Emma Felbermayr hat am 17. Dezember 2024 österreichische Motorsportgeschichte geschrieben.
Die seit Montag 18-jährige Welserin wird in der Saison 2025 als erste rot-weiß-rote Pilotin überhaupt in der F1 Academy starten. In der Frauen-Nachwuchsserie gelang das aus den deutschsprachigen Ländern zuvor nur der Deutschen Carrie Schreiner.
Felbermayr, die einen Vertrag beim Formel-1-Team Sauber hält, wird für das neuseeländische Top-Team Rodin Motorsport fahren und das Erbe der Meisterin Abbi Pulling antreten – ohne zu viel Druck, wie die Oberösterreicherin betont.
Im Interview mit LAOLA1 spricht die Nachwuchshoffnung über ihren Weg in die F1 Academy, den entscheidenden Anruf von Ex-F1-Pilot und Le-Mans-Legende Allan McNish, wie sie den Spagat zwischen dem Schulalltag, dem Formelsport und dem Privatleben meistert, ihr bevorstehendes Programm abseits der F1 Academy sowie über die Frauenpräsenz im Motorsport.
LAOLA1: Emma, du bist 2024 diverse nationale und internationale Kartmeisterschaften mitgefahren und hast dich für ein Cockpit in der F1 Academy empfohlen. Wie kam es zu diesem schnellen Schritt, es wird schließlich deine erste Saison im Formelsport sein?
Emma Felbermayr: Ich glaube, gerade die internationalen Meisterschaften sind eine sehr vielversprechende Plattform, weil man als Mädchen mit guten Leistungen gegen die Jungs schnell heraussticht. Und das ist mir gelungen. Mich hat letztes Frühjahr Allan McNish von Audi kontaktiert. Nach ein paar Treffen und Anrufen hatte ich eine Art Shooting in England, bei dem auch ein anderes Mädchen dabei war. Ich habe mich durchgesetzt und im November die Zusage bekommen, dass Audi mit mir in der F1 Academy fahren will.
(Interview wird unterhalb fortgeführt)
LAOLA1: Du bist im vergangenen Sommer in Barcelona Testrunden in einem Formel-4-Auto gefahren. Was waren die ersten Eindrücke?
Felbermayr: Die ersten paar Tage waren eine ziemliche Herausforderung, weil das Formel-4-Auto im Vergleich zum Kart schon sehr unterschiedlich ist. Und weil ich noch die Saison 2024 im Kart gefahren bin, habe ich ziemlich viel Pause zwischen den Testtagen gehabt. Es hat immer ziemlich lange gedauert, bis ich wieder drinnen war. Aber es wird immer besser.
LAOLA1: Hattest du seit dem Sommer weitere Testtage?
Felbermayr: Im Dezember habe ich in Aragon und Jerez getestet.
LAOLA1: Du hast dich in der F1 Academy dem erfolgreichen Nachwuchsteam Rodin Motorsport angeschlossen. Die Britin Abbi Pulling hat in der vergangenen Saison mit den Neuseeländern den Titel geholt. Ist das für dich Motivation oder Druck?
Felbermayr: Wahrscheinlich beides. Natürlich ist das eine große Motivation, da ich weiß, dass ich bei einem erfolgreichen Team fahre. Aber ich glaube, dass jedes Mädchen Druck hat, weil es immer alles geben und auch immer die Beste sein will. Ich habe aber weniger Erfahrung als Abbi, sie fuhr vor ihrem Titel bereits ein Jahr in der Serie. Ich steige erst vom Kart auf, deswegen mache ich mir nicht zu viel Druck.
LAOLA1: Wie bist du zu dem Team gestoßen?
Felbermayr: Durch Allan McNish bzw. Audi. Es war bereits beschlossen, egal, wer bei Sauber unterschreibt, auch mit Rodin unterwegs sein wird. Das Shooting in England war bereits mit Rodin.
LAOLA1: Warst du neben Sauber auch schon bei Rodin vor Ort?
Felbermayr: Ja, für die Sitzanpassung und das Simulator-Training.
LAOLA1: Sind in der kommenden Saison bei Sauber Test- und Demofahrten geplant?
Felbermayr: Nein. Die Formel-4- und die Formel-1-Autos sind so unterschiedlich, da muss man sich erst hinarbeiten.
(Interview wird unterhalb fortgeführt)
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LAOLA1: Du fährst 2025 nicht nur in der F1 Academy, sondern auch in der Formula Winter Series und in der spanischen Formel-4-Meisterschaft mit. Wie sehr freust du dich darauf?
Felbermayr: Natürlich sehr, weil ich mich mit den ganzen Burschen messen werde. Wenn man in die Formel 1 kommen will, muss man sich genauso mit den Jungs wie mit den Mädels messen. Deswegen sind mir die Formula Winter Series und die spanische Formel 4 genauso wichtig wie die F1 Academy.
LAOLA1: Du wirst in der Formula Winter Series unter anderem gegen deinen Landsmann Simon Schranz fahren. Bereitest du dich anders für die Serie als für die F1 Academy vor?
Felbermayr: Nein, die Vorbereitung ist genau gleich, weil ich immer das Beste geben will. Ich will die beste Rundenzeit fahren, die ich kann, egal in welcher Serie. Deswegen unterscheidet sich da eigentlich nichts.
LAOLA1: Du gehst unter der Woche zur Schule und wirst dieses Jahr die Matura ablegen. Wie bekommst du den Motorsport, deine Schulpflichten und dein Privatleben unter einen Hut?
