AlphaTauri erlebte heuer eine schwierige und wohl auch enttäuschende Saison, in der WM-Rang neun weit unter den Erwartungen war. Teamchef Franz Tost zieht eine kritische Bilanz und erwartet für 2023 eine deutliche Steigerung.
Zur Ursache für das mäßige Abschneiden im Jahr 2022 sagt er: "Das Auto war nicht gut genug. Wir hatten Probleme mit der Weiterentwicklung, das hing auch mit dem Budget Cap zusammen, weil wir dachten, wir wären drüber, ehe von der FIA Entwarnung kam. Aber die Entwicklung war schon gebremst, damit blieben die Leistungen unter den Erwartungen."
Das Urteil über seine Chauffeure fällt so aus: "Yuki Tsunoda hat sich halbwegs gut entwickelt, konnte sich steigern und war in den letzten Qualifikationen schneller als Pierre Gasly. Wie sehr er sich noch steigern kann, wird allein von ihm abhängen. Ich erwarte mir schon von ihm ein starkes 2023. Anfang September zeichnete sich ab, dass Gasly wechseln wird. Er ist mittlerweile sehr erfahren, bekommt mit Esteban Ocon aber einen starken Partner, der das Alpine-Team und das Auto schon sehr gut kennt. Man wird sehen, wie schnell er sich dort integriert."
"Wir werden Nyck gut vorbereiten"
Angetan zeigt sich der 66-jährige Tiroler ("Na ja, Pension ist noch nicht angedacht, ein paar Jahre bleibe ich noch") vom Neuzugang aus den Niederlanden: "Vorausgesetzt, dass unser Auto funktioniert, erwarte ich mir sehr viel von Nyck de Vries. Er legte einen sehr guten Test in Abu Dhabi hin, sein Feedback war sehr ansprechend. Wir werden ihn gut vorbereiten. Wir haben noch zwei Reifentests und einen privaten, ehe die offiziellen F1-Testfahrten kommen. Das heißt, er wird bis Saisonstart an die 3000 bis 4000 Kilometer zurückgelegt haben. Er sollte damit gut gerüstet in die Saison gehen."
Einen unmittelbaren F1-Kandidaten aus dem Juniorenlager sieht Tost derzeit nicht. "Die Red-Bull-Junioren in der Formel 2 zeigten gute Leistungen, sind aber alle noch zu unerfahren. Ich erwarte mir von Ayumu Iwasa (Gesamt-Fünfter, Anm.) eine starke nächste Saison, genauso von Isack Hadjar, der aus der Formel 3 kommt. Ich bin neugierig, wie er in der F2 zurechtkommen wird. Liam Lawson (F2-Gesamtdritter, Anm.) wird in Japan Super Formula fahren. Es wird auf jeden Fall interessant, aber sie werden noch ein, zwei Jahre brauchen, um F1-Niveau zu erreichen."
Tost glaubt 2023 am WM-Dreikampf - aber ohne Hamilton
Tost erwartet im Kampf um den WM-Titel 2023 ein engeres Rennen: "Eine derartige Überlegenheit wie von Max Verstappen und Red Bull Racing heuer gezeigt ist eher selten. Ich erwarte mir einen Dreikampf zwischen Max, Charles Leclerc und George Russell, der schon stärker ist als Lewis Hamilton. Die FIA-Strafe wird bei Red Bull negative Auswirkungen haben, keine Frage, auch wenn im Team einige der besten Techniker arbeiten. Ich traue Red Bull Racing aber zu, wieder um den WM-Titel kämpfen zu können."
Die Einhaltung des Budget Caps sollte heuer für kein Team ein Problem gewesen sein, glaubt der AlphaTauri-Teamchef, "da erwarte ich keine Überziehungen."
Über seinen Ex-Schützling Sebastian Vettel meint er: "Ich könnte mir seine die Rückkehr in die Formel 1 in irgendeiner Funktion schon vorstellen. Er war so lang mit der Formel 1 verbunden. Vielleicht wird es ihm früher oder später langweilig im Privatleben…" Und – rein hypothetisch – hätte er als Teamchef von Haas Mick Schumacher nicht ausgebootet: "Junge Fahrer brauchen drei Saisonen, bis sie sich etablieren. Ich hätte ihn wohl behalten."
Und schließlich zur Zukunft ohne Förderer Dietrich Mateschitz: "Wir werden sehen, wie es mit uns und Red Bull in der Formel 1 weitergeht. Für 2023 wird sich nichts ändern. Was darüber hinaus passiert, ist noch offen. Mein persönliches Verhältnis zu Dietrich war super. Er half uns sehr, sehr viel. Ich bin mir sicher, nie wieder einen solchen Menschen kennenzulernen. So einen Menschen gibt es nur einmal mit diesem Einsatz, der Bereitschaft zur Unterstützung der Formel 1 und unseres Teams. Für mich ist Dietrichs Ableben ein riesiger Verlust."