Etablierte Namen und ein "Rookie" waren an den vier offiziellen Testtagen der Formel E für die Saison elf in den Zeitenlisten ganz oben zu finden.
Die Abwicklung wurde eine ungeplante logistische Herausforderung: Der Test wurde nach der Flutkatastrophe in der Region Valencia und der Unerreichbarkeit des Tormo-Kurses (sowie aus moralischen Gründen) auf den ehemaligen F1-Kurs in Madrid-Jarama (3,9 km) verlegt. Das Management der Elektroserie kündigte an, "mindestens" 50.000 Euro für die Bevölkerung Valencias zu spenden und weitere Unterstützung zu leisten.
Der Tormo-Kurs nahe Valencia ist seit Jahren als "Hub" ein permanenter Stützpunkt der Formel E. Wegen der Premiere der Gen3-Evo-Autos war eine Absage des allgemeinen Tests vor dem ersten Rennen am 7. Dezember in São Paulo keine Alternative.
Günther am Mittwoch voran, Pulling führt Frauen-Test an
In der ersten Session am Dienstag setzte der frisch vermählte Antonio Felix da Costa (Porsche) in 1:29.220 Minuten die Messlatte. Allerdings waren die Fahrer von Jaguar und Nissan nur Zuschauer, da ihnen wegen Budget-Cap-Verfehlungen ihrer Teams je drei Stunden Testzeit gestrichen wurden. Ab Mittwoch war das Feld komplett.
Da fuhr DS-Penske-Neuling Max Günther Bestzeit. Der Deutsch-Österreicher wurde in 1:28.408 Minuten in der letzten Nachmittagsstunde gestoppt. Am Donnerstag konnte der als Stammfahrer von Kiro noch nicht bestätigte David Beckmann - der Deutsche ist bisher Porsche-Ersatzmann - in 1:27.755 Minuten die Bestmarke nochmals drücken. In der Rennsimulation über 24 Runden mit einem Pflichtstopp nach 15 Runden "gewann" Weltmeister Pascal Wehrlein vor Porsche-Kollegen da Costa und Nick Cassidy (Jaguar).
Neuling Zane Maloney (Abt-Lola) konnte nicht teilnehmen, weil ein Elektronikfehler ein Unfallereignis meldete, wodurch die Batterie automatisch abgeschaltet wurde. Am abschließenden Freitag markierte schließlich Jaguar-Star Mitch Evans in 1:27.461 Minuten die Gesamtbestzeit.
Kiro (bisher ERT) testete mit Beckmann und dem bisherigen ERT-Fahrer Dan Ticktum, doch sind beide bis dato noch nicht als Stammfahrer für die Saison bestätigt. Das dürfte aber nur noch Formsache sein. Alle Fahrer waren erstmals auf den neuen iON-Reifen von Hankook unterwegs. Getestet wurde auch eine Art Stoßdämpfer im Lenkrad, der die zuletzt häufig aufgetretenen Handverletzungen der Fahrer vermeiden helfen soll.
Der letzte Nachmittag war ausschließlich den Fahrerinnen vorbehalten. Nissans Kandidatin, die Münchnerin Sophia Flörsch, musste wegen der Verschiebung auf Freitag und einer anderen Verpflichtung absagen. Bestzeit fuhr in 1:30.889 Minuten die zweite Nissan-Pilotin, die Britin Abbi Pulling, die als Kadermitglied von Alpine die F1 Academy anführt. Die Ränge zwei und drei belegten Jamie Chadwick (Jaguar) und Bianca Bustamente (McLaren).
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Erste Strafen wegen Budgetüberschreitungen
Auch in der Elektroserie wurde ein "Cost-Cap" zur Saison 2022/23 (Saison neun) eingeführt, der 13,67 Millionen Euro betrug - rund ein Zehntel der Formel 1. Nach dem nun veröffentlichten Bericht der FIA haben Jaguar und Nissan in einer Vereinbarung die "verfahrensmäßige" und "geringfügige" Überschreitung der Budgetobergrenze von 0,6 bzw. 2,0 Prozent eingeräumt. Da das "Budget Cap" in der FE erstmals angewandt wurde und beide Teams mit der Prüfungskommission voll kooperierten sowie alle Daten zugänglich machten, gab es keine Feststellung gravierender Unregelmäßigkeiten.
Mit der Annahme des Regelverstoßes durch die beiden Teams wurde die Sache bereinigt. Jaguar überschritt die Budgetgrenze von (hier wird in Pfund gerechnet) 11,63 Millionen um 74.000 Pfund. Die Strafe der FIA beträgt 100.000 Pfund und eine Reduzierung der Fahrzeit im ersten offiziellen Test um drei Stunden. Im Fall Nissan (da wurde in Euro gerechnet) wurde das Limit von 13,67 Millionen um 269.000 Euro überschritten. Die Buße: 300.000 Euro und ebenfalls drei Stunden weniger Testzeit am vergangenen Dienstag.
Bei beiden Teams kam es offenbar zu Missverständnissen in der detaillierten Berechnung der Ausgaben. Es habe keine Anzeichen von vorsätzlichen Verstößen gegeben, räumte die FIA ein.
Mit Kiro Race Co, dem bisherigen ERT-Rennstall, geht Porsche mit einem zweiten Kundenteam neben Andretti in die Saison 11. Kiro fährt mit amerikanischer Lizenz und ist in der bisherigen ERT-Basis nahe Silverstone stationiert. Der neue Eigentümer, der einhundert Prozent übernahm, ist die Investmentfirma The Forest Road Company aus Los Angeles.