Charles Leclerc kann also nicht nur bei Heimrennen gewinnen.
Der 27-Jährige führt Ferrari beim Grand Prix der USA in Austin zu einem komfortablen Doppelsieg. Für Leclerc ist es nach Monaco und Monza der dritte Saisonsieg und der insgesamt achte Rennsieg seiner Karriere.
Dass im Anschluss kaum über den doch überraschenden Triumphtag der Scuderia gesprochen wird, dürfte dem Monegassen relativ egal sein. Für die Formel 1 selbst ist dies jedoch kein gutes Zeichen.
Denn unter keinen Umständen sollte die Berichterstattung im Anschluss eines Grand Prix von einer Entscheidung der Rennleitung dominiert werden.
Zwei ähnliche Manöver mit unterschiedlicher Bewertung
Im Detail handelt es sich dabei um die Strafe gegen McLaren-Pilot Lando Norris, der in Runde 52 nach zuvor mehreren gescheiterten Überholversuchen an Max Verstappen vorbeiging.
Norris musste bei seinem Manöver neben die Strecke ausweichen, was jedoch auch an Verstappen lag, der ebenfalls mit allen vier Rädern außerhalb der Fahrbahn fuhr.
Die Szene wurde zunächst notiert, ehe Norris in den letzten Momenten des Rennens doch eine Fünf-Sekunden-Strafe ausgesprochen bekam. Verstappen wurde somit doch noch Dritter, für Polesitter Norris blieb nur Rang vier.
Auf McLaren-Seite war das Unverständnis im Anschluss groß. Und das nicht unbegründet, denn nicht zum ersten Mal wirken Entscheidungen der Stewards äußerst widersprüchlich: Ein ähnliches Manöver zwischen Russell und Bottas führte in der Anfangsphase des Rennens ebenfalls zu einer Strafe – allerdings für denjenigen, der seinen Kontrahenten von der Strecke gedrängt hatte.
Dementsprechend enttäuscht zeigte sich Teamchef Andrea Stella: "Ich bin der Meinung, dass die Art und Weise, wie die Stewards in dieses schöne Stück Motorsport eingegriffen haben, unangemessen war, weil beide Autos von der Strecke abgekommen sind", stellt er klar.
War ein Einmischen erforderlich?
"Wir haben zweimal überprüft, dass beide Autos von der Strecke abgekommen sind. Für uns gab es keinen Zweifel, dass das Manöver korrekt war", führt er weiter aus.
Auch Norris fühlt sich ungerecht behandelt: "Er ist beim Verteidigen neben die Strecke gefahren und hat einen Fehler gemacht und davon profitiert. Gleichzeitig musste ich aus diesem Grund von der Strecke fahren. Es ist unmöglich zu wissen, ob ich es auf der Strecke hätte schaffen können oder nicht. Aber ich mache die Regeln nicht", so Norris, der ganz klar der Meinung ist, dass es kein Fall für die Stewards gewesen sei.
Neben der Inkonsequenz der Rennleitung liegt das Problem für den McLaren-Star vor allem darin, dass sie sich überhaupt eingemischt hatte. Und somit einmal mehr für viel Gesprächsstoff sorgt.
Zudem hätten die Rennkommissare ziemlich überstürzt entschieden. "Sie hören oder verstehen unsere Argumente nicht, was sie nach dem Rennen tun sollten", ärgert sich Norris.
Verstappen sehr zufrieden
Auf der anderen Seite ist man mit der Entscheidung wenig überraschend einverstanden: "Ich glaube, die Strafe war gerechtfertigt", sagt Red-Bull-Konsulent Helmut Marko im "ServusTV"-Interview.
Verstappen hält sich direkt nach dem Rennen eher zurück: "Ich habe meine Meinung, aber die brauche ich hier nicht zu sagen. Ich lasse die Stewards ihr Ding machen", so der Weltmeister, der zum ersten Mal seit Spa wieder Punkte auf seinen Verfolge gutmachen konnte.
Nicht nur deswegen ist er mit seiner Leistung sehr zufrieden: "Am Ende auf dem Podium zu stehen, ist letztendlich ein tolles Ergebnis. Es war ein ziemlich schwieriges Rennen. Ich hatte nie wirklich das Tempo, um zu attackieren", analysiert der Niederländer.
In der WM-Wertung baut er seinen Vorsprung auf 57 Zähler aus. Fünf Rennen sind noch zu absolvieren, in Sao Paulo und Katar gibt es zudem noch einen Sprint.
Unter normalen Umständen wird Verstappen der vierte Titel nicht mehr zu nehmen sein. Es ist zu hoffen, dass die sechs Punkte aus Austin nicht den Unterschied machen werden - sonst hat die Diskussion nach dem US-GP noch eine längere Fortsetzung.