Von den sechs Titelanwärtern am Wochenende im DTM-Finale in Hockenheim (rein mathematisch wären es sogar zehn) hat wohl der dreifache Meister René Rast die meiste Erfahrung mit dieser Situation. Und der Wahl-Bregenzer sagt ganz offen: „Das ist das spannendste Finale seit vielen Jahren. Und es ist absolut unvorhersagbar.“ Also genau das, was sich Serienchef Gerhard Berger und wohl alle Fans wünschen.
Dass der im letzten Rennen in Spielberg auf Platz zwei gefahrene Mercedes-Pilot Luca Stolz, auch ein einmaliger Saisonsieger, mit 28 Zählern Rückstand von Platz sechs noch zuschlagen kann, glauben die fünf besser platzierten Konkurrenten nicht: „Dass wir fünf alle kaum Punkte machen ist eher unwahrscheinlich. Also wird es für Luca schwierig werden.“
"Konstanz" im Finale entscheidend
Die Taktik wird jedenfalls für Leader Sheldon van der Linde (speziell nach der Doppelnull in Spielberg/Schubert-BMW, 130 Punkte) und die Verfolger Lucas Auer (Winward-Mercedes, 119) René Rast (Abt-Audi, 118), Thomas Preining (Küs-Bernhard-Porsche, 116) und Mirko Bortolotti (Grasser-Lamborghini, 114) die gleiche sein: „Voller Angriff für maximale Resultate“, wie der Wiener Bortolotti formulierte.
Ganz locker sieht es der mit einer fantastischen Performance ab dem dritten Meeting ins Spitzenfeld gefahrene Linzer Thomas Preining, zweifacher Saisonsieger: „Keiner traute uns zu, in der ersten Saison um den Titel zu kämpfen. Wir haben alle Erwartungen übertroffen. Jetzt können wir nur noch gewinnen, haben aber nichts zu verlieren.“
Rast glaubt, dass sich der durchsetzen wird, der „die wenigsten Fehler macht und gleichzeitig die besten Pitstops haben wird“. Van der Linde sieht bei allen Konkurrenten „keinerlei Schwächen“. Und Lucas Auer weiß: „Die Konstanz, zwei Mal Spitzenplätze zu schaffen, wird auch im Finale ganz wichtig.“
Bortolotti könnte Geschichte schreiben
Zur Erinnerung: Es gibt maximal 25 Punkte für den Sieg, drei für die Pole und einen für die schnellste Rennrunde, und das mal zwei: bedeutet 58 Zähler, die es zu holen gibt. Bortolotti sieht das Finale „wie ein Pokerspiel. Alles ist möglich.“ Bemerkenswert: Die ersten Fünf des Klassements sind auf fünf verschiedenen Fabrikaten unterwegs.
Sollte Bortolotti mit dem Grasser-Huracan die Meisterschaft gewinnen, wäre es der erste DTM-Titel für einen Fahrer eines italienischen Herstellers seit 1993 (Nicola Larini/Alfa Romeo)!
Keine Verschnaufpausen für einige DTM-Piloten
Interessant ist, dass einige Teams unmittelbar nach Spielberg noch in Hockenheim testeten. Für viele DTM-Piloten, die ja auch in anderen GT3-Serien engagiert sind, gab es keinen freien Tag. Denn am vergangenen Wochenende lief auf dem Catalunya-Kurs bei Barcelona das Finale der GT World Challenge Europe, die im Gegensatz zur DTM in Sprint- und Langstreckenrennen gegliedert ist und mehrere Fahrer pro Auto vorsieht.
Dabei belegten DTM-Piloten nach drei Stunden die Plätze drei (Bortolotti), vier (Ricardo Feller), sechs (Nico Müller), acht (Stolz), neun (Philipp Eng) und 17 (Marius Zug) unter 48 Teams. Der Überraschungssieger aber war ein Österreicher: Klaus Bachler holte im italienischen Dinamic-Porsche mit Alessio Piccariello und Matteo Cairoli den ersten Platz.
Der von einigen Privatteams gut gebuchte steirische Porsche-Pilot Bachler wird nach einem kurzfristigen Engagement am Wochenende auch in den Acht Stunden von Indianapolis, dem dritten Lauf der Intercontinental GT Challenge, antreten.
Und der Salzburger Eng, der in Hockenheim Teamkollegen van der Linde unterstützen wird, half in Barcelona auch noch bei Tests des belgischen WRT-Teams aus, das nach zwölf Jahren mit Audi ab der kommenden Saison mit BMW liiert ist. Eng war maßgeblich in die Entwicklung des neuen M4 GT3 eingebunden.