Felbermayr: Es wird mit Sicherheit nicht einfach. Es war aber die letzten Jahre auch schon immer stressig. Ich habe die Unterstützung von meiner Schule, von meinen Eltern, von meinen Freunden und deswegen wird das dann schon alles hinhauen.
LAOLA1: Wie sieht es mit verpassten Tests und Schularbeiten aus? Darfst du sie nachschreiben?
Felbermayr: Ja. Dieses Jahr werde ich drei Schularbeiten verpassen. So viele habe ich noch nie verpasst und es werden auch noch die letzten drei sein. Danach ist auch nicht mehr so viel Zeit bis zur Matura, das heißt, ich muss mir mit den Lehrern ausmachen, wann ich welche Schularbeit nachschreiben werde.
LAOLA1: Kommt neben der Schule nicht auch dein Privatleben zu kurz?
Felbermayr: Natürlich habe ich nicht so viel Zeit für meine Freunde oder meine Familie, aber dadurch, dass sie mich unterstützen, weiß ich, dass sie immer hinter mir stehen und das Verständnis dafür haben. Wenn die Schule zu Ende sein wird, werde ich wieder mehr Zeit für sie haben. Aber das richtige Teenagerleben, auf Partys zu gehen, das bin überhaupt nicht ich. Deswegen finde ich es nicht so schlimm, weil ich das gerne tue, was ich tue.
Mein Ziel in der ersten Saison ist, mich zu verbessern und große Schritte zu machen. Im zweiten Jahr will ich gewinnen und in die Formel 3 aufsteigen.
LAOLA1: Wie sieht eine Vorbereitungs- bzw. Trainingswoche aus? Hast du einen speziellen Ernährungs- und Trainingsplan?
Felbermayr: Nein, ich habe da eine komplette Freiheit. Ich bekomme zwar einen Trainingsplan, der aber abgestimmt ist auf meinen Schulalltag. Aber einen richtigen Ernährungsplan habe ich nicht.
LAOLA1: Du entstammst der Felbermayr-Dynastie, dein Großvater und dein Vater sind bereits die 24 Stunden von Le Mans gefahren. Wäre das etwas, was dich in Zukunft reizen würde?
Felbermayr: Ja, auf jeden Fall. Vor allem Le Mans, das größte Rennen überhaupt. Mein Vater (Horst Felbermayr Junior, Anm.) hat die Idee, dass er mit meinem Bruder (Horst Felix, Anm.) und mir zu seinem 60. Geburtstag die 24 Stunden von Le Mans auf einem Auto fahren will.
LAOLA1: Das heißt, dich würde auch der Prototypen- oder GT-Sport interessieren?
Felbermayr: Im Moment nicht, weil mein Fokus komplett auf dem Formelsport liegt. Für mich passt es gerade einfach nicht, ich will meinen Weg im Formelsport gehen. Und wenn es nicht klappt, werden wir sehen, was ich machen werde.
LAOLA1: Wie sieht der Plan im Formelsport aus? Durchmarsch, zwei Jahre pro Serie? Klär uns auf…
Felbermayr: Die F1 Academy ist auf zwei Jahre beschränkt, als Meister muss man sowieso in die nächste Serie aufsteigen. Mein Ziel dieses Jahr ist es, Erfahrungen zu sammeln. Bevor ich in der F1 Academy mein erstes Rennen fahre, werde ich nur die Rennen in der Formula Winter Series gefahren sein. Deshalb ist mein Ziel, mich über die Saison zu verbessern und große Schritte zu machen. Sowohl auf einer Runde als auch im Rennen. Im zweiten Jahr will ich gewinnen und in die Formel 3 aufsteigen. Und dann sehe ich, wohin es geht.
LAOLA1: Glaubst du, dass die Mädchen im Nachwuchs mehr unter Druck stehen als die Jungs?
Felbermayr: Wahrscheinlich eher schon. Bei den Jungs ist die Anzahl im Nachwuchs sehr hoch, da gibt es manchmal das Ausnahmetalent, aber die meisten sind auf einem Niveau. Bei den Frauen ist es eher so, dass man sehr schnell Aufmerksamkeit bekommt.
LAOLA1: Wie ordnest du allgemein die Frauenpräsenz im Motorsport, anhand der jüngsten Entwicklungen, die du miterlebt hast, ein? Glaubst du, es besteht die Chance auf einen Unterbau wie bei den Jungs?
Felbermayr: Ich glaube, dass wir Frauen zurzeit richtig viele Chancen haben. In den letzten zwei Jahren hat sich richtig viel getan, mehr als für die Männer. Wir Frauen werden richtig gefördert. Das beste Beispiel ist die F1 Academy, da bezahlt das Formel-1-Team, das einen unter Vertrag hat, den größten Teil.
LAOLA1: Das macht auch die Sponsorensuche einfach, oder?
Felbermayr: Ja, auf jeden Fall, vor allem in der F1 Academy. Die Aufmerksamkeit ist beeindruckend und für die Sponsoren ist es eine coole Möglichkeit, ihre Marke zu präsentieren, gerade, weil die F1 Academy 2025 auch auf Netflix ausgestrahlt wird.
LAOLA1: Hast du eigentlich Vorbilder?
Felbermayr: Mein großes Vorbild meiner Kindheit war Sebastian Vettel, den habe ich immer cool gefunden. Aber natürlich auch Niki Lauda oder Michael Schumacher.