Nürburgring, Spa-Francorchamps, Spielberg und Hockenheim – so sieht der Fahrplan in der zweiten Saisonhälfte der DTM ab 27. August aus. In der die Wahl- wie die "echten" Österreicher viel vorhaben. Und auch mit Selbstvertrauen die letzten acht Rennen bestreiten werden.
Immerhin haben Lucas Auer (Winward-Mercedes/Runde eins in Portimao) und Thomas Preining (Küs-Bernhard-Porsche/Lauf acht in Nürnberg) schon Siege eingefahren, während der Meisterschaftsleader Mirko Bortolotti (Grasser-Lamborghini) mit Konstanz, aber ohne Laufsieg die Spitze hält – und sieben seiner 83 Punkte als bester Qualifier holte.
Philipp Eng (Schuberth-BMW) wartet heuer noch auf einen Podestplatz, während sich Rookie Clemens Schmid (Grasser-Lamborghini) zuletzt immer besser in Szene setzen konnte.
Rast überraschte mit Audi-Abschied
Und dann ist da noch der in der Zwischenwertung Drittplatzierte René Rast (Abt-Audi). Für den Wahl-Bregenzer geht es nicht nur um den vierten DTM-Titel nach 2017, 2019 und 2020, sondern auch um einen emotionalen Abschiedserfolg.
Der 35-Jährige wird nämlich das Pendler-Dasein zwischen DTM und Formel-E-WM fortsetzen und die kommende Saison neun der Elektroserie bestreiten, in der er schon in den Saisonen zwei (Aguri), sechs und sieben (Abt-Audi) aktiv war. Rast wird im Formel-E-Paddock bei McLaren-Nissan gesehen, wird aber auch wieder ein Doppelprogramm absolvieren.
Denn nach der von Audi und ihm bestätigten Trennung zum Ende der aktuellen DTM-Saison wurde Rast nun als neuer BMW-Werkfahrer präsentiert, allerdings noch ohne Einsatzprogramm – das wohl die Langstrecke mit dem neuen M8 Hybrid werden wird.
Ursprünglich galt Rast als Kandidat für Audis Langstreckenrückkehr, ehe die Ingolstädter das Projekt einschlafen ließen.
Auers Erfahrung als Vorteil
Die meiste DTM-Erfahrung neben Rast hat Lucas Auer, als Fünfter derzeit 29 Punkte hinter dem Wiener Bortolotti.
Ob diese Saison durch die Klasse des Feldes die schwierigste bisher für ihn sei, beantwortet der 27-jährige Kufsteiner so: "Das ist sicher eine der schwierigsten. In der 'alten' DTM waren schon einige sehr starke Routiniers dabei, vor allem in den Jahren 2015 bis 2018, als noch drei Hersteller dabei waren. Aber ein Vorteil ist für mich, dass ich heute selbst mehr Erfahrung habe."
Über den Wechsel von Class-1-Prototypen zu den GT3-Autos meint er: "Die Umstellung war für mich weniger schwierig als für das Team. Es geht um sehr kleine Details beim Set-up zum Beispiel. Aber die können zwei Zehntel bringen. Am wichtigsten ist die Einstellung auf verschiedene Phasen und Situationen. Wenn du das schnell hinbekommst, bist du auch vorn dabei. Auch weil ein GT3 anders zu fahren ist als ein Class 1, geht es doch darum genau zu wissen, wie dein Auto auf deinen Fahrstil reagiert."
"Spielberg wird am schwierigsten"
Zu seinen Teamkollegen hat Auer ein "lockeres Verhältnis“: "Max (Vorjahresmeister Götz, Anm.) kenne ich schon ewig lang, David (Schumacher) ist zwar Rookie, aber auch ein cooler Typ. Er hat sich gut eingelebt, war auf dem Lausitzring schon stark. Es geht bei ihm nach oben", urteilt Auer über den Wahl-Salzburger.
