Als Lucas Auer, Philipp Eng und Ferdinand Habsburg die DTM unter Serienchef Gerhard Berger im Vorjahr rockten, meinten deutsche Journalisten schon pikiert, "Die DTM ist ja schon eine ÖTM.“
Nun, ganz so "arg" ist es nicht, aber 2022 dürfte das Deutsche Tourenwagen Masters Zuwachs aus Österreich bekommen. Denn Grasser Racing denkt ernsthaft über einen DTM-Einstieg nach.
Grasser-Fahrer Bortoletti zeigt auf
Schließlich hinterließ Mirko Bortolotti als Gastfahrer am jüngsten Assen-Wochenende der DTM einen hervorragenden Eindruck im T3-Lamborghini- Zweiter im ersten Lauf ohne Zusatzgewicht, Siebenter im zweiten mit 18 Kilogramm mehr.
Stammpilot ist der langjährige Werkfahrer der Italiener (mit Unterbrechung eines Audi-Jahres) aber bei Grasser Racing, für das der Wiener mit italienischer Familie und italienischem Pass u. a. zwei Mal in Folge die 24 Stunden von Daytona (2018/19) und einmal die Zwölf Stunden von Sebring (2019), jeweils in der GTD-Klasse, gewann.
"Wir haben großes Interesse an einem Antreten in der DTM 2022“, bestätigte Teamchef Gottfried Grasser.
Bortolotti: "Meine Einsätze legt Lamborghini fest"
Bortolotti sagt: "Mich interessiert jede Serie. Die DTM habe ich schon seit meiner Kindheit verfolgt. Aber meine Einsätze legt Lamborghini fest.“ Der Wiener ist auch 2022 in Sant‘ Agata unter Vertrag.
Seit 2015 ist GRT aus Knittelfeld, beheimatet keine fünf Kilometer vom Red Bull Ring, mit Lamborghini verbunden, holte die ersten 24-Stunden-Siege für die Marke mit dem Stier. „Wir werden langfristig von Lamborghini unterstützt“, ergänzt der Steirer, der heuer ein Programm in Europa (GT Masters mit vier Huracan) und in der IMSA in den USA bestreitet – mit maximal 40 Mitarbeitern (z. B. in Daytona), davon 18 Fixangestellten. Im GT Masters liegen Bortolotti und Kollege Albert Costa derzeit auf Rang drei, GRT hat aber auch hier schon viele Topresultate erzielt.
"Offen ist, ob sich DTM und GT Masters parallel machen lassen. Wenn es nur zwei Überschneidungen gibt, wäre beides zu schaffen. Es ist positiv, dass der DTM-Kalender schon bekannt ist, beim ADAC dauert es erfahrungsgemäß etwas länger“, sagt Grasser.
Dass Bortolotti (31) einer der besten GT3-Piloten ist, hat der Formel-2-Meister von 2011 längst bewiesen. Lamborghini nahm ihn 2015 in den Werkfahrerkader auf. Mit Grasser wurde er 2017 Blancpain-Endurance-Gesamtsieger, 2018 GT-Masters Vizechampion. Als eben gekrönter italienischer F3-Meister hatte er Ende 2008 seinen ersten F1-Test bei Ferrari, den er mit Rundenrekord in Fiorano beendete. Weitere Tests bei Toro Rosso und Williams führten aber nicht zum Durchbruch in die Formel 1.
In dieser Saison kämpft Bortolotti in den letzten Einsätzen noch um den Titelgewinn sowohl im GT Masters als auch in der GT World Challenge Europe (Endurance), damit ist kein weiterer DTM-Einsatz möglich.
Kommt auch Christian Klien zu mehr DTM-Erlebnissen?
Die drei Experimentalwochenenden in der DTM sind für Christian Klien und sein Team JP Motorsport mit Assen beendet. "Das war ein sehr gutes Wochenende“, befand der Ex-F1-Pilot über das letzte, in dem er mit einem fünften Rang am Samstag glänzen konnte. Kliens Bilanz weist auf eine gute Entwicklung hin: "In Zolder waren wir noch nicht konkurrenzfähig, auf dem Nürburgring passte es auch mit dem BoP (Balance of Performance, Anm.) besser und unsere Form war okay, in Assen war die Pace schon richtig gut."
Am Assen-Sonntag bahnte sich ein Antriebs- oder Elektronikdefekt an, da stellte der Hohenemser den McLaren in der letzten Runde „sicherheitshalber ab, da wir ohnedies nicht im Vorderfeld waren“. Punkte gab es ja für den Gastfahrer keine zu holen.
Weiters meinte Klien: "Wenn man bedenkt, dass wir ein junges, unerfahrenes Team sind, der McLaren neu für uns genauso wie die DTM und ihre Abläufe ist, war die Vorstellung sehr positiv. Verbesserungspotenzial gibt es immer, vor allem bei unseren Boxenstopps.“
Und was planen Klien und sein Chef Patryk Krupinski, der JP erst 2020 gründete, für die Zukunft? Der Pilot ist sich sicher, dass er auch 2022 für dieses Team antreten wird: "Meine Zukunft ist bei JP, ganz klar.“ Doch das Programm wird in den nächsten Wochen diskutiert und finalisiert. Klien: „Zweigleisig in der GT Open und in der DTM ist für uns als kleines Team schon personell nicht machbar. Es kann nur entweder-oder geben.“
Für die DTM spreche laut Klien "dass sie die beste GT3-Serie ist, mit großer Medienwirksamkeit und einer starken Organisation.“ Für andere Serien, in denen ein Profi und ein Amateur (sprich Bezahlfahrer) zusammenarbeiten, dass das Budget entlastet wird. Bei JP gibt es Anfang Oktober einen Test in Le Castellet, in dem Fahrer evaluiert werden. "In der DTM aber kannst du nur mit Topfahrern antreten, alles andere wäre sinnlos“, weiß Klien.
Durchatmen bei Lucas Auer
Bei der Rückkehr in die DTM stand Lucas Auer, eben 27 geworden, bisher etwas im Schatten seines Schweizer Teamkollegen Phillip Ellis, doch mit dem Start-Ziel-Sieg in Assen (sein sechster Erfolg in der DTM, der erste heuer) bewies der Kufsteiner alte Stärken.
Und er ist neben Marco Wittmann der einzige Fahrer, der in der DTM sowohl im Class 1-Prototypen als auch im GT3-Auto siegte – mit Mercedes und BMW, der Franke ausschließlich im BMW. Und er lobt sein Winward-Team: "Wir sind eines von zwei Teams, in denen heuer beide Fahrer gewinnen konnten. Die DTM ist auch Teamsport!“
Das andere, das ist AF Corse mit den Red-Bull-Piloten Liam Lawson (will in die Formel 1) und Alex Albon (kehrt 2022 in die F1 zurück) in den Ferrari 488 GT3 Evo 2020.