Die Formel 1 hat in Sachen Finanzen das Schlimmste wohl abgewendet und am Freitag in Spielberg zu einem Kompromiss in Sachen Budgetgrenze gefunden (HIER nachlesen>>>).
Die Teams dürfen nun in der Saison 2022 3,1 Prozent mehr ausgeben, als ursprünglich mit 141,2 Millionen US-Dollar anberaumt war. Eine Summe von rund vier Millionen an zusätzlichem Budget, das straffrei verbraucht werden kann.
Ein Weg der Mitte, nachdem sich große Teams und kleine Rennställe aneinander aufrieben. Die einen haben die Mittel zur Verfügung und kamen innerhalb der vorgegebenen Grenze nicht mehr aus.
Die anderen bangten um die höhere Chancengleichheit, die die Geldbremse zumindest auf den Weg bringen soll.
Letztlich bekam niemand so richtig, was er wollte. Und so klangen die Stimmen bei den Teamchefs auch durchgehend enttäuscht.
Ergebnis löse die Probleme nicht
"Es ist ein Ergebnis, das für alle schlecht ist. Wir können die Inflation von sieben Prozent damit nicht kompensieren. Es ist maximal ein Drittel dessen, was wir gebraucht hätten. Und die kleinen Teams ärgern sich auch. Wenn alle Parteien vom Tisch aufstehen und unzufrieden sind, hilft das auch nichts", sagte Toto Wolff.
Sein Team habe mit den Reparaturkosten nach dem Doppelcrash im Spielberg-Qualifying schon ein Drittel des zusätzlichen Budgets wieder ausgegeben.
"Wenn man den Teams, die so viel Geld überhaupt haben, solche Erleichterungen gibt, während andere Rennställe so viel gar nicht zur Verfügung haben, wird das Spielfeld mitten in der Saison verschoben. Das ist für mich nicht die fairste Sache."
Zwar hätten sich die Energiepreise zuletzt etwas entspannt und die Inflation sich auf einem hohen Level eingependelt, die Frachtkosten blieben aber enorm.
Mit Mercedes, Red Bull und Ferrari sei das Top-Trio auch mit dem zusätzlichen Geld weiterhin über der Budgetgrenze unterwegs. "Das heißt, es wird Einsparungen brauchen. Das Ergebnis der Verhandlungen hilft uns, aber löst unsere Probleme nicht."
Ferrari-Konterpart Mattia Binotto denkt auch, dass es "bis zum Ende sehr eng und schwer werden könnte. Aber ein Kompromiss gibt uns ein neues Ziel, auf das wir hinarbeiten können. Die meisten Ausgaben wurden schon getätigt, aber wir müssen einige Dinge kontrollieren und damit umgehen."
Auch Gegner einer Anpassung unzufrieden
Auf der Gegenseite hielt sich die Zufriedenheit ebenso in Grenzen.
Günther Steiner erinnerte schon vor den Verhandlungen daran, dass der "Cost Cap" seine Wirkung zeige. Das drücke sich im Wiederaufstieg seines Haas-Teams (HIER nachlesen>>>) aus.
"Dafür wurde die Budgetgrenze gemacht: Damit es eng zugeht. Nach vier Rennen wusstest du die letzten Jahre immer, wohin die Reise für jedes Team geht. 2022 weißt du es nicht mehr. Und das ist nur dem Cost Cap zu verdanken. Genauso wie die Kämpfe zwischen mehreren Teams, wie wir sie in Silverstone hatten. Die waren fantastisch für die Zuschauer", so der Südtiroler.
"Ich bin zufrieden, wir haben einen Kompromiss gefunden. Der ist, dass wir alle nicht ganz happy sind. Aber wir müssen weitermachen, es gibt andere Themen, die wir angehen müssen."
Dementsprechend sei die Budgetgrenze so gut zu beschützen, wie es geht. Und auf Kurs zu halten. Schließlich gehen die Summen in den nächsten Jahren eigentlich weiter nach unten.
Die Hauptbefürchtung der kleineren Teams dreht sich weniger um die Kräfteverhältnisse in der aktuellen Saison. Die Budgetgrenze wird als große Chance betrachtet, eine Korrektur mitten in der Saison könnte jedoch ihre Integrität gefährden.
"Was bedeutet es, wenn wir jetzt anfangen, die Regeln zu ändern? Die Grenze muss integer bleiben und nicht Jahr für Jahr ein bisschen nach oben korrigiert werden, bis wir wieder dort sind, wo wir ursprünglich waren. Wir haben eine erfolgreiche Regel eingeführt und sollten von ihrem Prinzip nicht mehr abkehren", appellierte Steiner.
Alfa-Romeo-Teamchef Frederic Vasseur bedachte seinerseits, dass es für die großen Teams ja schon ein Kraftakt gewesen sei, von den alten Monster-Budgets ausgehend herunterzuschrauben. Auch für ihn sei der Kompromiss aber nur tragbar, wenn jetzt mit den Anpassungen Schluss sei.
Es bleibt ein Entgegenkommen
Zu richtig kritischen Worten über das Ergebnis wollte sich dann kein Teamchef hinreißen lassen, um den semipopulären Kompromiss nicht noch weiter zu untergraben.
Alpine-Boss Otmar Szafnauer, der schon zuvor als großer Oppositioneller gegenüber einer Cost-Cap-Anhebung auftrat, meinte gegenüber LAOLA1: "Wenn man den Teams, die so viel Geld überhaupt haben, solche Erleichterungen gibt, während andere Rennställe so viel gar nicht zur Verfügung haben, wird das Spielfeld mitten in der Saison verschoben. Das ist für mich nicht die fairste Sache."
Zwar habe die FIA den Wünschen der großen Teams nicht vollumfänglich nachgegeben. Aber eine Regeländerung gehe schon prinzipiell immer zugunsten jener, die sie haben wollten.
Er übte sich - wie alle anderen - letztendlich doch in Diplomatie: "Es ist, wie es ist".
Abhaken, nächstes Thema bitte
Das war letztlich auch das einhellige Fazit, mit dem - vorerst - ein Schlussstrich unter das Thema gezogen wurde.
"Ich bin zufrieden, wir haben einen Kompromiss gefunden. Der ist, dass wir alle nicht ganz happy sind. Aber wir müssen weitermachen, es gibt andere Themen, die wir angehen müssen", so Steiner.
Binotto dankte den kleineren Teams für ihre Mitarbeit, denn das Thema habe bereits zeitliche Not: "Einige Teams kämpfen schon" - und meinte damit vor allem die WM-Spitze.
Von Wolff gab es auf dem Weg zur Einigung die Zusage an die kleinen Teams, das Thema nun ruhen zu lassen. Selbst, wenn es gegen Ende der Saison wieder eng wird.
Das wird sich in einigen Monaten weisen. Denn dass es eine enge Angelegenheit bleibt, ändern auch rund vier Millionen US-Dollar an Mehrbudget nirgends.