Die heimischen Fahrer hatten sich für das fünfte DTM-Wochenende der Saison auf dem Nürburgring viel vorgenommen.
Es blieb zumeist bei guten Absichten und echten Bemühungen. Triumphe sehen anders aus, was auch für die letzten drei Rennen (Sachsenring, Red Bull Ring, Hockenheim) nur reduzierte Hoffnungen erlaubt.
Eine Analyse des Status quo durch LAOLA1-Experte Gerhard Kuntschik.
Wieder beflügelt
Es gab einen großen Sieger in der Eifel, wo das Wetter ganz normal war (30 Minuten vor dem Samstagrennen ein Regenguss nach tagelanger Hitzewelle, Sonntag verändertes Tagesprogramm, weil bis 9 Uhr dichter Nebel über dem 3,6-km-Kurs mit der Kurzanbindung lag): Kelvin van der Linde.
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Der 28-jährige Südafrikaner, der seit Kurzem auch einen deutschen Pass besitzt, flog Samstag übers Wasser. "Sicher mein bestes Rennen in der DTM, mehr ging wirklich nicht", sagte der Abt-Audi-Fahrer nachher, der am Ende 15,2 Sekunden Vorsprung auf den sicher im GT3-Auto zur Weltelite zählenden Mirko Bortolotti (SSR Lamborghini) hatte.
Kelvin wurde am trockenen Sonntag, als Bruder Sheldon für BMW den 100. DTM-Sieg einfuhr, Vierter und übernahm wieder die Meisterschaftsführung. Beflügelt scheint das Abt-Team heuer wirklich, seit Red Bull als Titelsponsor zurück ist.
Auch Kelvin dürfte wohl bald (2025) noch mehr österreichisch sein, denn er überlegt die Übersiedlung nach Bregenz – wo sich schon vor Jahren DTM-Rivale René Rast mit Familie prächtig eingelebt hat.
Schadensbegrenzung
Der bisherige Leader Bortolotti wurde im Regen Zweiter und sagte nachher: "Kelvin war unschlagbar. Mehr ging bei mir heute nicht." Sonntag war Platz neun ein Rückschlag, einmal war er durch einen Rempler von Rast zurückgeworfen worden. Ein Podestplatz wäre aber dennoch schwierig geworden.
Nach Sachsen kommt der Wiener – der beste Qualifyer der Saison - mit sieben Zählern Minus auf van der Linde.
Titelverteidigung gelaufen?
Thomas Preining (Manthey Porsche) wirkte in der Eifel frustriert und deprimiert. Alles, was im Vorjahr klappte, scheint heuer schwierig bis unmöglich. Er sagt kein kritisches Wort über den 911er, aber die Leichtigkeit von 2023 ist vorbei.
Zwei Mal Siebenter, in Rempeleien verwickelt, wenig Chance zum Aufholen, und am Sonntag einen Platz durch die Rennleitung verloren (wegen einer 0,5-Sekunden-Strafe!) - das drückte auf die Stimmung. Als Tabellensechster hat der Linzer 47 Punkte Rückstand. Welche der drei kommenden Strecken die besten Chancen eröffne? "Gar keine", sagte Preining am Sonntagnachmittag.
Titelgewinn? Ja, aber anderswo
Lucas Auer galt schon öfters als Titelkandidat, wurde 2022 Vizemeister. Doch im Winward-Mercedes-Team steht er heuer klar im Schatten des Titelanwärters Maro Engel. Zwei vierte Plätze (der zweite am Samstag auf dem Nürburgring) stehen heuer zu Buche, der letzte Sieg gelang in Hockenheim 2022, der letzte Podestrang in der Eifel vor einem Jahr.
"Wir müssen viel analysieren", sagt der Kufsteiner. Wie einige andere beklagte er, dass es bis Samstag keine Erfahrungswerte mit den neuen Pirelli-Regenreifen gegeben hätte. Doch im Trockenen lief es noch schlechter (12.). Auer hat als Gesamt-Zwölfter mit 69 Punkten um die Hälfte weniger als van der Linde auf dem Konto.
Besser läuft es in der GT World Challenge, in der er nach den Gesamtsiegen im Sprint und in der Gesamtwertung greift. Auch im GT3-Mercedes.
Nachzügler und vergebene Chancen
Nach überraschend gutem Saisonstart ist das Dörr-Team mit seinem McLaren und damit auch Clemens Schmid abgesackt und fährt hinterher. Seit dem Norisring geht nichts mehr. Auf dem Nürburgring wurde er Samstag Letzter, am Sonntag – just am 34. Geburtstag - schied er in der Startphase aus. In Zandvoort im Juli schaffte er Platz vier im ersten Lauf, seither ist der Tiroler punktelos.
Auch für den dreifachen Champion René Rast trübten sich Wetter und Stimmung gleichermaßen ein. Der Wahl-Bregenzer kam Samstag über Platz zwölf nicht hinaus (da waren die drei BMW-Piloten nicht in der Spitze), Sonntag war er "angefressen", weil er für die Kollision mit Maro Engel (Mercedes) drei langsame Strafrunden aufgebrummt bekam und abgeschlagen 17. wurde – als die BMW- und Schubert-Teamkollegen Sheldon van der Linde und Marco Wittmann den überlegenen Topspeed ihrer M4 zu Sieg und Platz drei nützten. "Ja, ein Wochenende der vergebenen Chancen, das ist so", ärgerte sich Rast.
Ein junges Talent und eine Familiensache
Im Porsche Carrera Cup Deutschland fahren heuer zwei Österreicher mit: Horst Felbermayr aus Wels (11./Ausfall) und der erst 17-jährige Vorarlberger Kiano Blum, der nach dem Aufstieg aus dem Kartsport im 510-PS-911er Cup das erste "echte" Rennjahr absolviert.
In der Eifel wurde er 13. bzw. 18. gesamt und 5. bzw. 9. der Rookiewertung. Rennfahren liegt wohl in seinen Genen: Er ist der Enkel des Vorarlberger "Bergkönigs" Walter Pedrazza. Vielleicht folgt er bei Porsche den Lietz‘, Bachlers, Preinings, Raggingers….
Der ADAC versucht auch die Förderung des Prototypensports, daher gibt es einen Prototypencup Deutschland. Auf dem Nürburgring ließ sich Ralf Schumacher, 49, zu einem Gaststart überreden – das erste Comeback seit dem DTM-Abschied 2012, also vor zwölf Jahren.
"Es bleibt bei diesem einen Mal", beeilte er sich festzuhalten. Der Grund: Er teilte sich den LMP3-Boliden von US Racing mit Sohn David, 22. Ergebnis? Nun, Schumi & Schumi siegten in den Einstundenrennen einmal mit 17 und einmal mit 18,2 Sek. Vorsprung auf die elf Konkurrenzteams.