesen wäre, doch dann wisse er, dass einfach nicht mehr drin war. So bleibt nur eine leere Ungewissheit.
Ich habe Lupo oft nicht als einfache Persönlichkeit empfunden, weil er gerne eine Extra-Wurst brauchte – und sie auch bekam. Doch selbst das ist letztlich eine jener Eigenschaften, die ihn so auszeichnen: Sich sein Umfeld selbst zurechtzubauen. Gerade in einer "Sportnation" wie Österreich.
Wer Paischers Medaillen-Statistik und die fortschreitende Internationalisierung des Judo-Sports (136 Nationen bei Olympia) kennt, der weiß, dass wir einen ähnlich erfolgreichen männlichen Judoka in Österreich sehr, sehr lange nicht mehr haben werden.
Vor diesem Hintergrund ist es mir schleierhaft, wie in Kommentaren und Social-Media-Postings zu seinem schnellen Aus von "Olympia-Tourist" und dergleichen die Rede sein kann.
Etwas, das für mich nur mit Ignoranz und dem zwanghaften Bedürfnis, sein eigenes Selbstvertrauen durch das Runtermachen anderer aufzupolieren, erklärbar ist.
Und das hat er definitiv nicht verdient.
Aus Rio berichtet Reinhold Pühringer
Ludwig Paischer vor den Spielen im Wordrap: