Max Verstappen, Max Verstappen, Max Verstappen. Sportlich hat der Niederländer die restliche Formel 1 im Schwitzkasten.
"Die Spannung bleibt auf der Strecke" wäre die falsche Redewendung, denn dort sucht man sie vergebens.
Die Anreise an jenem Spielberg-Wochenende stand unter der Erwartung, dass es vorne keine Überraschung geben wird und man gerade zu einer ungestörten Holländer-Party fährt.
Nach eineinhalb Jahren des neuen Reglements lässt sich sagen: Red Bull Racing hat einfach die besten Antworten gefunden. Und einen Vorsprung aufgebaut, der erst einmal bestehen bleibt. Die Budgetgrenze konnte das nicht verhindern. Die "Formel fad" ist retour.
Und trotzdem macht die sportliche Gegenwart irgendwie Spaß. Und lässt die Hoffnung auf eine gesündere Zukunft der Formel 1 aufleben, sprechen wir jetzt einmal nur über den Faktor Sport. Die Diskussion um den Faktor Umwelt bleibt bis zur Umsetzung aller hehren Nachhaltigkeitsziele des Motorsports noch eine Weile aufrecht.
In Wahrheit so knapp wie noch nie zuvor - im ganzen Bild
Die Fragen um den Rennsieger und den Weltmeister sind nicht die einzigen, die den sportlichen Wert der Geschehnisse allein definieren. Und klammert man den Vorsprung vorerst einmal aus, offenbart sich eine Formel 1, die so knapp wie überhaupt noch nie zuvor ist.
Im ersten Qualifying-Abschnitt von Spielberg waren erstmals in der Geschichte(!) der "Königsklasse" alle 20 Fahrer innerhalb einer Sekunde.
Das Mittelfeld ist völlig unberechenbar geworden, hinter Red Bull Racing kann sich kein Rennstall seines Standings noch lange sicher sein. Und das ändert sich mittlerweile nicht mehr von Wochenende zu Wochenende, sondern von Session zu Session.
Aston Martin, Mercedes und seit Spielberg auch wieder Ferrari wechseln sich an der Spitze des "Rests" munter ab, das übrige Feld ist ohnehin permanent unberechenbar.
In Österreich tauchte auf einmal Lando Norris im zuvor völlig unterlegenen McLaren in den vorderen Rängen auf, Nico Hülkenberg im Haas konnte Sergio Perez im Sprint zumindest zeitweise ärgern. Es gibt Duelle auf der Strecke satt - das macht Spaß, das ist guter Rennsport.
Das Mittelfeld frohlockt, auch wenn der Kampf gnadenloser wird
Und ist ein erster Zwischenerfolg für den "Cost Cap". Die Kräfteverhältnisse rücken zusammen, echten Nachzügler gibt es keinen mehr. Updates sind selten geworden, werden die richtigen Schrauben gedreht, geht es für ein Team schnell wieder einen Sprung nach oben. Aston Martin schaffte es gar binnen eines Winters, sich vom Hinterbänkler zum Herausforderer zu machen.
Nur eineinhalb Jahre nach ihrer Einführung trägt die Budgetgrenze Früchte und lässt ihre Kritiker zurück. Das Mittelfeld frohlockt, wie auch die Aussagen der Teamchefs Günther Steiner (Haas)>>>, Franz Tost (AlphaTauri) und Alessandro Alunni Bravi (Alfa Romeo) im Gespräch mit LAOLA1 unterstreichen.
"Im Mittelfeld geht es nur mehr um Millisekunden, von daher funktioniert der Cost Cap optimal", zeigte sich etwa Tost glücklich.
Und Steiner ist überzeugt, dass mittelfristig auch die WM durch die Budgetgrenze wieder offener werden kann: "Alle können Punkte holen, alle haben schon Punkte geholt. Das ist dank des Cost Caps so. Red Bull Racing hat im Moment einen Vorsprung. Ich glaube, selbst der wird durch die Budgetgrenze wieder kleiner werden."
Noch zu wenig Zeit vergangen, um die Spitze zu bedrängen
Der Vorteil der Spitzenteams begründe sich auch in jahrelang aufgebauten Infrastrukturen und Erfahrungen, die sich in den letzten eineinhalb Jahren noch nicht egalisieren ließen. Dazu kam das neue Reglement, das von allen Teams zahlreiche Learnings verlangte - und manche bewerkstelligten das eben besser als andere.
Alles eine Frage der Zeit, und Zeit kann man sich nicht kaufen. Wodurch sie sich auch nicht durch den "Cost Cap" regulieren lässt.
Jetzt wird es darum gehen, die Zeit arbeiten zu lassen. Das Zusammenrücken wird sich laufend fortsetzen, größer als jetzt scheint die Dominanz an der Spitze nicht mehr zu werden - eher kleiner.
Alles anders schon nach dem Sommer?
Schon in der nahenden Sommerpause könnte sich vieles ändern. Im letzten Jahr war der "Break" ein Knackpunkt in der Saison, nach der sich an allen Fronten viel durchwürfelte. Es ist die große Chance, die noch herrschende Zweiklassengesellschaft ein Stück weiter zu schließen.
Mit genügend Geduld könnte sich auch der WM-Kampf wieder offen gestalten. Wohl nicht mehr 2023. Aber bald. Diese Hoffnung wirft die Entwicklung trotz der Verstappen-Dominanz auf.
Bis dahin muss der neutrale Beobachter noch den einen oder anderen Verstappen-Sieg hinnehmen, ohne einzuschlafen. Der Blick ein paar Positionen zurück hält wach.
Oder man hält es mit dem Niederländer und erfreut sich an dem, was dieses Ausnahmetalent auf den Asphalt bringt. 40.000 orange Gekleidete unter den Anwesenden hatten ihren Spaß daran.