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Wendlinger: "Nur außergewöhnliche Talente schaffen es!"

Der ehemalige Formel-1-Pilot spricht im Exklusiv-Interview mit LAOLA1 über seinen Weg in die Königsklasse, aufstrebende Nachwuchsfahrer und Mick Schumacher.

Wendlinger: Foto: © getty

Karl Wendlinger nahm 1991 erstmals an einem Grand-Prix-Wochenende teil - damals in Suzuka im Leyton-House-Ilmor.

Vier Jahre lang fuhr der Kufsteiner gegen seinen Tiroler Landsmann Gerhard Berger sowie 1994 gegen den Salzburger Roland Ratzenberger.

Sein Weg begann mit einer deutschen Fahrerlizenz in Süddeutschland und führte an der Seite von Heinz-Harald Frentzen sowie Michael Schumacher über das Mercedes-Benz-Juniorenprogramm in die Formel 1, wo er es immerhin auf 14 WM-Punkte brachte.

Der 55-Jährige erinnert sich im Interview mit LAOLA1 über seine Anfänge im Kartsport, den überraschenden Umstieg von der Formel 3 in die Sportwagen-Weltmeisterschaft (Gruppe C) und verrät, warum der Aufstieg des Formel-Nachwuchses seinerseits zu heute nur schwer vergleichbar ist. Zudem spricht der heutige Mercedes-AMG-Markenbotschafter über Mick Schumacher und warum der Deutsche in seinen Augen mehr als nur einen berühmten Nachnamen zu bieten hat.

LAOLA1: Sie haben einst Ihren Weg in die Formel 1 über die Formel 3 und Sportwagen-Weltmeisterschaft gemacht. Die Uhr nach vorne gedreht: Ist ein solcher Weg heute noch realistisch für Nachwuchsfahrer?

Karl Wendlinger: Der Weg ist immer noch möglich, ganz klar. Aber die Voraussetzungen sind heutzutage anders, weil alles viel teurer geworden ist. Bei mir war der Einstieg in den Kartsport mit 14 Jahren gemeinsam mit meinem Vater. Früher hat man damals nicht anfangen können mit dem Kartsport. Wir haben ein gebrauchtes Kart gekauft und mein Vater war mein Sponsor, Mechaniker und Chauffeur. So sind wir zu den Rennen gefahren. Und so hat man eine gute Routine bekommen und schön einfach Rennsport betreiben können. Heutzutage ist der Kartsport schon so teuer, dass das für viele Leute ein Handicap ist, um es überhaupt zu starten. Das war früher ein bisschen anders.

LAOLA1: Sie sind im Teenager-Alter in den Kartsport eingestiegen. Was können Sie uns darüber erzählen?

Wendlinger: Der Anfang war in Deutschland in einer Einheitsklasse, die "POP100" hieß. Da hat man einen Satz Reifen pro Wochenende gebraucht. Es hat verschiedene Chassis-, aber nur einen Motorenhersteller gegeben. So bist du dann Samstagfrüh zum Rennen gefahren und am Sonntagabend zurück. Das Ganze war eingeteilt in Nord-, Mittel- und Süddeutschland. Ich bin als Österreicher mit einer deutschen Lizenz in Süddeutschland gefahren.

LAOLA1: Wie sahen die Finanzen aus? Wie viel hat eine Saison gekostet?

"Ich glaube, dass es bislang einfach kein außergewöhnliches Talent gegeben hat. Du musst es aber sein, um es zu schaffen, eigentlich schon vom Kartsport weg."

Karl Wendlinger über den fehlenden F1-Fahrer aus Österreich

Wendlinger: Die Kosten waren damals deutlich überschaubarer und am Ende des Jahres hast du das Kart gebraucht weiterverkauft. Das Minus war gar nicht so groß. Meine Eltern haben für das erste Jahr keine 50.000 Schilling (ca. 3.600 Euro) bezahlt. Das ist mit heute gar nicht mehr zu vergleichen.

LAOLA1: Wie war das damals mit den Sponsoren? Konnte sich eine mittelständische Familie eine Saison selbst finanzieren oder war man auf Gelder angewiesen?

