Timo Bernhard ist Langstrecken-Weltmeister, Le-Mans-Sieger, Porsche-Urgestein (mit 41 schon) und Neo-Teamchef in der DTM. Vielleicht hat manche überrascht, dass er für seinen DTM-Einstieg just einen 24-Jährigen, wenn auch aus dem großen Porsche-Werkskader, auswählte.
Doch Thomas Preining legte nach einem schwierigen Debüt gleich voll los: Erster DTM-Sieg für ihn, das Team Küs-Bernhard und die Marke Porsche überhaupt auf dem Norisring im Chaosrennen mit drei Neustarts. Da war nicht nur Porsches Sportchef Thomas Laudenbach beeindruckt.
Dann Spa-Francorchamps: Zwei Mal von hinten aufs Podium (jeweils Dritter), dabei nach einer Berührung mit Lucas Auers Mercedes in Raidillon ein Korrekturmanöver, das die Action des Jahres werden könnte.
Und nun (Heim-)Spielberg. Der Linzer fuhr vielleicht das Wochenende seines Lebens. Nicht nur, weil er ProSieben-Kommentator Eddie Mielke ob seiner Überholmanöver zum Ausflippen brachte oder Ex-Champion Mike Rockenfeller ihn plötzlich als ersten Titelfavorit für die am 8. und 9. Oktober in Hockenheim endende DTM-Saison führt.
Preinings Liebe zum Red Bull Ring
In der Tat ist Preining der Mann der Stunde(n). Samstag auf Rang fünf in Spielberg, Sonntag ein dominanter Sieg bei schwierigen Bedingungen. Von Platz sieben brauchte der Linzer nur 16 Runden, um in Führung zu gehen und später bis zu sieben Sekunden Vorsprung herauszufahren.
"Ein DTM-Sieg ist etwas Spezielles. Und ein solcher in der Heimat ein ganz besonderer", resümierte Preining, der dem außergewöhnlichen Ereignis schon optisch Rechnung trug und mit einem Helm im Design seines langjährigen Mentors Walter Lechner sen. († 2020) antrat. Und wie beim ersten Sieg in Nürnberg war die nach Spielberg gereiste Familie ein Glücksbringer.
"Ich bin mega zufrieden. Ich hatte vor dem Start ein gutes Gefühl und Zuversicht. Dass es aber so rasch voranging, hatte ich nicht erwartet. Dabei hielt ich mich am Anfang, als die Sicht gleich null war, noch zurück, riskierte vor allem gegen David Schumacher nichts."
Die Strategie mit einem relativ späten Reifenwechsel wieder auf Regenreifen bezeichnete Preining als "fantastisch, weil ich den Vorsprung verwalten konnte." Und ob er den Red Bull Ring mag, beantworte er eindeutig: "Am liebsten würde ich hier morgen wieder fahren."
Gerhard Berger schwärmt vom Überflieger
Stress will sich der ehemalige Carrera-Cup-Champion (2018), der seit 2019 zum Porsche-Fahrerkader gehört, im Finale keinen machen und nicht zu rechnen beginnen. "Wir werden wieder eine gute Show bieten, das ist unser Ziel."
Er gibt zu: "Die Qualifikation gehört nicht zu unseren größten Stärken. Aber die Rennpace stimmt. Wir sind gut auf der Bremse, haben eine hervorragende Traktion." Das sollten auch im badischen Motodrom Pluspunkte sein. Dass er im Nassen seinen Porsche beherrscht, hat er in Spielberg bewiesen. Das könnte auch im herbstlichen Hockenheim nötig sein.
Selbst Gerhard Berger, der seine Fahrer weniger als Serienchef, sondern mehr als Racer beobachtet, begann von Preining zu schwärmen.
Zum Samstag-Rennen mit der am Ende zurückgenommenen Zeitstrafe nach dem Duell mit Nico Müller (Rosberg-Audi) hielt der 63-Jährige fest:
"Für mich waren die Aktionen von Preining super. Das war Motorsport vom Feinsten. Thomas fuhr aggressiv, überlegt, hat den Gegner nicht in die Wüste geschickt. Irgendwann muss man vorbeikommen, wenn man schneller ist. Die Rücknahme der Zeitstrafe gegen Preining war, glaube ich, schlussendlich korrekt. Thomas hat einen sehr guten Job gemacht."
