75 Jahre wird der Autobauer Porsche heuer, dazu wird es in einigen Monaten große Feiern geben. Vielleicht kommt auch noch ein weiterer WM-Titel dazu, erstmals in der immer mehr in den Fokus rückenden Elektromobilität.
Denn nach fünf Rennen der Saison neun in der Formel-E-WM hält Porsches Mannschaft nun bei drei Siegen – trotz des Ausfalls von WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein, der sich bald zu Beginn des E-Prix in Kapstadt verbremst hatte (Rennbericht >>>).
Für ihn sprang Antonio Felix da Costa ein, der bisher eine schwierige Saison ("nicht ganz so wie erhofft") erlebte. Und das höchst beeindruckend: Vom elften Startplatz kämpfte er sich bis an die Spitze vor, ließ sich durch eine verpasste Aktivierung der Attack Mode (Zusatzenergie) nicht beirren und überholte seinen Ex-Teamkollegen Jean-Éric Vergne in der vorletzten Runde mit einem Manöver, das von vielen spontan als eines der besten der jungen FE-Geschichte gesehen wurde.
"Müssen im Qualifying noch zulegen"
"Es waren faire Zweikämpfe. Ich wusste, dass die Jungs da kooperieren und keinen Unsinn machen würden", sagte der 31-jährige Portugiese nach seinen bekannt emotionalen Sprüngen auf dem obersten Podest.
Da Costas Wochenende spiegelte auch die Meinung von Teamchef Florian Modlinger: "Wir haben ein Auto mit einer starken Rennpace, im Qualifying müssen wir noch zulegen."
Kaum auszudenken, wenn die bisher so dominanten Porsche-Piloten auch noch von ganz vorn starten würden. In der Team-WM beträgt der Vorsprung auf Envision, das Kundenteam von Jaguar, schon 42 Punkte, und knapp dahinter liegt die Andretti-Mannschaft, die seit heuer mit Porsche-Antrieb unterwegs ist.
Vergne, wie da Costa Ex-Red-Bull-Junior mit Formel-1-Erfahrung und einziger Doppelchampion der Formel E, gab sich nach Platz zwei (mit schnellster Rennrunde) hoch zufrieden.
"Wenn du im ersten freien Training 1,5 Sekunden zurückliegst und dann um den Sieg kämpfst, ist es nicht schlecht gelaufen." Der einzige Frustrierte auf dem Stockerl war Nick Cassidy: Der vorjährige Red-Bull-DTM-Pilot schaffte zwar den zweiten Podestrang in Folge, meinte aber: "Mit unserem Auto wäre heute noch mehr möglich gewesen. Es lief noch nicht optimal, und wir haben noch einiges zu tun." Zufrieden hingegen war der Wahl-Bregenzer René Rast, der bei McLaren endgültig "angekommen" ist und bestätigte, dass er auch einige Male knapp an der Mauer war: "Ja, es war haarig, aber es ging sich aus. Mit Platz vier kann ich gut leben."
Dass nicht alles in der Formel E glatt läuft, zeigten latente technische Probleme. War es bei den Vorsaisontests das regenerative Bremsen (das eine allgemeine Nachrüstung ab den Rennen in Diriyah nötig machte), so zogen Mahindra und dessen Kundenteam Abt-Cupra die vier Autos wegen ungelöster Probleme mit der Hinterradaufhängung aus Sicherheitsgründen zurück.
Günther: "Die Formkurve steigt"
Da der Jaguar von Sam Bird nach dem Unfall in der Qualifikation vor Ort nicht mehr reparabel war, standen nur 17 Autos am Start. Der Frust bei Jaguar wurde noch größer, als der in der Spitze kämpfende Vizeweltmeister Mitch Evans wegen Überschreitung der Energiemenge mit einer Durchfahrtsstrafe belegt wurde und aussichtlos zurückfiel. "Unser Pech wird einmal enden, wir müssen einfach weiter hart arbeiten", versuchte Teamchef James Barclay positiv zu denken.
Wie für Jaguar ist die Saison bisher auch für Max Günther charakterbildend. Der Deutsch-Österreicher schaffte es in der Qualifikation bis ins Finale und auf den zweiten Startplatz hinter dem überraschenden Rookie Sascha Fenestraz (Nissan), kämpfte im Rennen lang in den Top Drei, ehe seine Hoffnung auf die ersten Saisonpunkte in der Mauer endete.
"Die Hinterachse blockierte, dann war es vorbei. Ich musste trachten, den Windschatten des Vordermannes nicht zu verlieren, auch um damit Energie zu sparen. Ich wollte die Lücke schließen, war am Limit, und da ist es halt passiert. Es gibt aber auch Positives mitzunehmen nach dem Qualifying. Es war dennoch unser bestes Wochenende heuer, die Formkurve steigt", erklärte der 25-Jährige.
Vor dem nächsten Rennen in der dritten neuen FE-Stadt in Folge, in Sao Paulo am 25. März, wird es trotz der längeren Pause keine Testfahrten geben – weil Ersatzteile für alle fehlen. Da müsste die Formel E noch nachrüsten.