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These: Mercedes muss für 2025 Alonso oder Vettel holen

Ferrari wird den vorzeitigen Wechsel von Lewis Hamilton nach dieser Saison bereuen. Red Bull muss sich von Horner und Marko trennen. LAOLA1 debattiert:

These: Mercedes muss für 2025 Alonso oder Vettel holen

In unserem neuen Format "Ansichtssache" versuchen wir, Meinungen, Stimmungen, Überreaktionen oder sonstige Ansichten jeglicher Art in eine These zu packen und zu analysieren.

Das kann mal provokant sein, mal eine oft gehörte Meinung. Mal sehr strittig, mal weniger. Mal eine Prognose, mal eine simple Einordnung.

Dieses Mal beschäftigen wir uns mit dem Auftakt der neuen Formel-1-Saison, der gleich mehrere heiße Themen mit sich bringt. 

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In Zukunft wollen wir auch User-Thesen debattieren. Diesmal waren unsere Redaktions-Kollegen aufgerufen, vier Ansagen zu liefern, die in weiterer Folge von den LAOLA1-Redakteuren Johannes Bauer und Daniela Kulovits eingeordnet wurden.

#1: Ferrari wird die vorzeitige Vertragsunterzeichnung von Lewis Hamilton nach dieser Saison bereuen

Johannes Bauer:

Warum sollte das geschehen? Mir fällt auf die Schnelle kein möglicher Lauf der Dinge ein, der in dieser Frage die anstehende Saison zum entscheidenden Faktor machen könnte. Außer Carlos Sainz mimt uns in seinem Frust den Max Verstappen.

Die ungleiche Ehe zwischen Lewis Hamilton und Ferrari mutet auch Wochen nach ihrer Verkündung für mich aus den Gründen, die ich damals in meine Überlegungen einfließen ließ>>>, irgendwie bizarr an. Aber sehr spannend und auf ihre eigene Art mit einem Brautstrauß an Potenzial geschmückt, sportlich wie hinsichtlich möglicher Konflikte im großen Ganzen dieser Konstellation.

Dass der erfolgreichste Fahrer aller Zeiten sein "Mojo" innerhalb einer Saison verliert, glaube ich nicht. Dass er in den letzten zwei Jahren schwächelte, lag auch an Team und Auto. Die bleiben in der Formel 1 die großen mitbestimmenden Faktoren.

Kein böses Blut zwischen Sainz und Hamilton
Foto: © getty

Natürlich wird Hamilton auch nicht jünger und den 40er gefeiert haben, bevor er einen Rennsieg in Rot zelebriert. Auch das ist keine neue Erkenntnis und in der modernen Formel 1 dank der Herren Michael Schumacher oder Fernando Alonso längst relativiert.

Ich glaube eher, dass die Reue bei Mercedes Einzug halten könnte. Den grandiosen Ersatz für Hamiltons Dienste sehe ich noch nicht am Sternenhimmel herumfliegen. Aber darüber darf ich ja in der nächsten These mitsinnieren...

 

Daniela Kulovits:

Betrachtet man den Wechsel aus Marketing-Sicht, wird Ferrari sicher nichts bereuen. Der Hamilton-Coup brachte der Scuderia auf einen Schlag mehr Aufmerksamkeit, als sie in der gesamten abgelaufenen Saison bekam. Die Börse drehte durch, Ferraris Aktienkurs wurde in Höchstgeschwindigkeit auf ein Rekordhoch getrieben.  

Aus sportlicher Sicht könnte sich zwar nicht die Entscheidung für Hamilton an sich, sehr wohl aber der sehr verfrühte Zeitpunkt der Verkündung in der anstehenden Saison rächen. 

Als wäre es nicht schon Herausforderung genug, im Schatten der Roten Bullen ein halbwegs passables Bild auf der Strecke abzugeben, muss Ferrari wohl auch noch zwei in ihrem Ego gekränkte Fahrer managen.  

Charles Leclerc bekommt seit Jahren zu hören, dass er die Nummer eins und die Zukunft der Scuderia ist. Kurz nach seiner langfristigen Vertragsverlängerung setzen sie ihm dann eine Legende wie Hamilton vor die Nase. Naja...  

Das wird sich wohl auch Carlos Sainz denken, der am Ende der Saison Platz machen muss. Dass der Spanier, wie von Kollege Bauer erwähnt, in seinem Frust Max Verstappen mimt, ist unwahrscheinlich. "Explodieren" könnte Sainz im Laufe der Saison eher auf andere Weise.  

Ob der verfrühte Hamilton-Coup mit all seinen Begleiterscheinungen für ein Team, das auch in einer "normalen" Saison schon verlässlich mit falschen taktischen Entscheidungen und Fehlern bei Boxenstopps "glänzt", ein guter Antrieb ist, wage ich zu bezweifeln.  

