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Autódromo Rodríguez: Zwei Heroen und der frühe Tod

Die Rodriguez-Brüder gelten als Mexikos erste Formel-1-Stars. Der Jüngere lässt beim Streckendebüt sein Leben. LAOLA1-Experte Gerhard Kuntschik erinnert:

Autódromo Rodríguez: Zwei Heroen und der frühe Tod Foto: © getty

Wenn am Sonntag zum 24. Mal in Mexiko um WM-Punkte der Formel 1 gefahren wird, werden die Namensgeber der Rennstrecke nur wenigen Fans ein Begriff sein.

Und: Das Autódromo Hermanos Rodríguez ist eine von nur vier Pisten im aktuellen Kalender, die nach Idolen von früher benannt sind – wie der Circuit Gilles Villeneuve in Montréal (Gilles verunglückte 1982 in Zolder), das Autódromo Carlos Pace in São Paulo (Pace starb bei einem Flugzeugabsturz 1977) und das Autodromo Enzo e Dino Ferrari in Imola (nach dem 1988 verstorbenen Ex-Rennfahrer und Rennstallgründer und dessen schon 1956 verstorbenen Sohn).

Maßgeblicher Initiator der Rennstrecke in der Hauptstadt Mexikos war Ende der 1950er-Jahre Pedro Natalio Rodríguez, der Berater des damaligen Staatspräsidenten Adolfo Lopez Mateos. Zum Jahresende 1959 wurde ein 500-Meilen-Rennen die Auftaktveranstaltung, das von Pedro Rodríguez, seinem älteren Sohn, gewonnen wurde. 1962 gab es den ersten Auftritt der Formel 1 – allerdings ohne WM-Status.

Rodríguez-Brüder sterben auf der Rennstrecke

Das Schicksal wollte es, dass das erste F1-Rennen auf der fünf Kilometer langen Strecke vom tödlichen Unfall des neuen Lokalmatadors Ricardo Rodríguez, des jüngeren der Brüder, in der Qualifikation überschattet wurde.

Wenn viel später in der Formel 1 von "Jugendwahn" gesprochen wurde, muss man sagen: Den gab es wohl immer schon. Denn Ricardo debütierte 1961 mit 19 Jahren, sechs Monaten und 26 Tagen im schicksalhaften Grand Prix von Italien für Ferrari und damit in jenem Rennen in Monza, in dem Teamkollege Wolfgang von Trips samt 14 Zuschauern zu Tode kam.

Der junge Mexikaner hatte sich mit nur einem Zehntel Rückstand auf von Trips als Zweiter qualifiziert, schied aber im Rennen aus. 55 Jahre lang war er der jüngste F1-Fahrer, der aus Reihe eins in einen GP gestartet war – bis Max Verstappen 2016 in Spa-Francorchamps. 1962 punktete Rodríguez als Vierter in Spa und als Sechster auf dem Nürburgring. Am 1. November 1962 starb Ricardo beim Aufprall in der überhöhten Peraltada-Kurve in seinem Lotus.

Der tödliche Unfall des "kleinen" Bruders brachte Pedro Rodríguez zum Nachdenken, doch der damals 21-Jährige setzte seine Karriere fort. Er wurde ein Star in der Formel 1 und feierte zwei Siege: 1967 in Kyalami für Cooper-Maserati als Teamkollege von Jochen Rindt und 1970 in Spa-Francorchamps für BRM.

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In 55 Formel-1-Rennen stand er siebenmal auf dem Podium und holte 71 Punkte. Auch in der Sportwagen-Szene erreichte Rodríguez Topergebnisse: 1963 und 1964 gewann er in Daytona den WM-Auftakt, 1968 siegte er im John Wyer-Ford GT 40 mit Lucien Bianchi, dessen Großneffe der 2015 verstorbene Jules Bianchi war, bei den 24 Stunden von Le Mans.

1970 wurde er Werksfahrer bei Porsche: Gleich am Saisonbeginn triumphierte er mit Leo Kinnunen und Brian Redman sowie 1971 mit Jackie Oliver in den 24 Stunden von Daytona, jeweils im Wyer-Porsche 917. Er trug mit acht seiner insgesamt 14 Siege in der Sportwagen-WM wesentlich zum Markentitel für Porsche 1970 und 1971 bei (eine Fahrer-WM gab es erst ab 1981).

Pedro Rodríguez verunglückte im Juli 1971 im Interserie-Rennen auf dem Nürnberger Norisring tödlich – in einem privaten Ferrari 512 M. Porsche verlor in dieser Saison mit dem Mexikaner und mit dem Schweizer Jo Siffert (in der Formel 1 in Brands Hatch) zwei Topstars seiner Werksmannschaft innerhalb von drei Monaten. 2021, 50 Jahre nach seinem Tod, wurde eine Brücke im Gelände des Norisrings nach Rodríguez benannt.

Perez erfolgreichster Mexikaner

Seit Eröffnung 1959 war die Strecke von Mexiko-Stadt nach dem Stadtteil Magdalena Mixhuca benannt. Seit 1972 ist sie das Autódromo Hermanos Rodríguez. Für die Neubenennung hatte sich sogar der damalige Staatspräsident Luis Echeverría eingesetzt.

Mexikos Fans konnten bisher nur sechs Landsleute in der Formel 1 anfeuern. Nach den Brüdern versuchte sich Moisés Solana in acht Großen Preisen zwischen 1963 und 1968 für Cooper, Lotus und BRM und blieb ohne WM-Punkt. Wie Pedro Rodríguez ereilte ihn das Schicksal an einem Nebenschauplatz: 1969 verunglückte er bei einem Bergrennen in Mexiko. Nach ihm ist die erste Schikane im Autódromo benannt.

Vor Sergio Pérez (276 Starts mit sechs Siegen sowie Vize-Titel 2023) waren Hector Rebaque (41 Rennen 1977 bis 1981 für Hesketh, Brabham und Lotus mit 13 Punkten) und Esteban Gutiérrez (2013 bis 2016 59 Rennen für Sauber und Haas mit sechs Zählern) die einzigen weiteren Formel-1-Piloten aus Mexiko.

In der Riege der Mexikaner dauerte es bis 2021 und damit fast 60 Jahre, ehe ein Lokalmatador auf dem Podest stand. Pérez wurde 2021 im Red Bull Dritter.

Und österreichischen Fans ist der GP von Mexiko natürlich in Erinnerung, weil hier Gerhard Berger 1986 im Benetton-BMW den ersten von zehn Siegen feierte – ohne Reifenstopp dank der damals haltbareren Pirelli-Pneus.

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