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F1-Auftakt 2022: Das Versteckspiel hat ein Ende

Extreme Unterschiede bei den neuen Autos. Die Wahrheit liegt ab Mittwoch auf der Strecke:

F1-Auftakt 2022: Das Versteckspiel hat ein Ende

Karten auf den Tisch!

Fast alle Autos der neuen Generation sind präsentiert, manche Teams haben bei ihren Vorstellungen aber geflunkert und Boliden gezeigt, die mit dem späteren "Produkt" wenig gemeinsam haben - darunter mit Red Bull Racing auch das Team von Weltmeister Max Verstappen, der präsentierte "RB18" war nur ein umlackiertes Showcar.

Damit ist ab Mittwoch Schluss, denn in Barcelona steht drei Tage lang das erste von nur zwei Test-Events vor dem Saisonstart am 20. März in Bahrain an.

Weil die Testzeit so rar ist, werden die ganz großen Bluffs diesmal wohl ausbleiben. Ein Test-Run zu Filmzwecken war alles, was die Teams von den neuen Autos bislang an Erfahrungen in der Realität sammeln durften, der Rest basiert auf Daten aus Windkanal und Simulationen. Umso wichtiger wird die Zeit auf der Strecke - und auch die Rundenzeiten könnten mehr Aussagekraft als üblich haben.

Zumindest eine große Befürchtung des Reglement-Wechsels konnte schon durch die Vorstellungen ausgeräumt werden: Dass sich die Autos 2022 allzu sehr ähneln.

Ganz im Gegenteil ist eine Vielzahl an Konzepten zu sehen, die mit ihren Lösungen in vielen Bauteilen zwei gegengesetzte Extreme bedienen. Die Frage ist: Wer hat einen Volltreffer gelandet? Und wer völlig danebengegriffen?

Neuer Ferrari ein "Schock"

Für das meiste Aufsehen sorgte der neue Ferrari "F1-75". Enorm ausladende Seitenkästen, die auf ihrer Oberseite eine unorthodoxe geschwungene Form aufweisen, unterscheiden sich deutlich von den Lösungen der anderen Teams. Die Scuderia hat sich viel getraut, hebt sich mit ihrer "Roten Göttin" in vielen Details von der Konkurrenz ab.

Jean Alesi, vor drei Jahrzehnten selbst Fahrer der Scuderia, bezeichnete das neue Auto gar als "positiven Schock". "Das Auto ist schon beeindruckend, ein echtes Juwel", meint der Franzose - und stimmte damit in begeisterte Stimmen in den sozialen Medien ein.

Tatsächlich wird die Performance Ferraris von Beginn weg einer der interessantesten Aspekte der Tests und der neuen Saison. Die stolzen Italiener wollen nach mageren Jahren wieder ein Wörtchen mit den Top-Teams mitreden, der radikale Ansatz des neuen Autos schreit im Vorfeld nach "Top oder Flop": Ein Geniestreich oder ein Fehlschlag, die Grauzone scheint bei dem radikalen Ansatz nicht vorhanden.

Das bestätigte auch Teamchef Mattia Binotto bei der Präsentation indirekt: "Wir haben andere Entscheidungen getroffen. Weniger gewöhnlich. Das Auto ist mutig und das Produkt eines Teams, das in den letzten Jahren schwere Zeiten durchgemacht hat."

Der Gegensatz extremer Lösungen

In manchen Details der Autos herrscht beim Vergleich oft der Gegensatz zweier Extreme. So bemüht etwa Mercedes in Sachen Seitenkästen das exakte Gegenteil von Ferrari, hat verschwindend schmale seitliche Lufteinlässe. Dementsprechend auffällig ist, wie viel vom Unterboden sichtbar wird. So schlagen schon zwei der größeren Teams in relevanten Bereichen völlig unterschiedliche Richtungen ein.

Überhaupt war die Mitte des Autos ein Bereich mit viel Gestaltungsfreiraum und -zwang. Weil der Radstand neuerdings reglementiert wird, musste hier mitunter viel umgestaltet werden.

Optisch in diesem Bereich bei manchen Teams auch markant: Die "griller-artigen" Luftauslässe auf der Seite der Motorabdeckung, die in dieser Form erstmals seit 2009 wieder erlaubt sind.

Auch im Bereich der Vorderradaufhängungen kristallisieren sich zwei Philosophien heraus, neben dem bewährten "Push-Rod" setzen einige Teams auch auf die "Pull-Rod"-Bauweise. Die Unterschiede haben vor allem Einfluss auf die aerodynamischen Konzepte.

Auch für Innovation lässt das als einengend verschriene Reglement noch genug Raum. Ferrari präsentierte einen aus zwei Teilen bestehenden Nasenaufbau, der Vorteile bei späteren Updates mit sich bringt. Die Scuderia entgeht so den immer neuen Crash-Tests der FIA.

Vorbei mit der Geheimniskrämerei

Die unterschiedlichen Gesamtkonzepte könnten zu einer Durchmischung der Kräfteverhältnisse sorgen. Wer mit seinen Ansätzen richtig liegt, wird sich erst auf der Strecke weisen.

Kaum abzuschätzen ist bislang, in welche Richtung sich Red Bull bewegt hat. Der größte Rivale von Dauer-Konstrukteurs-Weltmeister Mercedes hat bislang de facto nur die Lackierung präsentiert, der vermeintliche "RB18" war ein vorgefertigtes, bereits bekanntes Präsentationsauto der FIA, um die neuen Regeln zu veranschaulichen.

Dass manche Teams ein großes Geheimnis aus ihren Lösungen machten, wird aber kein langfristiger Vorteil sein. Nicht nur, weil Adaptionen bei den unterschiedlichen Philosophien nicht einfach zu kopieren sind.

Die Formel 1 will der Geheimniskrämerei im Rahmen ihrer Möglichkeiten nämlich ein Ende setzen und schiebt vor jedem Wochenende der angehenden Saison eine "Show-and-Tell-Session" ein, bei der alle Teams ihre Updates vorführen und der Allgemeinheit erklären müssen.

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Bild 23 von 24 | © Williams F1
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