Er gehört mit Sicherheit zu den Vielfliegern: Zak Brown, Chef von McLaren Racing, verantwortet nicht nur das Formel-1-Engagement, sondern auch die Teams in Indycar, Formel E und Extreme E. Aber als Kalifornier ist er es gewohnt, viel Zeit in der Luft zu verbringen.
Mit den Jungstars Lando Norris und Oscar Piastri ist McLaren in der Formel 1 mittelfristig "besetzt", hat aber aus den Indycars zwei Protagonisten im Fahrerkader auch für die F1: Alex Palou (Meisterschaftsführender mit Ganassi) und Pato O'Ward aus dem eigenen Arrow McLaren-Team. Beide waren schon im Testeinsatz für McLaren in der Formel 1.
Brown traut Palou und O'Ward die Formel 1 zu
Aber wie geht es weiter? Dazu sagt Zak Brown: "Wir haben noch keine finale Entscheidung getroffen, aber wir müssen ja im freien Training Rookies einsetzen. Nach dem Indycar-Finale im September in Laguna Seca wird man die beiden im F1-Umfeld sehen."
Und ob sie dort eine Zukunft hätten, beantwortet der 51-jährige Kalifornier so: "Da gibt es keinen Grund, der dagegen spräche. Wir haben derzeit kein Renncockpit verfügbar. Ich bin absolut überzeugt, dass beide gut genug für die Formel 1 sind. Sie haben das Zeug dazu. Alex Palous Form heuer ist keineswegs überraschend, aber nichtsdestotrotz sehr beeindruckend. Er dominiert bei den Indycars, wo normalerweise einer nicht dominierend sein kann. Und Pato kann ebenfalls noch Meister werden."
Der Grund für den jüngsten Aufschwung
Zwar gab es im belgischen Grand Prix für McLaren einen Rückschlag (Norris Siebenter, Piastri out), Brown ist aber dennoch für die zweite Saisonhälfte optimistisch: "Der Grund für den jüngsten Aufschwung sind in erster Linie die Mitarbeiter in der Fabrik, vom Design bis zur Produktion, die Verbesserung der Zuverlässigkeit, und an der Strecke und daheim die Strategen. Da spielt vieles ausgezeichnet zusammen."
"Unsere Upgrades der Aerodynamik waren beeindruckend. Da ziehe ich meinen Hut. Die Fahrer zeigen jetzt ihr Potenzial. Sie haben auch zuvor einen sehr guten Job gemacht, aber jetzt können sie im verbesserten Auto noch mehr überzeugen. Die ersten Runden in Silverstone waren ein Highlight, da ging mein Puls nochmals rapide in die Höhe. Schade, dass Oscar das Podium verwehrt blieb", so Brown.
Verstappen-Dominanz überrascht den McLaren-Chef nicht
Dass Max Verstappen heuer so dominant fährt, überrascht Brown nicht. "Red Bull ist ein unglaubliches Team. Wir versuchen, an Max heranzukommen, aber immer, wenn man denkt, man ist nahe dran, zieht er weg. Es macht schon Eindruck, ihm zuzuschauen", meint Brown anerkennend.
Auch wenn sich der Vizetitel unter den Teams kaum mehr ausgeht, könnte McLaren an Speed vorn dabei sein. Das wäre für Brown eine große Genugtuung: "Am Ende der Saison zweitschnellstes Team, also Bester des Rests, zu sein, wäre sehr befriedigend. Es ist noch ein weiter Weg dorthin, aber wir sind definitiv zurück im Spiel."
Bei den Indycars und der Formel E herrscht noch Luft nach oben
Bei den Indycars fehlt noch der große Sieg: "Ich bin mit der Saison zufrieden und auch wieder nicht. Wir waren immer sehr schnell, wir führten im Indy 500, wir hatten Pole Positions, wir sind das zweitbeste Qualifyingteam. Pato (O'Ward, derzeit Sechster, Anm.) ist mathematisch noch im Titelrennen. Enttäuscht bin ich, weil wir mit allen drei Autos bzw. vier in Indy die Pace hatten, aber noch kein Rennen gewinnen konnten. Die Fahrer für 2024 sind klar, aber noch nicht verlautbar. Wir bleiben bei drei Autos plus einem vierten in Indy."
Und was die Formel E betrifft, in der man das Weltmeisterteam 2022, Mercedes, übernahm und einen neuen Antriebspartner (Nissan) bekam, urteilte Brown: "Wir wussten, dass es mit dem Wechsel zu einem neuen Antriebsstrangpartner eine Herausforderung würde. Ich bin zufrieden, weil wir sehr stark begannen. Wir kamen dann ein wenig aus der Spur – aus eigenem Verschulden. Wir wollen auf jeden Fall nächste Saison viel wettbewerbsfähiger sein."
"Ian (Teamchef James, Anm.) hat ja Erfahrung im Gewinnen einer Meisterschaft. Jake (Hughes) machte einen sehr guten Job als Rookie. Insgesamt war es eine gute Saison, aber wir wollen nächstes Jahr mehr. Für René Rast war der Wechsel aus anderen Serien schwierig. Die Formel E ist so anders als alles andere. Er hatte wenig Zeit zur Eingewöhnung durch die kurzen Trainings und Qualifyings, aber er war das ganze Jahr über schnell. Ian hat schon einen Plan, wer René nächstes Jahr ersetzen wird. Und er trifft diese Entscheidung."
Nachsatz mit einem Schmunzeln: "Ich mische mich da nicht ein, solange ich einverstanden bin… Im Ernst, er macht den Vorschlag, und ich segne ihn ab. Ich habe noch keine seiner Entscheidungen abgelehnt."