Wendlinger: Nein, war man nicht. Meine Eltern haben ein kleines Autohaus gehabt und so haben sie sich das leisten können. Sponsoren hat es im Kartsport nicht gegeben - zumindest bei uns nicht. Es gab einfach keinen dringenden Bedarf, dass man es nur mit Sponsoren ausüben konnte. Das ist der Unterschied zu heute. Da höre ich, wenn man in einer Kadettenmeisterschaft anfängt, dann ist das alles national und wenn du ein Talent bist, musst du dich, um international dabei zu sein, bei einem Team einmieten. Das kostet viel Geld.

LAOLA1: Wäre es richtig zu sagen, dass es damals schlichtweg unstrukturierter war?

Wendlinger: Es war einfach anders. Es gab noch die ganzen nationalen Meisterschaften. Ich habe das Glück gehabt, bereits nach einem Jahr in die Formel Ford aufzusteigen. In meinem zweiten Jahr im Motorsport war ich bei Helmut Marko im Formel-3-Team. Da sind wir die deutsche Meisterschaft und parallel dazu ein paar Rennen in Österreich gefahren. Das hat damals schon Geld gekostet, aber die Kosten hatten bei weitem nicht das Ausmaß wie heute. Die Meisterschaften waren alle gut - egal ob in Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland oder Großbritannien.

Karl Wendlinger 1991 im Sauber-Mercedes C11 zusammen mit Michael Schumacher und Fritz Kreutzpointner. Bei den 24 Stunden von Le Mans reicht es für Gesamtplatz fünf
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LAOLA1: Sie sind damals von der Formel 3 in die Sportwagen-Weltmeisterschaft aufgestiegen und waren für Mercedes-Benz tätig. Ist das ein Schritt, den Sie heutzutage jungen Fahrern empfehlen würden, gerade, wenn sie den Sprung aus der Formel 2 in die Formel 1 nicht auf Anhieb schaffen?

Wendlinger: Heute ist die WEC (Langstrecken-Weltmeisterschaft, Anm.) eine Serie, in der junge Fahrer einen großen Schritt nach vorn machen. Aber so war es bei mir gar nicht. Mercedes-Benz bzw. Sauber-Mercedes hat mit Motorsportdirektor Jochen Neerpasch Anfang 1989 entschieden, ein Juniorenteam ins Leben zu rufen und Fahrer aus der deutschen Formel-3-Meisterschaft zu holen. Die haben uns, ohne dass wir das wussten, ein Jahr lang beobachtet. Letztlich sind es Heinz-Harald Frentzen, Michael Schumacher und ich geworden. Deswegen war der Mittelschritt in der Gruppe C. Selbst habe ich mir das gar nicht ausgesucht. Aber der Gedanke war, uns bis in die Formel 1 zu fördern, es war Teil dieses Aufbauprogramms. Es war für uns alle ein großer Schritt nach vorn. Wir sind in den professionellen Motorsport gekommen und sind in einem Werksteam sehr schnelle Autos gefahren. Der Unterschied zur Formel 1 war im Endeffekt gar nicht so groß. Das war für uns die beste Vorbereitung.

(Interview wird unterhalb fortgesetzt)

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LAOLA1: Ist die Formel 1 heute ein elitärer Kreis geworden?

Wendlinger: Ob es das ist, kann man so nicht sagen. Aber Fakt ist, dass es heutzutage nur mehr 20 Autos sind. Als ich 1991 angefangen habe, waren es 34. Da war die Chance für ein junges Talent größer, den Schritt zu schaffen. Man hat in einem schlechteren Team Leistungen erbracht und ist dann immer weiter aufgestiegen. Das ist heute um einiges schwieriger. Fernando Alonso ist beispielsweise sein erstes Jahr (2001, Anm.) bei Minardi gefahren, unter dem Management von Flavio Briatore. Er hat sich bewiesen und ist dann weiter aufgestiegen.

"Ohne Talent gewinnst du die Formel 3 und die Formel 2 nicht. Da kannst du jeglichen Namen haben."

Karl Wendlinger über die Qualitäten des Mick Schumachers

LAOLA1: Sollte die Formel 1 für die Zukunft in Erwägung ziehen, Teams zuzulassen, die rein als Sprungbrett für Nachwuchsfahrer dienen? Oder ist die Zeit eines großen Feldes, wie es bei Ihnen war, einfach vorbei?