#2: Mercedes muss für 2025 Fernando Alonso oder Sebastian Vettel holen

Daniela Kulovits:

Nur her mit den beiden! Auch die moderne Formel 1 braucht Typen wie Alonso oder Vettel. Echte Racer mit Siegermentalität, Ecken und Kanten, die auch abseits der Rennstrecke präsent sind. Das braucht auch Mercedes. Denn sind wir uns ehrlich: George Russell mag zwar ein talentierter Rennfahrer sein, die schillerndste Persönlichkeit im Formel-1-Zirkus ist der 26-Jährige aber (noch) nicht.

Ein Traditionsrennstall wie Mercedes braucht ein Aushängeschild, das diese Rolle auch ausfüllen kann. Ein Fahrer-Duo Russell und Andrea Kimi Antonelli – das 17-jährige "Wunderkind" wird aktuell als heißer Kandidat für 2025 gehandelt – würde Mercedes zwar eine Verjüngungskur verpassen, das Weltmeister-Team würde gleichzeitig aber an Strahlkraft verlieren. Mit Alonso oder Vettel im Team hätte man weiter eine große Persönlichkeit an Bord.

Es heißt, Vettel würde das Rennfahren wieder reizen. Das hat es ihn wohl immer. Seine Karriere hat er aus anderen Gründen beendet, unter anderem um mehr Zeit für die Familie zu haben. Auch der Klimaschutz spielte eine Rolle. Diese zwei Parameter werden sich seit seinem Rücktritt 2022 nicht geändert haben.

Deshalb sollte Mercedes Alonso ins Cockpit setzen. Der Spanier bringt alles mit: Trotz seiner 42 Jahre ist Alonso rennfit wie ein junger Hüpfer, hat aber gleichzeitig die Erfahrung, ein so großes, erfolgsverwöhntes Team wie Mercedes zu führen – auch in sportlich schwierigen Zeiten. Und das beste Argument liefert Alonso selbst, wenn er sagt: "Ich bin der einzige Weltmeister, der für 2025 verfügbar ist - ich bin also in einer guten Position."

 

Johannes Bauer:

Als großer Anhänger seiner Persönlichkeit möge mich Sebastian Vettel Lügen strafen. Aber ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wie sich das Kreisfahren in seiner aktuellen Form mit dem neuen Image des Vierfachweltmeisters als Umweltbotschafter vereinbaren lässt.

Das habe ich in den letzten Jahren seiner Karriere schon ein bisschen als Spagat empfunden, wenngleich jede Kraft willkommen sein soll, die in der Formel 1 etwas in diese Richtung vorantreiben will und kann. Nach zwei Jahren Pause vom Thema bin ich mir auch aus sportlicher Sicht nicht sicher, ob er den Erwartungen von null auf hundert entsprechen kann, die auf einen Leader in einem Team mit Titelansprüchen warten.

Fernando Alonso... Sollte Aston Martin der nächste Schritt gelingen und Mercedes keine Sprünge gemacht haben, bewegen sich die Teams auf Augenhöhe. Wozu dann wechseln und erst wieder neu eingrooven müssen? Zumal der Spanier endlich Wertschätzung spürt.

Klar: Spannend wär beides. Und die Fans wollen es sehen. Den Hamilton-Wechsel fand ich vor seinem Vollzug weniger greifbar als diese beiden Ideen, auch wenn sie nicht weniger sensationell wären.

Die Realität wird sich - so meine Einschätzung - weniger spektakulär gestalten. George Russell wird nicht umsonst seit Jahren zum "Einser" aufgebaut, hat auch sicher mehr drauf, als bislang gezeigt.

Die Zeiten zweier Fahrer mit Anspruch auf den Teamleader neigen sich bei Mercedes dem Ende zu, dafür bürgt die konservative Herangehensweise bei der Hamilton-Verlängerung, die nun nach hinten losging. Dann doch lieber einen neuen Valtteri Bottas. Das Konzept hat sich ja auch bei Red Bull Racing bewährt.

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#3: Kompletter Neustart für 2025: Red Bull muss sich von Horner und Marko trennen!

Johannes Bauer:

Vor nicht einmal einem Monat wären bei dieser These beide Augenbrauen weit Richtung Haaransatz gewandert. Aber selbst sportliche Unantastbarkeit feit nicht davor, sich neben dem Geschehen sehr viel, sehr schnell selbst kaputtzumachen. Da sind sich Hütteldorf und Fuschl dieser Tage ungewohnt nah.

