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Formel 1: Welche Erkenntnisse der Saisonauftakt bringt

In Melbourne startete am vergangenen Woche die neue Formel-1-Saison. Es war ein chaotisches Rennen mit Gewinnern und Verlierern. Eine Analyse:

Formel 1: Welche Erkenntnisse der Saisonauftakt bringt Foto: © getty

Am vergangenen Wochenende war es so weit: Der lang ersehnte Formel-1-Saisonauftakt in Melbourne stand am Programm.

Und was für ein Rennen es doch war: Wechselhaftes Wetter, drei Safety-Car-Einsätze und einige Ausfälle - der erste Grand Prix des Jahres hatte definitiv viel zu bieten, das frühe Aufstehen der europäischen Fans hat sich gewiss ausgezahlt.

Lando Norris (McLaren) durfte sich über seinen ersten Triumph in Melbourne freuen, zudem übernahm er - logischerweise - die Führung in der Fahrer-WM-Wertung. Ebenfalls eine Premiere in seiner Karriere.

Nun blickt LAOLA1 auf den Grand Prix zurück. Welche Erkenntnisse haben wir gewonnen? Wer hat begeistert, überrascht und versagt? Und wie stehen die Vorzeichen für das zweite Saisonrennen am Wochenende in Shanghai/China?

McLaren wird Favoritenrolle gerecht

(Artikel wird unterhalb fortgeführt)

Die spektakulärsten Formel-1-Rennen in Melbourne

Im Großen und Ganzen wurde Team-Weltmeister McLaren seiner Favoritenrolle gerecht. Die Qualifikation dominierten Lando Norris und Oscar Piastri, im Rennen hatte Ersterer ebenfalls meist alles unter Kontrolle. Gegen Ende wurde es aber nochmal spannend, als Max Verstappen groß im Spiegel des Briten auftauchte.

Teamkollege Piastri präsentierte sich ebenfalls stark, patzte jedoch in der Schlussphase des Rennens - sowohl er, als auch Norris kamen von der Strecke ab, Piastri geriet aber weiter raus ins nasse Gras - und schaffte es noch sensationell auf Platz neun. In puncto Pace war McLaren in Australien definitiv die stärkste Kraft.

McLaren-Duo Lando Norris und Oscar Piastri
Foto: © getty

Es gab jedoch eine Teamanweisung, die für Diskussionen sorgte. Als Piastri hinter Norris schnellere Rundenzeiten fuhr und auch im DRS-Fenster seines Vordermannes war, wurde er am Funk gebeten, die Position zu halten. Zunächst sollte diese Teamorder aber nur gelten, während die beiden McLaren die ersten zu überrundenden Fahrzeuge passierten.

So fragte der Lokalmatador danach nach dem aktuellen Stand, doch er wurde trotz schnellerer Pace weiterhin zurückgehalten. Erst einige Zeit später, als der Abstand wieder angewachsen war, kam die Auflösung der Anordnung.

Verstappen: Zwar knapp dahinter, aber...

Wovon man sich nicht täuschen lassen sollte, ist der am Ende extrem geringe Rückstand von Max Verstappen auf Lando Norris. In den letzten Runden wurde zwischen den beiden nämlich noch einmal gehörig eng, am Ende rettete sich Norris ins Ziel.

Denn vor allem im Trockenen zeigte sich, dass die Pace von McLaren deutlich überlegen ist. In der trockenen Phase des Australien-GP machten Norris und Piastri nämlich ordentlich Tempo, Verstappens Rückstand wuchs zwischenzeitlich auf 17 Sekunden an.

Durch die Safety-Car-Phasen und wechselhaften Bedingungen blieb es aber spannend. Red Bull hat vor allem einen Nachteil gegenüber den Briten: Der Reifenverschleiß. Das sogenannte Graining meldet sich beim RB21 früher als beim McLaren. Bekommt das österreichische Team dieses Problem im Griff, wäre entscheidender Schritt Richtung Augenhöhe getan.

Eine Anmerkung auch zu Mercedes, die doch überraschend stark performten. Mit richtigen Entscheidungen und fast gänzlich sauberen Rennen von George Russell und Andrea Kimi Antonelli gelang den Silberpfeilen die gleiche Punkteausbeute wie McLaren.

Bei der Pace fehlt aber dennoch noch ein gutes Stück auf die Weltmeister, außerdem hat der W16 Probleme mit den Reifen, die schnell überhitzen, wie Teamchef Toto Wolff erklärte. Dennoch ist der Auftakt des Teams vielversprechend.

Flop der Top-Teams: Ferrari

Einige Experten hatten nach den ersten Trainingssessions in Melbourne Ferrari als potenziell stärksten Konkurrenten McLarens eingeschätzt, Red Bull und Mercedes schienen etwas dahinter zu liegen. Doch sowohl das Qualifying als auch das Rennen boten ein anderes Bild.

