Der Kampf um die Formel-1-Krone 2021 wird immer härter. Nicht nur auf den Pisten, auch abseits.
Zuerst kam die Diskussion um angeblich flexible Flügel, die in einer Reglement-Grauzone aerodynamische Vorteile bei hoher Geschwindigkeit bringen. Da ging es zuerst um den Heckflügel von Red Bull Racing und anderen Teams, dann um den Frontflügel von Mercedes. Nun öffnet sich eine weitere Kontroverse: die Boxenstopps.
Eine der Stärken von Red Bull Racing ist seit Langem die Perfektion bei fast allen Reifenwechsel. Seit dem brasilianischen Grand Prix 2019 steht der "Weltrekord" bei 1,82 Sekunden für den Wechsel der vier Reifen am Auto des späteren Siegers Max Verstappen. Doch nun sollen die extrem schnellen Boxenstopps künstlich verlangsamt werden, was der Verband (FIA) ab dem Grand Prix von Ungarn (1. August) implementieren will – "aus Sicherheitsgründen", wie es heißt, um die Gefahr von mangelhaft montierten Rädern zu reduzieren.
Bei Red Bull sieht man das naturgemäß anders: "Das wurde von Mercedes angestoßen", behauptet Motorsport-Berater Helmut Marko. "Wir haben eine technische Anfrage an die FIA vor drei bis vier Wochen gerichtet", gibt Mercedes-Sportchef Toto Wolff Freitag in Spielberg etwas ausweichend zu.
In der Tat sind die Zeiten von perfekten Boxenstopps fast unglaublich: Red Bull führt die Liste der kürzesten Reifenwechsel auch in dieser Saison an und belegt die ersten sechs Plätze, die drei schnellsten Stopps lagen unter zwei Sekunden (1,93 und zwei Mal 1,98 Sekunden in Bahrain, Portugal bzw. Aserbaidschan).
Es gibt sogar eine eigene "WM" für die besten Boxenstopps, die ein Formel-1-Sponsor (DHL) als Jahreswertung mit Punkten wie im Rennen ausschreibt. Dabei hat Red Bull Racing vor dem Grand Prix der Steiermark am Sonntag (Start 15:00 Uhr, im LIVE-Ticker) nicht weniger als 99 Punkte Vorsprung auf Williams und 104 auf Mercedes. Die schnellsten Stopps nach Red Bull gelangen bisher Aston Martin, Williams und Alfa-Sauber.
Ein schneller Boxenstopp – zur strategisch richtigen Phase im Rennen - kann entscheidend sein, wenn damit ein Konkurrent praktisch in der Box "überholt" wird. Dass Mercedes und offenbar auch andere Teams eine diesbezügliche "Anfrage" an die FIA richteten, zeigt, dass Red Bulls augenblickliche Form vielen einfach zu gut ist.
Im Zug der Kostenreduktion schrieb die FIA per September 2020 auch eine Homologation der "Werkzeuge" für die Reifenwechsel vor, die ab damals bis Ende 2021 "eingefroren" wurden. Die Hightech-Wagenheber und Schlagschrauber mit allen Sensoren kosten sechsstellige Eurobeträge, so hoch entwickelt sind sie.
Die neue Regel ab Ungarn besagt nun, dass der Wagen vorn erst abgesenkt werden darf, wenn alle vier Räder als komplett montiert angezeigt werden. Und weiters müssen mindestens 0,2 Sekunden zwischen dem Absenken und dem "grünen Licht" zum Wegfahren vergehen.
Man wird sehen, ob dies Red Bull tatsächlich "einbremst". Oder vielleicht auch anderen nicht tunlich sein wird.