Und am Sonntag auf lange Zeit sehr nasser Piste einen wohl noch besseren…
Auer "wäre drei Mal fast abgeflogen"
Wie auch Lucas Auer, der beim Pflichtstopp in Runde 22 früh auf Slicks umrüsten ließ. "In der ersten Runde danach wäre ich drei Mal fast abgeflogen." Doch Auer hielt den Mercedes auf der Piste, holte sukzessive auf und stürmte bis auf Platz sechs (mit Zusatzpunkt für die schnellste Runde) nach vorn.
Vor ihm kam der im Regen stark auftrumpfende beste BMW-Pilot ins Ziel. Doch Rang fünf nach vielen Runden in den Top Drei war für Philipp Eng nur eine kleine Entschädigung für viel Pech in letzter Zeit.
"Nach den Problemen am Samstag schafften wir den Turnaround. Als es auftrocknete, hatte ich nicht mehr die Pace für einen Podestplatz. Das ist gerade im Heimrennen eine Enttäuschung, aber insgesamt machte das Schubert-Team einen guten Job", sagte Eng.
Sechs Titelanwärter, vier aus Österreich
Die Konstellation vor den letzten zwei Läufen in Hockenheim ist dank der Doppelnull am Desasterwochenende für Leader Sheldon van der Linde (Schubert-BMW) so, wie es sich Berger und die Fans wünschen.
Bei noch 58 möglichen Punkten pro Fahrer (25 für den Sieg, drei für die Pole, einer für die schnellste Runde pro Rennen) liegen zwischen dem Südafrikaner (130) und dem Sonntag-Zweiten von Spielberg, Luca Stolz (HRT-Mercedes, 102), nur 28 Zähler.
Dazwischen: der Kufsteiner Lucas Auer (Winward-Mercedes, 119), der Wahl-Bregenzer René Rast (Abt-Audi, 118), Preining (116) und der Wiener Mirko Bortolotti (Grasser-Lamborghini, 114). Die Tabelle kann sich also in Hockenheim an beiden Tagen ordentlich drehen.
"Am wichtigsten ist für mich, den Fans eine tolle Show zu bieten. Mit Rechnen beschäftige ich mich nicht", sagte Preining dazu. Und Auer, der erste Verfolger van der Lindes, bestätigt: "Am liebsten soll der Titel im letzten Rennen in der letzten Runde entschieden werden.“ Aber wohl ohne folgende monatelange Aufregung wie nach Abu Dhabi 2021…
Phillip Eng wird "Amerikaner"
Abseits der DTM gab BMW weitere Details zum Premierenjahr mit dem neuen M-Hybriden für die Langstrecke (ab 2023 in der amerikanischen IMSA, ab 2024 auch im WEC) bekannt.
Erfreulich: Zu den vier Werksfahrern, die die komplette IMSA-Saison mit dem vom Team Rahal-Letterman-Lanigan eingesetzten Prototypen bestreiten werden, gehört auch Phillip Eng - der sich 2019 bei BMW und RLL in den USA als Daytona-Sieger in der GT-Klasse schon einen Bonus geholt hatte.
"Das ist für mich eine Riesenfreude. Ich liebe die US-Szene, für mich eine optimale Entscheidung", meinte der Salzburger, der einen alten Kumpel als Partner bekommt: Den Ex-Schnitzer-Hauspiloten Augusto "Gustl" Farfus (BRA).
Und in Daytona kommt zu Eng/Farfus und de Phillippi/Yelloly noch eine zuletzt durch alle Medien gegangene Verstärkung: Das US-Talent Colton Herta (22), siebenfacher Sieger bei den Indycars und dort jüngster Gewinner der Geschichte. Herta war schon 2019 im Team von Eng, Farfus und de Phillippi im Sieger-BMW M8 GTE dabei.