Selbst wenn es im Fall des Red-Bull-Teamchefs laut Urteil keine Taten gewesen sein mögen, hat der Umgang mit dem Thema seinen schalen Geschmack hinterlassen. Natürlich maße ich mir nicht an, die Inhalte der Protokolle besser zu kennen als jene, vor denen sie tatsächlich liegen. Damit steht es mir auch nicht zu, ein anderes Urteil zu fällen als die Untersuchungskommission.

Aber die Länge der Causa, die allseits getätigten (Nicht-)Aussagen und die unabhängigen Berichte geben auch ein Bild ab. Jenes, dass die Vorwürfe nicht vollständig aus der Luft gegriffen waren. Eines, das kleben bleibt. Und eines, das die Delle nicht nur in seinem eigenen, sondern auch im Image des Teams und der gesamten Formel 1 schon größer gemacht hat, als sie hätte werden müssen. Und das Thema Image ist gerade bei Red Bull zu wichtig.

Mich lässt der Ablauf dieser Sache irgendwo ratlos wie gespannt zurück, wie es weitergehen wird. Aber ich glaube trotz der jetzigen Entscheidung zugunsten Christian Horners: Seine Zeit neigt sich dem Ende zu. Die neue Red-Bull-Leitung wird sich schleunigst daran machen, einen Richtungswechsel einzuleiten und mittelfristig einen Nachfolger zu suchen.

Helmut Marko wird bleiben. Seine Herangehensweise mag nicht jedermanns Sache sein, aber der Output gibt ihm recht. Solange sich der "Doktor" fit genug dafür fühlt, sehe ich in ihm eine Leitfigur des Teams. Gerade dann, wenn Horner gehen muss, weil nicht alle Grundpfeiler des Erfolgs auf einmal eingerissen werden können.

Damit wird sich auch jenes Problem von selbst lösen, auf welche die These eigentlich abzielt: Die berichteten Spannungen zwischen den "Lagern" Horner und Marko/Familie Verstappen. Letztere Seite soll die Berichterstattung zu den Vorwürfen im Hintergrund sogar befeuert haben, um den Teamchef loszuwerden.

Treten meine Erwartungen ein, bleibt zu sagen: Mission geglückt. Aber ganz ehrlich, auch in diesem Aspekt der Sache will ich vorsichtig bleiben, eine Verschwörungstheorie mit zu zimmern und Red Bull zur "Tabula rasa" zu verpflichten.

Selbst im Sport der Egos können jene von Marko und den Verstappens nicht so groß sein, die Implosion ihres eigenen Teams, dem derzeit einfach alles aufgeht, zu riskieren. Es hat lange funktioniert. Auch mit Spannungen, sollte es sie geben.

 

Daniela Kulovits:

Gut gebrüllt, Herr Kollege! Auch für mich ist die Zeit von Christian Horner im Bullenstall vorbei, daran ändert die abgewiesene Beschwerde nichts. Die Optik der ganzen Causa ist schiefer als der Weg die Eau Rouge hinauf.

Die Horner-Affäre ist für den gesamten Red-Bull-Konzern zur Zerreißprobe geworden. Zwar stehen die thailändischen Shareholder hinter Horner, der österreichische Flügel des Konzerns ist aber offenbar klar der Ansicht, dass der 50-Jährige nicht mehr haltbar ist. Nicht umsonst hat man Horner schon beim Aufkommen der Vorwürfe einen freiwilligen Rücktritt nahegelegt.

Dass auch das Verstappen-Lager – allen voran Vater und Manager Jos – nicht auf Horners Seite steht, weil dieser schon vor der "Affäre" versucht hat, Helmut Marko abzusägen, tut das übrige. Die Vorwürfe gegen den Engländer sind wahrscheinlich auch nur rein zufällig erstmals in einem niederländischen Medium publik geworden.

So what. Horner wird als Teamchef eher früher als später Geschichte sein. Die Pause zwischen zweitem und drittem Saisonrennen beträgt übrigens zwei Wochen...

Als möglicher Nachfolger steht Jonathan Wheatley längst bereit. Der aktuelle Sportchef ist ein Mann der ersten Stunde bei Red Bull Racing und kann das Team in eine erfolgreiche Zukunft führen.

Dennoch braucht es in solchen Zeiten des Umbruchs einen Fels in der Brandung und wer könnte das anders sein als Helmut Marko. Ich sag’s geradeaus: Ich bin ein Fan des "Doktors". Außerdem: Wer bringt es übers Herz, einen 80-Jährigen zu feuern?!?