Wendlinger: Es werden immer noch junge Leute aus der Formel 2 hochgezogen, so ist es ja nicht. Oliver Bearman kam dieses Jahr als Ersatzmann von Carlos Sainz Jr. zum Einsatz und wird nächstes Jahr bei Haas fahren. Dann liest man, dass Jack Doohan bei Alpine unterkommt. Es gibt die Möglichkeiten und ich glaube auch, dass es heute nicht mehr möglich ist, die Formel 1 so umzubauen, dass man fünf Teams dazutut, die junge Leute ausbilden. Das geht einfach nicht mehr, auch wegen der Finanzierung. Die Chance für junge Fahrer ist einfach geringer, weil es nur 20 Autos sind.

LAOLA1: Der letzte österreichische Formel-1-Fahrer war Christian Klien 2010. Seitdem wird auf den Nachfolger gewartet. Woran könnte das liegen? Ist es die fehlende Förderung oder dem geschuldet, dass wir einfach keine Formel-1-Nation mehr sind?

Wendlinger: Ich glaube, dass es bislang einfach kein außergewöhnliches Talent gegeben hat. Wenn in den letzten zwei Jahren die regierenden Formel-2-Meister (Felipe Drugovich und Theo Pourchaire, Anm.) kein Formel-1-Cockpit bekommen, dann sieht man, wie schwierig das ist. Das heißt für mich: Du musst ein außergewöhnliches Talent sein, um es zu schaffen, eigentlich schon vom Kartsport weg.

LAOLA1: Sie kennen die Schumacher-Familie bestens. Glauben Sie, dass Mick aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft in die Formel 1 zurückkehren kann?

Wendlinger: Ich finde, er war auf einem sehr guten Weg. Er hat die Meisterschaft in der Formel 3 und in der Formel 2 gewonnen. Das ist ein Riesenerfolg. Die zwei Jahre bei Haas waren nicht gut und normalerweise wirst du daran gemessen. Wie ist der Einstieg, wie schlägst du dich gegen deinen Teamkollegen? Gegen Mazepin war er vorn, gegen Magnussen hat er sich schwergetan. Es gibt Gerüchte, dass er vielleicht bei Sauber/Audi eine gewisse Chance hat. Wenn die ihm diese geben, dann wissen sie warum. Und das ist nicht wegen des Namens - nur deshalb kommt man nicht in die Formel 1.

LAOLA1: Gerade im deutschsprachigen Raum hört man so manche Fan-Stimme, die sagt, dass er nur wegen Papa Michael in der Formel 1 war. Aber das kann ja nicht stimmen, oder?

Wendlinger: Nein. Ohne Talent gewinnst du die Formel 3 und die Formel 2 nicht. Da kannst du jeglichen Namen haben. Bei Haas hat es dann nicht einfach funktioniert. Wenn ein Formel-1-Team ihm jetzt die Chance gibt, dann wegen seiner fahrerischen Leistungen und nicht wegen seines Namens.

LAOLA1: Aktuell erleben wir in der Formel 1 eine Machtverschiebung. Red Bull schwächelt, McLaren holt in der Konstrukteurs-WM immer weiter auf. Glauben Sie an das Ende der Red-Bull-Ära?

Wendlinger: Das kann ich nicht sagen. Die Dominanz ist ein wenig weg, das stimmt. Heutzutage liest man immer wieder, dass das letzte Update nicht funktioniert hat. Aus welchem Grund auch immer. Dann ist der Unterboden bei den Ground-Effect-Autos aerodynamisch so empfindlich, dass das Auto dann nicht mehr so gut geht, wie zuvor. Bei Red Bull war man mit dem letzten Update nicht zufrieden. Wenn sie das aussortiert bekommen, dann spricht nichts dagegen, dass Max Verstappen weiter Rennen gewinnt. Er ist nicht grundlos WM-Führender.

LAOLA1: Kann man bereits eine Prognose für 2026 wagen?

Wendlinger: 2026 ist zu weit weg. Es gibt ein neues Reglement. Da kommt es wieder darauf an, welcher Hersteller den besten Motor und welches Team das beste Auto baut. Es ist so weit weg, das kann man aktuell nicht sagen.

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