In der Qualifikation belegten Charles Leclerc, der an diesem Wochenende klar der schnellere Ferrari-Pilot war, und Lewis Hamilton die Plätze sieben und acht. Ein deutlicher Rückschritt zu den Trainingsleistungen zuvor.

Im Rennen lief noch weniger zusammen. Leclerc machte sich das Leben mit einem Dreher selbst schwer - wobei dieser aufgrund eines Safety-Cars kurz danach nicht so schwer wiegte -, zudem leistete sich die Pitwall der Italiener wieder einen fast schon Klassiker bei Ferrari. Man stoppte zu spät, um von Slicks auf Intermediates zu wechseln. Das kostete Positionen.

Auch die Kommunikation zwischen Lewis Hamilton und seinem neuen Renningenieur Riccardo Adami verlief alles andere als reibungslos. Man konnte durchaus heraushören, dass der Brite nach einiger Zeit etwas genervt war. Der Italiener gab dem siebenfachen Champion viele Anweisungen, was möglicherweise etwas übertrieben war. Das sah Hamilton jedenfalls so, wie er am Funk auch kundtat.

Kein guter Auftakt für Charles Leclerc und Lewis Hamilton.
Foto: © getty

Am Ende belegte das rote Duo die Plätze acht und zehn, mit fünf Punkten ist dies der schlechteste Saisonstart Ferraris seit 2009.

Was bleibt also nach diesem Desaster-Auftakt der Roten zu sagen? Nun, es gibt viel zu tun. Den als Trainingsweltmeister hat man bekanntlich nicht viel davon. Die Pace war zwar auch nicht die, die man sich womöglich wünschen würde, aber vor allem aufgrund schwerwiegender Eigenfehler (Strategie!) verhaute man sich ein deutlich besseres Ergebnis.

Man darf also gespannt sein, ob Ferrari dies in Shanghai besser hinkriegen wird. Dort wird es ohnehin interessant zu sehen sein, wo die Roten im Vergleich zu den anderen Top-Teams in puncto Pace liegen. Melbourne galt in den letzten Jahren selten als verlässlicher Indikator für die wirklichen Kräfteverhältnisse, die raue Strecke in China wird diese jedoch offenbaren.

Die positiven Überraschungen

Drei Fahrer möchte ich positiv hervorheben: Alexander Albon (Williams), Lance Stroll (Aston Martin) und Nico Hülkenberg (Sauber). Ganz offen gesagt, es hätte bestimmt keiner damit gerechnet, dass diese drei etwa vor den beiden Ferrari landen.

Vor allem der Deutsche kaschierte die eigentlich eher schlechte Pace des Saubers mit einer strategischen Meisterleistung. Wichtige sechs Punkte für das Team, das im kommenden Jahr von Audi übernommen wird.

Stroll leistete sich im Aston Martin ebenfalls keine Fehler, mit der richtigen Strategie schaute am Ende ein starker sechster Platz heraus. Mit acht Punkten outscorte der Kanadier Ferrari im Alleingang. Allgemein betrachtet war die Pace von Aston Martin durchaus in Ordnung.

Starke Vorstellung von Alex Albon und Williams.
Foto: © getty

Albon begeisterte schon in der Qualifikation mit einem sechsten Platz, im Rennen sackte er dann sogar den fünften Platz ein. Diese Leistungen spiegeln das wider, was man bei Williams schon nach den Testfahrten erahnen konnte: Einen gewaltigen Fortschritt.

Routiniers leisten sich Fehler

Nicht ganz so gut lief es hingegen für die erfahrenen Teamkollegen Strolls und Albons. Carlos Sainz und Fernando Alonso kämpften mit den schwierigen Verhältnissen und schieden aus. Sainz zeigte aber im Qualifying immerhin mit Platz zehn auf - ein weiterer Indikator auf ein wiedererstarktes Traditionsteam Williams.

Yuki Tsunoda beeindruckte mit Platz fünf in der Qualifikation ebenfalls, auch im Rennen war der Japaner auf gutem Wege zu einem Top-Resultat. Doch dann verpokerte man sich bei der Strategie gehörig.

Nachdem es zu regnen begonnen hatte, wechselten die führenden Fahrer auf Intermediates, Tsunoda wurde jedoch nicht zur Box beordert und blieb auf Trockenreifen. Ein fataler Fehler, denn so kam er ins Straucheln, der Wechsel auf Intermediates drei Runden später konnte den Schaden nicht ausmerzen. Er verpasste die Punkte.

Was bleibt: Der Kampf um "Best of the rest" dürfte sich heuer jedenfalls wieder sehr spannend gestalten. Williams könnte hier ein heißer Tipp sein.

