Was lange währt, wird endlich ... gut?
Vor dem Grand Prix von Spanien (13. Mai) wird die Formel 1 jedenfalls mit dem Streamingangebot "F1 TV" an den Start gehen.
Für die Eigentümer "Liberty Media" stellt "F1 TV" ein Prestige-Projekt am Weg zu einer fannäheren, moderneren Formel 1 dar. Dabei kann man die bisherige Umsetzung alles andere als geglückt bezeichnen.
Eigentlich hätte die Plattform schon zu Saisonstart zur Verfügung stehen sollen. Jetzt ist es erst beim fünften Rennen soweit.
"Gerade einem Unternehmen, dass aus dem Medienbereich kommt, sollte man dann doch zutrauen, dass sie das termingerecht fertig bekommen. Das war eher ein Schuss ins Knie", findet ORF-Kommentator Ernst Hausleitner.
Worauf können sich die Formel-1-Fans freuen bzw. ist die Sache überhaupt ihr Geld wert?
Das Paket "F1 TV Pro" beinhaltet alle Live-Sessions (Trainings, Qualifying, Rennen), alle 20 Fahrer-Kameras und zusätzliche Live-Feeds, die man auch parallel streamen kann. Als Abonnent soll man somit selbst wählen können, aus welcher Perspektive man einen Grand Prix verfolgt.
"Warum für Free-TV-Kommentar zahlen?"
Neben der Action auf der Strecke werden auch Pressekonferenzen sowie Interviews vor und nach den Sessions zu sehen sein. Allerdings zunächst nur via Internetbrowser am Desktop, Apps für Apple/Android-Geräte bzw. TV-Boxen (Apple, Amazon, Google) werden erst nachgereicht. Kosten wird F1 TV jährlich zwischen 70 und 150 Dollar (57-122 Euro) bzw. 8 bis 12 Dollar (6,50-10 Euro) monatlich.
In der 6. Ausgabe von "LAOLA1 On Air - der Sportpodcast" geht es um den aktuellen Umbruch in der Formel 1. ORF-Kommentator Ernst Hausleitner spricht über seine Eindrücke der Königsklasse unter der Führung von Liberty Media und Ferdinand Habsburg spricht offen über seine Ziele und schwere Stunden. Hier anhören:
Der deutsche Kommentar wird von RTL übernommen, wo Heiko Waßer und Christian Danner die Rennen begleiten. Dass der deutsche Kommentar vom in Österreich äußerst geschätzten Duo Ernst Hausleitner und Alexander Wurz kommt, war nie ein Thema.
"Nein, ich habe überhaupt keine Ahnung, wie das vergeben wurde", sagt Hausleitner, der mit seinen deutschen Kollegen ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, die Herangehensweise von Liberty Media aber nicht nachvollziehen kann.
"Warum sollte ich 80 Euro im Jahr zahlen, um genau jenen Kommentar zu hören, den man im Free-TV hört?", fragt er sich.
Keine inhaltliche Tiefe, kein Mehrwert
Auch die Wahl unterschiedlicher Kameraperspektiven stellen für den langjährigen ORF-Kommentator keinen Mehrwert dar: "Diese Möglichkeit hatten man ja schon bei Sky oder damals Premiere gehabt und am Ende des Tages sind alle wieder bei der sogenannten Weltregie gelandet."
Aus Sicht des Oberösterreichers müsste Liberty hier wesentlich mehr inhaltlich in die Tiefe gehen, um ein neues Publikum anlocken zu können: "Dann bräuchten sie andere Kommentatoren, andere Experten und Feature-Geschichten. Im überzogenen Fall müsste einer vor Beginn des Rennens das Auto zerlegen, wieder zusammenbauen und jede Schraube erklären. Dann würde es Sinn machen und du würdest richtige Freaks und Hardcore-Seher dorthin bewegen."
Ob die Plattform in diesem Umfang tatsächlich eine Konkurrenz für TV-Anstalten wie den ORF sein kann, bleibt abzuwarten.
ORF-Quoten stärker als im Vorjahr
Vor Ort laufe die Zusammenarbeit mit den neuen F1-Inhabern wesentlich besser als noch zu Zeiten von Bernie Ecclestone, sagt Hausleitner: "Das hat sich definitiv zum Guten verändert, es gibt bei mittlerweile jedem Grand Prix das sogenannte Broadcaster-Meeting und da kann man bei den TV-Verantwortlichen Wünsche und Anregungen anbringen respektive erzählen sie dann, was sie sich Neues einfallen haben lassen. Dieser Austausch funktioniert sehr gut, das ist auch neu und gab es in der Vergangenheit nicht."
Laut aktuellen Stand der Dinge ist die Formel 1 bis 2020 im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sehen. Zuletzt machte ORF-Sportchef Hans-Peter Trost den heimischen Motorsport-Fans wieder Hoffnung, dass es doch noch eine langfristige Zukunft für die Formel 1 im ORF gegeben könnte.
"Ich würde mir es natürlich wünschen. Welche Kriterien dafür ausschlaggebend sind, weiß ich aber nicht", sagt Hausleitner, der in der aktuellen Saison mit den Quoten sehr zufrieden sein kann.
"Ich glaube, wir haben bislang bei jedem Rennen im Vergleich zur Saison 2017 zugelegt. Was mich besonders freut, ist dass wir ein sehr fachkundiges Publikum haben." Beim China-GP sahen knapp 410.000 Zuschauer zu (Marktanteil: 50%), 18 Prozent mehr als im Vorjahr.
Bleibt die Saison so abwechslungsreich wie bisher, wird der positive Trend wohl anhalten.