Der Rennzirkus Formel 1 war beim Grand Prix der USA stets ein Wanderzirkus. Denn zwischen dem Indianapolis-Oval, das von 1950 bis 1959 mit dem Indy 500 zur WM zählte, und der Premiere in Miami an diesem Wochenende gastierte die Formel 1 an zehn Schauplätzen.
Einige davon erlebte ich in den vergangenen 34 Jahren. An Kuriositäten mangelte es dabei nicht. Erst mit den Rennen auf dem Circuit of the Americas (COTA) in Austin kam so etwas wie Begeisterung bei den Fans auf, und die neue Medienwelt (Netflix!) trug dazu entscheidend bei.
In Detroit in den 1980ern wunderten sich die Amerikaner, warum es in der angeblich besten Serie so wenig amerikanische Beteiligung gab.
Im Rahmenprogramm traten die TransAm-Tourenwagen auf, und zum Drüberstreuen für die wenigen US-Fans fuhren deutsche "Schlachtschiffe", nämlich Audi 200 quattro, den Buicks und Pontiacs um die Ohren. Immerhin: Neben Stuck und Röhrl gehörte die US-Legende Hurley Haywood zum Audi-Team, damit gab es den "richtigen" Meister.
In den drei Jahren in Phoenix (1989-1991) kamen noch weniger Fans als in Detroit. Bezeichnend die Begegnung am Rennsonntag 1990, der McLaren-Honda-Premiere von Gerhard Berger (aus der Pole position). Kollege P. und ich nahmen ein Taxi vom Vorort-Hotel zum Fahrerlager und wunderten uns: kein Stau, keine Fans.
"Berger kenn ich nicht"
Der Taxifahrer wurde neugierig. Ja, wir seien wegen des Rennens da. "Wer ist Euer Favorit?" Wir natürlich: "Gerhard Berger." Der Taxler: "Kenn ich nicht." Wir: "Und dein Favorit?" Er: "Paul Newman." Wir: "Der fährt aber nur in einem Rahmenbewerb, bei den TransAm." Er: "Aber Paul ist der einzige Star an diesem Wochenende."
Im Fahrerlager stand ein junger Mann verloren herum, der von niemandem beachtet wurde – außer von einem Schweizer Kollegen und mir. Es war Eddie Lawson, der zu diesem Zeitpunkt vierfache 500-ccm-Weltmeister, der aus seiner Heimat Kaliforniern nach Arizona gekommen war. Selten so ein entspanntes Gespräch mit einem Champion geführt….
Nach neun Jahren Abstinenz kehrte die F1 2000 im September in die USA zurück. Mit dem aufwendig erbauten Infield-Kurs im legendären Indianapolis Speedway.
Begegnung in unserem Motel mit einem Fan, der aus Kalifornien angereist war. Ich: "Was weißt du über die F1?" Er: "Nichts." Ich: "Warum bist du dann hier?" Er mit Bestimmtheit: "Ich komme immer, wenn was los ist in Indy. Und wenn es ein Seifenkistl-Rennen ist!"
Pressekonferenz vor dem Rennen u. a. mit Michael Schumacher und Mika Häkkinen. Beide wirkten total gelangweilt, gingen auf die Fragen der US-Reporter kaum ein. Es fiel ihnen nicht ein, etwas für das Image der F1 zu tun und die "Legende" Indy hervorzuheben und Begeisterung über die neue US-Heimat kundzutun.
Da fragte man sich, was tun die Mediengurus der Teams eigentlich und die Manager der Fahrer? Die Berichte am nächsten Tag in den US-Medien waren ein Desaster.
Wurz wird zum Helden
Anders eine Benetton-Presseeinladung mit Giancarlo Fisichella und Alex Wurz. Beide schwärmten glaubhaft über den "Traum", in Indy zu fahren, und Wurz deutete noch an, das Indy 500 und das ganze Oval wäre eine Riesenherausforderung. Die Reaktion der Medien: Wurz und "Fisico" waren die neuen Helden!
Mit der Farce wegen des Reifendesasters 2005 war der Ruf der F1 in den USA für längere Zeit ruiniert. 2007 fiel der Vorhang in Indy, auch weil der damalige Besitzer Tony Hulman-George sich den Millionen-Abgang nicht mehr leisten wollte.
Austin war anfangs (ab 2012) ein schwieriges Rennen, wurde aber unter der jugendlichen und technologieaffinen Bevölkerung von Zentraltexas immer mehr ein Hit – mit über 300.000 Fans (immer noch Pandemie!) 2021, weil die Formel 1 zur großen Party wurde – und nach Texas Tausende Mexikaner anreisten.
Auch in Miami wird es durch die große Latino-Community genügend Fanunterstützung geben.
Und Las Vegas 2023? Das kann nur besser werden als der Parkplatz-GP 1981 und 1982, egal, was passieren wird.