#4: Die Saison 2024 wird erneut langweilig. Die Formel 1 braucht zumindest eine Fahrerin, denn Netflix alleine reicht nicht, um bei der Gen Z relevant zu bleiben

Daniela Kulovits:

Allein beim Gedanken an die 24 Rennen in dieser Sai... schnarch... Dass auch 2024 eine One-Man-Show von Max Verstappen wird, lassen Aussagen wie jene von Fernando Alonso nach den Testfahrten befürchten: "19 Fahrer glauben jetzt, sie werden 2024 nicht Weltmeister."

Es gibt viele Hebel, an denen man ansetzen könnte, damit die Formel 1 wieder abwechslungsreicher wird und die GenZ nicht gleich bei der ersten Ausfahrt wieder abbiegt. Ein diverserer Wettbewerb könnte definitiv eine Chance sein, das alleine wird aber nicht ausreichen.  

Warum sich der Stereotyp, dass Frauen nicht schnell fahren können, im Jahr 2024 noch immer so hartnäckig hält, ist mir ohnehin schleierhaft. Mit frauenfeindlichen "Argumenten" von wegen Fahrerinnen wären ihren männlichen Kollegen physisch unterlegen oder dergleichen braucht mir erst gar keiner zu kommen, das ist (erwiesener) bullshit.

Es gibt keinen rationalen Grund, warum Frauen nicht in der Formel 1 fahren könnten. Es geht einzig und allein darum, dass die mächtigen Entscheider in der Königsklasse nicht den Mut haben, auf Frauen zu setzen. Dazu gehören die Formel-1-Bosse genauso wie die Teams und vor allem Sponsoren. Denn in Wahrheit macht im Motorsport nur das Geld den Unterschied und nicht das Geschlecht.

Dieses Geld wird aktuell lieber für Inszenierungen einzelner Rennen (etwa in den USA) oder andere unnötige Spielereien verpulvert. Wie lange sich das für die Formel 1 noch auszahlt, wird spannender zu beobachten, als so manches Rennen.

 

Johannes Bauer:

Über die Verstrickung von Sport und gesellschaftlichen Themen können wir dieser Tage ja super debattieren. Ich bin auch schwer dafür, ihr Wechselspiel ernst zu nehmen. Die Verantwortung des Sports für solche Fragen anzuerkennen, genau wie umgekehrt seine Relevanz für die Gesellschaft.

Trotzdem geht es mir einen Schritt zu weit, die Ansprüche an den Wettbewerb, Spannung inklusive, zur Not auch vollständig mit neuen Inputs dieser Art substituieren zu wollen. Die "Formel Fad" wird dieses Problem nicht los, wenn eine Frau Zweite wird.

Darum werde ich diese Themen für die These nun doch kurz wieder auseinander dividieren.

Die Formel 1 hat in den letzten Jahren viel richtig gemacht, um die sportliche Spannung zu erhöhen. Dumm gelaufen, dass ein Team nun doch wieder ein fast unschlagbares Auto gebaut und blöderweise auch noch den talentiertesten Fahrer hineingesetzt hat. Mittelfristig wird sich das Problem wieder lösen, das hat es noch immer, und im übernächsten Jahr kommt ja (wieder) ein neues Reglement auf uns zu.

Die Verhältnisse dahinter sind knapp genug, andere sportliche Storylines zu schreiben. Ich selbst habe schon lange mehr Freude an den Kämpfen im Mittelfeld gefunden, sollen sie an der Spitze ihre Runden drehen.

GenZ, deren Teil ich nicht bin, wird das nicht anders sehen. Auch, aber nicht nur wegen "Drive to Survive" sind die Sympathien breiter verteilt als früher. Das "Erlebnis Formel 1" wird vielfältiger, dreht sich nicht mehr nur um den Siegeskampf. In der Hinsicht haben die Verantwortlichen ohnehin viel richtig gemacht. Das Fundament ist stark genug, Dominanzphasen zu überleben.

Nun zum Thema einer Frau: Ja, bitte! Es wird die Formel 1 erfrischen. Aber bottom-up, nicht top-down. Weil sie gut genug ist. Weil sie sich durchgesetzt und empfohlen hat. Nicht mit der Brechstange, weil es die "Königsklasse" eben braucht. Das würde niemandem nutzen, könnten sich im Falle des Misserfolgs Kritiker gar bestätigt fühlen.

Da ist der Weg - leider - noch ein weiter. Weil Frauen in dieser Männerdomäne nach wie vor schlechtere Voraussetzungen haben. Und weil sie nach wie vor nicht in der gleichen Anzahl in den Sport drängen. Es wurde begonnen, diese Steine auszuhöhlen. Aber das wird dauern. Eine Frau in der Formel 1 - das sehe ich auf "natürlichem Weg" noch länger nicht passieren, weil die Maßnahmen nur langfristig greifen können.

Die wichtigsten Gesichter der Formel-1-Saison 2024!

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