Der späte Neustart des Deutschen Tourenwagen Masters mit GT3- statt Class-1-Boliden brachte die erhoffte Erkenntnis: Das Feld der 19 Teilnehmer mit fünf Marken (der 20., Christian Klien, mit der sechsten, McLaren, steigt in Zolder Anfang August ein) ist ausgeglichen und sorgt für spannende Rennen. Je drei verschiedene Fahrer auf dem Podest der beiden Läufe in Monza unterstrichen dies.
Auch wenn es in Monza nach Tag eins einige mürrische Gesichter bei jenen gab, die unter den Erwartungen geblieben waren und dafür die Handicapregel („Balance of Performance“) verantwortlich machten, so war Serienchef Gerhard Berger bester Laune. Daran änderte auch manche Kritik an der BoP (Anm. Balance of Performance) und deren Vollzugsorgan AVL nichts.
Berger nahm die Grazer Spezialisten, die den Auftrag des ständigen Tüftelns an der BoP haben, sogar explizit in Schutz: "Die Jungs machen einen hervorragenden Job, sind exakt in allen Details und haben mein Vertrauen. Ich bin von ihrer Arbeit überzeugt", erklärte Berger gegenüber LAOLA1.
Berger: "Diskussion beunruhigt mich nicht"
Außerdem, fügte der Tiroler an, werde ständig evaluiert. Interessant war dazu gleich Tag zwei, an dem in Qualifying und Rennen Audi viel stärker in Erscheinung trat und mit Kelvin van der Linde den Pole-Sitter und Rennsieger stellte – an dessen 25. Geburtstag.
Dazu kamen ein Audi-Doppelsieg dank DTM-Routinier Nico Müller und der dritte Rang für den besten Mercedes von Lucas Auer (Winward). Auch BMW war stärker als am Vortag, bester Bayrischer war der Südafrikaner Sheldon van der Linde als Vierter – also "Brother Act" im Autodromo Nazionale.
Dass Ferraris Super-Privatteam AF Corse mit Red-Bull-Support vor allem dank Sensationsrookie Liam Lawson einen sehr ordentlichen Job machte, zeigte der Neuseeländer auch mit zweitbester Qualizeit trotz 25 Kilogramm Zusatzgewicht für den Sensationssieg vom Samstag – nach Feindberührung mit Esteban Muth (Lamborghini) und Dreher blieben aber weitere Punkte versagt.
"Ein Ausgleich durch eine Handicapregel wie die BoP wird überall diskutiert und in Frage gestellt. So gesehen beunruhigt mich die Diskussion nicht", ergänzte Berger, der auch zur kritisierten "Geheimhaltung" des BoP meinte: "Wir veröffentlichen das alles nicht, weil wir keine fokussierte Diskussion darüber sondern den Sport im Mittelpunkt sehen wollen. Vielleicht kommt aber bald ein gesamthafter Überblick nach jedem Rennwochenende."
Liam Lawson? "Scheint das Zeug für die Formel 1 zu haben"
Volle Anerkennung zollte Berger Liam Lawson: "Wie er Samstag von Platz sieben zum Sieg fuhr und teilweise auf der Wiese überholte, hat mich beeindruckt. Der scheint wirklich das Zeug für die Formel 1 zu haben. Und ein Ferrari-Sieg in Monza, das ist auch für die DTM wertvoll.“ Berger weiß: „In den sozialen Medien in Italien hat die DTM noch nie eine derartige Resonanz gehabt wie jetzt."
Lawsons (und auch Albons) Auftritt im GT-Auto wird auch Red Bulls Motorsport-"Berater" Helmut Marko nach dem Siegesrummel in Le Castellet interessiert haben. Albon (Vierter bzw. Siebenter und damit konstant, aber eher unauffällig) stand im Schatten des 19-jährigen Aufsteigers, der selbst "nicht genau weiß, wie es um meine Punkte für die Superlizenz aussieht". Doch die ständigen Fehler von Yuki Tsunoda und gleichzeitig Lawsons Vorstellungen in F2 und nun DTM eröffnen neue Spekulationen für 2022, was Red Bulls F1-Aufstellung betrifft.
Für Lucas Auer ist der Saisonstart gelungen: Er bestätigte die starke Form aus den Testfahrten und hätte auch Samstag ein Podium ziemlich sicher geschafft, wäre seinem Team nicht ein "Bottas-Stopp" widerfahren. Der Kufsteiner nahm es gelassen und gab Sonntag die richtige Antwort wie auch das Winward-Team: Stopp diesmal perfekt und exakt getimt.
Berger hofft auf baldige Zulassung von Zuschauern
Bleibt noch das latente Thema Rennkalender. Berger will sich, was das verschobene Norisring-Rennen betrifft, noch nicht festlegen, meint aber: "Ein Doppel in der Lausitz im Juli käme zu kurzfristig. In Nürnberg brauchen alle Planungssicherheit, und die gibt es derzeit leider noch immer nicht."
Berger will den Norisring (als Stadtrennen schwierig zu organisieren) nicht abschreiben, hält aber ein Doppel auf einer bereits fixierten Strecke im Herbst als Alternative, wenn es in Nürnberg nicht klappt, für am wahrscheinlichsten.
Und die Fans? "Das war das einzige Manko bisher. Vor allem nach einem Ferrari-Sieg in Monza vor leeren Tribünen. Leider ist die Lage in den einzelnen Ländern oft unterschiedlich, und niemand weiß, was die Delta-Variante noch alles anrichten wird. Aber ich hoffe sehr auf baldige Möglichkeiten, Zuschauer zuzulassen."