Gemischte Erwartungen hat der Tiroler bezüglich der kommenden Strecken: "Spielberg wird für uns wohl am schwierigsten werden, das war bisher keine Mercedes-Strecke. Ich gewann zwar einmal in der Formel 3, aber nie in der DTM. Auf dem Nürburgring konnte ich in der alten DTM schon gewinnen, den Kurs mag ich sehr."
Und Spa ist ohnedies ein Fahrerkurs, Hockenheim mehr oder weniger das zweite Wohnzimmer aller DTM-Fahrer.
USA als Option für Auer?
Zur Zukunft sagt Lucas: "Mein Vertrag mit Mercedes-AMG läuft heuer aus. Theoretisch bin ich also Free Agent, aber ich fühle mich sehr wohl hier. Trotzdem bin ich für alles offen. Mein Herz gehört der DTM, da bin ich eigentlich zuhause. Aber ich halte die Augen offen."
Auer weiter: "Es gibt viele interessante Serien. Die Langstrecke mit den neuen LMDh-Prototypen wird immer besser. Winward ist ja ein deutsch-amerikanisches Team, für das ich heuer schon in Daytona fuhr. Rennen in Amerika sind auch eine gute Option, ich mag die Szene dort sehr. Ich bin offen für alles. Ich habe keinen Manager, kann also selbst entscheiden. Nur die Formel 1, die ist wohl außer Reichweite."
Als Titelfavoriten sieht Auer die ersten Drei der Tabelle: Mirko Bortolotti, Sheldon van der Linde, René Rast: "Aber es ist doch noch früh, trotz Beginn der zweiten Hälfte. Die Abstände sind gering."
Seine Rookie-Landsleute haben ihn bisher beeindruckt: "Clemens Schmid und Thomas Preining haben sich toll entwickelt. Vor allem der Tommy wird auf dem Nürburgring stark sein."
Und wie ist nun das Verhältnis zu Serienchef und Onkel Gerhard Berger? Da beginnt Auer wieder verschmitzt zu lächeln: "Ein Zeugnis vom Onkel? Ja, früher gab es eine Art Zeugnisverteilung, mittlerweile ist es aber ein Gespräch auf Augenhöhe. Aus der Schulzeit bin ich wohl heraußen."
Eng würde der M8 Hybrid reizen
Während Lucas Auer noch keinen Vertrag für 2023 und später in der Tasche hat, bleibt Philipp Eng BMW-Werkfahrer. "Aber es ist noch offen, wo ich eingesetzt werde. Ich habe jedenfalls deponiert, dass mich die Langstrecke mit dem neuen BMW M8 Hybrid sehr interessieren würde."
Der neue Prototyp wird 2023 in der amerikanischen IMSA-Serie debütieren und ab 2024 auch in der WM (WEC) vom neuen Partner WRT eingesetzt, dem Team von Ferdinand Habsburg, für das aktuell auch der erwähnte BMW-Neuzugang Rast um den WM-Titel fährt.
Der 32-jährige Eng war für BMW in der GTE-Pro-Klasse in den USA schon höchst erfolgreich: Klassensieg 2019 in den 24 Stunden von Daytona, Zweiter bzw. Dritter 2021 in den Zwölf Stunden von Sebring und den Sechs Stunden von Watkins Glen, heuer Vierter in Sebring.
Verstärkung für Preining?
Hoch zufrieden ist der zweimalige Langstrecken-Champion und Le-Mans-Gewinner Timo Bernhard mit seinem Linzer Piloten Preining. "Der Tommy ist richtig gut in der DTM angekommen. Der Sieg auf dem Norisring kam früher, als wir erhofft hatten."
Sein Team Küs-Bernhard plant für 2023 die Erweiterung auf zwei Porsche 911. Timo sagt dazu: "Die Entscheidung muss bald fallen, noch im Herbst und vor Weihnachten. Wenn du erst im neuen Jahr mit einem solchen Projekt beginnst, bekommst du Stress."
Preining wird wohl auch 2023 in der DTM dabei sein – außer Porsche setzt ihn doch anderswo ein.