Rookies Teil 1: Bitteres Ende für Hadjar, Lawson mit Steigerungsbedarf

Sechs Rookies beziehungsweise neue Gesichter im Fahrerfeld - die Anzahl der Neulinge war schon lange nicht mehr so groß. Dementsprechend spannend war es in Melbourne, diese neben dem Spitzenkampf genauer unter die Lupe zu nehmen. Während sich einer stark präsentierte, ließen die Vorstellungen der anderen zu wünschen übrig.

Extrem bitter verlief das Wochenende für Debütant Isack Hadjar im Racing Bull. Nachdem der 20-Jährige in den Trainings bereits aufgezeigt hatte, holte er im Qualifying den starken elften Platz - mit Abstand der beste Rookie.

Doch der Grand Prix endete für den Franzosen, bevor er überhaupt angefangen hatte. In der Einführungsrunde crashte er auf nasser Strecke, das Rennen konnte er daraufhin nicht in Angriff nehmen. Am Weg zurück brachen bei dem jungen Fahrer alle Dämme, so groß war die Enttäuschung über sein Aus. Doch Hadjars erstes F1-Wochenende machte trotz des harten Sonntags Lust auf mehr.

Bitterer Sonntag für Isack Hadjar.
Foto: © getty

Für Liam Lawson war es ein gänzlich gebrauchtes erstes Wochenende im Red Bull. Bereits im Training und auch der Qualifikation hinkte der Neuseeländer deutlich hinterher, sein Debütrennen im RB21 endete nach zehn Runden in Kurve zwei. Teamchef Christian Horner nahm seinen Schützling aber in Schutz, man sei "das Risiko eingegangen", Lawson länger auf Trockenreifen auf der Strecke zu lassen.

Eine Steigerung muss aber definitiv her, sonst könnte Lawson selbiges Schicksal ereilen, das unter anderem schon Pierre Gasly oder Alexander Albon traf.

Rookies Teil 2: Antonelli überzeugt, Bearman und Co. schwächeln

Andrea Kimi Antonelli besserte sein Debütwochenende am Renntag aus. Nachdem der junge Italiener im Qualifying gleich in Q1 ausschied und als 16. ins Rennen ging, landete er letztlich als Vierter nur knapp entfernt von seinem ersten Podest.

Während einige Fahrer das Rennen nicht beendeten, behielt der 18-Jährige in einem chaotischen Rennen die Nerven - auch, als er sich in der frühen Rennphase drehte und einem Ausfall nur knapp entrann. Bleibt zu hoffen, dass Antonelli diesen Schwung jetzt mitnehmen kann.

Verkorkst waren die Einstände von Oliver Bearman (Haas), Gabriel Bortoleto (Sauber) und Jack Doohan (Alpine), die mit den schwierigen Bedingungen zu kämpfen hatten. Während sich die beiden Letzteren mit Drehern aus dem Rennen verabschiedeten, hinkte Bearman wie auch sein Teamkollege Esteban Ocon in einem schwachen Haas hinterher.

Am Freitag flog der junge Brite heftig ab, auch im dritten Training am Samstag landete er im Kies. Zu allem Überfluss endete die Qualifikation für ihn ohne schnelle Runde, nachdem das Getriebe bei der Outlap zu streiken begonnen hatte. Im Rennen konnte der Haas generell nicht mit der Konkurrenz mithalten.

Mit Ausnahme von Antonelli war es für alle Neulinge also ein eher durchwachsenes Wochenende, Steigerungsbedarf haben sie ohnehin alle. Man darf aber auch nicht vergessen, dass vor allem die Bedingungen während dem Rennen ein durchaus herausforderndes Debüt darstellten.

Was dürfen wir uns erwarten?

In Shanghai geht es nahtlos weiter, die Streckenbedingungen vor Ort werden die Stärken und Schwächen der jeweiligen Autos beinhart aufzeigen. Denn der Asphalt ist rau, was für mehr Reifenverschleiß sorgt.

Zudem fordert die Strecke auf allen Ebenen: von zwei langen Geraden und schnellen bis zu extrem langsamen Kurven, am Shanghai International Circuit ist alles dabei. Das Wetter soll übrigens besser als in Australien sein.

Es bleibt also spannend, wie die Kräfteverhältnisse an diesem Rennwochenende aussehen werden. Eine positive Nachricht für alle Morgenmuffel habe ich zum Schluss: Die meisten Sessions finden zu - aus europäischer Sicht - "besseren" Zeiten statt.

Das erste freie Training startet um 04:30 Uhr, das Sprint-Shootout um 08:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Der Sprint steigt am Samstag allerdings bereits um 04:00 Uhr, die Qualifikation um 08:00 Uhr, wie auch das Rennen am Sonntag. Im LAOLA1-LIVE-Ticker kannst du alle Sessions verfolgen.


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