Auch wenn die Fabriken für einige Wochen geschlossen werden: In der Formel 1 ist gerade in dieser Saison die Sommerpause keine Ruhezeit, zumindest nicht für Entscheidungsträger.
Eine Bestandsaufnahme von LAOLA1-Experte Gerhard Kuntschick, bevor es am 25. August in Zandvoort wieder um Punkte geht.
Kick Sauber: Krach bei Audi und ein offenes Cockpit
In Hinwil befindet sich wohl die größte Baustelle. Seit der Verkündung des Formel-1-Einstiegs von Audi am 26. August 2022 (dem Freitag des belgischen GP in Francorchamps) samt später bestätigter Übernahme von Sauber wurde der damals groß auftretende CEO Markus Duesmann durch Porsche-Mann Gernot Döllner ersetzt, wobei das F1-Projekt kurzzeitig (bis zu einer Klarstellung des neuen Vorstandsvorsitzenden) in Schwebe geriet.
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Der damalige Technikvorstand Oliver Hoffmann wurde zum Vorsitzenden des F1-Projekts bestellt. In Hinwil hatte derweil der früher bei Porsche in der LMP1-Ära höchst erfolgreiche Niederbayer Andreas Seidl (dazwischen auch Teamchef bei McLaren) die Leitung übernommen.
Weil es zuletzt zwischen Seidl und Hoffmann offenbar "krachte", wurden vorige Woche beide entlassen und Ferraris Ex-Teamchef Mattia Binotto als neuer starker Mann in Hinwil eingesetzt. Hinter vorgehaltener Hand erklärte ein Insider: Die Fabrik in Hinwil sei 15 Jahre hinter dem aktuellen Standard (Audis Eigentümer-Vorgänger hätten praktisch nichts investiert), der Personalstand müsse von 500 auf 800 erhöht werden, um konkurrenzfähig zu werden.
Der Dreijahresvertrag mit Valtteri Bottas sei ein Fehlgriff gewesen. Geld von Audi sei erst seit dem heurigen Frühjahr nach Hinwil (mit der Komplettübernahme) geflossen, die heurige Saison sei sowieso abzuschreiben. Lediglich die Motorenabteilung bei Audi Sport in Neuburg sei im Plan.
Das zweite freie Cockpit ab 2025 neben Nico Hülkenberg ist wegen der Unsicherheiten (derzeit) nicht besonders begehrt. So wollte Carlos Sainz trotz des Bemühens seines Vaters Carlos sen. (Dakar-Sieger mit Audi) das Sauber-Audi-Offert nicht annehmen, er wird nun bei Williams Logan Sargeant ersetzen bis in die neue Ära plus Optionen.
Bis zum Neustart der F1 mit komplett neuen Autos und Antrieben und dem Debüt von Audi sind es nur noch 19 Monate oder noch ein Jahr mit Ferrari-Antrieb (den Sauber von 1997 bis 2005 und nach den BMW-Jahren seit 2010 verwendet).
Scuderia Ferrari: Maranello wartet auf Titel
Seit Jean Todt als Teamchef mit Kimi Räikkönens Titelgewinn 2007 abtrat, versuchten fünf Bosse, die Roten wieder zu einem Championat zu führen: Stefano Domenicali (2008-14), Marco Mattiacci (2014), Maurizio Arrivabene (2015-18), Mattia Binotto (2019-22), Fred Vasseur (seit 2023).
Am erfolgreichsten war noch der heutige F1-Chef Domenicali mit dem Konstrukteurs-Titel 2008 und den Vizechampionaten von Massa 2008 und Alonso 2010. Unter dem Betriebswirt aus Imola gelangen 20 Siege, danach nur noch 24 in elf Saisonen.
Wobei es egal scheint, ob Ferrari von einem Techniker (Binotto, Vasseur) oder einem Marketingmann (Domenicali, Mattiacci, Arrivabene) geführt wird. Stand Mitte 2024 ist Ferrari unter gewissen Umständen siegfähig, aber mangels Konstanz kein WM-Anwärter.
Das konnten auch keine Ex-Weltmeister (Alonso, Vettel) oder Jungstars (Leclerc, der "ewige" Prinz?) ändern. Alles anders mit King Lewis ab 2025? Auf britische Unterstützung in der obersten Technikeretage wird Hamilton nicht hoffen können.
Kaum anzunehmen, dass sich Adrian Newey Ferrari "antut", trotz Millionengage. Bis auf Ross Brawn in der Ära Todt-Schumacher sind britische Techniker in Maranello früher oder später gescheitert und weitergezogen, siehe Barnard, Stepney, Fry, Allison…
Williams: Neuer Schwung nach Sainz-Verpflichtung?
Nach der Unterschrift von Carlos Sainz für die nächsten zumindest zwei Saisonen (plus Optionen) und der frühzeitigen Bindung von Alex Albon über den gleichen Zeitraum sollte in Grove Ruhe herrschen.
Allerdings sind der vorletzte Platz unter den Konstrukteuren mit mickrigen vier Punkten nicht gerade das, was Investoren und Sponsoren zufriedenstellt – und den Ansprüchen von Teamchef James Vowles und Technikdirektor Pat Fry genügt.
Schon vor der Klarstellung bei den Fahrern hat sich Williams Antriebe von Mercedes bis 2030 gesichert. Es fehlt also nur noch der sportliche Aufschwung.