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Helmut Marko wird 80: Was wäre gewesen, wenn…

Der Mann, der Red Bulls Formel-1-Aufstieg maßgeblich mitbeeinflusst hat, feiert seiner 80er. LAOLA1-Kolumnist Gerhard Kuntschik über einen "F1-Besessenen".

Helmut Marko wird 80: Was wäre gewesen, wenn… Foto: © getty

Was ihm wegen eines folgenschweren Unfalls versagt blieb, holte er als "Berater" nach: Den Gewinn der Formel-1-WM.

Gäbe es für die Macher eines Motorsport-Teams Meisterschaftsringe wie im US-Sport (NBA, NHL, NFL…), hätte Helmut Marko schon eine Hand vollständig geschmückt nach den fünf Konstrukteurs-WM-Titeln mit Red Bull Racing neben den sechs Fahrerchampionaten von Sebastian Vettel (4) und Max Verstappen (2).

Der Motorsport-"Berater" von Red Bull, die graue Eminenz in den Formel-1-Teams des Unternehmens und der Chef der Nachwuchsförderung, wird am 27. April 80 Jahre alt.

Dabei hätte die Geschichte der Formel 1 ganz anders laufen können, wäre Markos aktive Laufbahn nicht am 2. Juli 1972 nach dem Unfall beim Frankreich-GP beendet gewesen.

Nach hervorragenden Leistungen in der Sportwagen-WM (zuerst für Porsche, dann Alfa und Ferrari) war er 1972 so stark im Blickfeld von Ferrari-Rennleiter Peter Schetty, dass ein Vorvertrag für die Formel 1 ab 1973 auf dem Tisch lag. Wäre ein fitter Marko 1973 zur Scuderia gestoßen, hätte es vermutlich 1974 dort keinen Platz für Niki Lauda gegeben…

Ein Rückblick auf Momente eines Motorsportlebens, die auch der Jubilar nicht vergessen hat:

1967: Promotion zum Dr. iur. in Graz und Start der Rennfahrerlaufbahn in der Formel V

14. 6. 1970: Platz drei in den 24 Stunden von Le Mans mit Rudi Lins, Martini-Porsche 908

13. 6. 1971: Sieg in Le Mans mit Gijs van Lennep, Martini-Porsche 917K, Distanzrekord von 5335 Kilometern (Bestand bis 2010)

15. 8. 1971: F1-Debüt im GP von Österreich auf dem Österreichring im BRM; P153: 17. Startplatz, im Rennen 11. (zwei Runden hinter Sieger Jo Siffert/BRM)

6. 2. 1972: Dritter in den Sechs Stunden von Daytona (Sportwagen-WM) mit Vic Elford, Alfa Romeo Tipo 33/3

14. 5. 1972: Achter im GP von Monaco im BRM P153 vom 17. Startplatz

21. 5. 1972: Zweiter in der 56. Targa Florio (Sportwagen-WM) im Alfa Romeo Tipo 33/3 mit Nanni Galli, Rundenrekord für 72 Kilometer in 33:41 Min. (128,25 km/h - Bestand bis Einstellung des Rennens 1977)

25. 6. 1972: Zweiter in den 1000 Kilometern auf dem Österreichring (Sportwagen-WM) mit Carlos Pace im Ferrari 312 PB – Markos letztes Rennen

Frühjahr 1972: Vorvertrag mit Ferrari für die F1-WM 1973

2. 7. 1972: Nach Platz sechs im Qualifying für den GP von Frankreich in Clermont-Ferrand im Rennen in Runde neun verunfallt (auf Platz sechs fahrend); Ein Stein, aufgewirbelt vom March von Ronnie Peterson, durchschlug das Helmvisier, Marko verlor nach wochenlangem Spitalsaufenthalt ein Auge – Ende der aktiven Laufbahn

1984: Gründung von RSM Marko, Berater von Gerhard Berger, ORF-Mitarbeiter bei F1-Übertragungen

1989: Gewinn der deutschen F3-Meisterschaft mit Karl Wendlinger (vor Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher)

1994: Gewinn der deutschen F3-Meisterschaft mit Jörg Müller

1996: Gewinn der Int. F 3000-Meisterschaft mit Jörg Müller (in der Teamwertung 2.)

1997: Vizetitel in der Int. F 3000-Meisterschaft mit Juan Pablo Montoya (Teamwertung 2.)

1999: Gründung Red Bull Junior Team, erste Saison mit Markus Friesacher und Enrique Bernoldi in der Int. F 3000-Meisterschaft

Ab 2000: Nachwuchsförderung mit Red Bull; Fahrer, die Marko mit Red Bull-Förderung in die Formel 1 brachte: Bernoldi, Klien, Liuzzi, Speed, Vettel, Alguersuari, Buemi, Ricciardo, Vergne, Kwjat, Verstappen, Sainz, Gasly, Hartley, Albon, Tsunoda

2003: Erfolgreichstes Jahr für das RB Junior Team mit Platz zwei in der Teamwertung der Formel 3000 (Patrick Friesacher/Tonio Liuzzi/Bernhard Auinger)

2004: Letzte Saison von Red Bull-Sauber, parallel Sponsorship für Jaguar Racing (mit RB-Junior Christian Klien); November: Kauf von Jaguar Racing durch Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, daraus entsteht Red Bull Racing, Sitz in Milton Keynes, österreichische Lizenz; Marko einer der Direktoren des Teams

2005: Kauf von Minardi durch Red Bull, wird Toro Rosso, Sitz weiter Faenza; Marko betreibt die Verpflichtung von Adrian Newey (damals McLaren) als Technischen Direktor für Red Bull Racing

17. 6. 2007: Red-Bull-Schützling Sebastian Vettel debütiert mit BMW-Sauber in der F1 (Platz acht)

14. 9. 2008: Erster F1-Sieg für Red Bull durch Vettel im Toro Rosso in Monza

19. 4. 2009: Erster F1-Sieg für Red Bull Racing durch Vettel in Schanghai vor Teamkollegen Mark Webber

14. 11. 2010: Erster WM-Titel für Vettel und Red Bull Racing durch Sieg im Finale in Abu Dhabi

2011-2013: Drei weitere WM-Titel durch Vettel und Red Bull Racing

2018: Ehrenbürger der Stadt Graz

9. 9. 2022: Bekanntgabe des Scheiterns eines Deals mit Porsche für Partnerschaft ab 2026, Red Bull wird selbständiger Motorenhersteller (Red Bull Powertrains)

22. 10. 2022: Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz, Markos Vertrauensperson, stirbt

2023: Josef Krainer-Preis des Landes Steiermark; bis dato 95 GP-Siege für Red Bull Racing und zwei für Toro Rosso/AlphaTauri

Doch Marko interessieren weniger Statistiken und Daten zu Vergangenem, sondern viel mehr die Zukunft und der Blick nach vorn. Der sieht sportlich derzeit auch vor dem vierten F1-Saisonlauf in Baku am 29. April hervorragend aus, geht aber dennoch ins Ungewisse.

Denn auch für Marko ist nicht alles vollkommen klar, was die neuen Machthaber im Red-Bull-Konzern entscheiden werden. "Ich bin unabhängig, habe keinen Vertrag, kann jederzeit aussteigen", hatte er zu Saisonbeginn gesagt.

Nun, freiwillig wird es der Formel-1-Besessene kaum tun.


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