Die Ankündigung des neuen Mammut-Kalenders mit bis zu 25 Rennen pro Jahr lässt die Formel 1 ächzen. "Das finde ich sinnlos. Die Saison ist heute bereits zu lang", sagt Weltmeister Lewis Hamilton.
Ab 2021 kann die Zahl der Grand Prix von 22 auf bis zu 25 erhöht werden, wie im Zuge des jüngst vorgestellten Reformpakets verkündet wurde.
"Wir sind noch nicht alle überzeugt davon", sagt Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. "Das bedeutet für uns finanziell einen größeren Aufwand. Ich bin nicht sicher, ob sich das rechnet."
Mit dieser Meinung steht der Italiener nicht alleine da. Auch Sebastian Vettel wünscht sich lieber eine Rückkehr zu mehr Qualität statt Quantität, selbst 16 Starts würden dem Ex-Weltmeister genügen. "Aber ich gehe davon aus, mehr Rennen bedeuten eben auch mehr Geld", sagt Vettel und nannte einen entscheidenden Grund für die Expansionspläne.
Die Formel 1 will mit aller Macht schnell weiter wachsen, neue Märkte erschließen und noch mehr Fans gewinnen. Die große Frage für die derzeit zehn Rennställe ist: Zu welchem Preis?
Finanzieller Nachteil für kleinere Teams?
Schon 2020 gibt es einen Rekord-Kalender mit 22 Stationen. Es kommt dabei zur Premiere in Vietnam und zur Rückkehr nach Zandvoort in den Niederlanden.
Künftig soll es auch darum gehen, die Rennen logischer anzuordnen. Denn im kommenden Jahr wird innerhalb von einer Woche erst in Aserbaidschans Hauptstadt Baku und sieben Tage später im 9.000 Kilometer entfernten Montreal in Kanada gefahren. Solche absurden Konstellationen erschweren den Rennställen massiv die Arbeit.
Laut Formel-1-Boss Chase Carey ist es kein Problem, weitere Interessenten an Rennen zu finden. Zugleich betont der US-Amerikaner aber auch, dass es kein Muss sei, jedes Jahr 25 Veranstaltungen zu haben. Doch schon alleine die nun festgehaltene Möglichkeit macht deutlich, dass noch mehr Auftritte von Hamilton und Co. der große Wunsch sind.
"Es geht darum, möglichst viele Berührungspunkte mit Fans oder Medien zu haben. Das wird eine große Herausforderung für uns alle", sagt Renaults Teamchef Cyril Abiteboul.
Zwar sollen die Renn-Wochenenden von derzeit vier auf drei Tage verkürzt werden, "das gleicht meiner Meinung nach aber nicht aus, dass der Kalender erweitert wird", sagt der Franzose und erhält Unterstützung von Kollegin Claire Williams. "Für die größeren Teams wird es einfacher, das Personal zu rotieren. Sie haben mehr Geld für mehr Angestellte", sagt die Britin.
Die größten Sorgen machen sich die Teams um ihre Mitarbeiter. "Es geht darum, den Mitarbeitern nicht noch mehr Druck an nun 25 Wochenenden im Jahr aufzuladen", meint Williams.
Hamilton denkt an die Mechaniker
Während sich die Fahrer laut Vettel "nicht beschweren dürfen", denkt Hamilton an seine vielen Mechaniker, Ingenieure und anderen Angestellten. Schon jetzt leisten diese Enormes, bestreiten neben tausenden Flugkilometern auch lange Arbeitstage in ständig wechselnden Zeitzonen. "Wenn du siehst, wie lange unsere Leute getrennt sind von ihren Familien, dann brauchen sie einfach einen Ausgleich", sagt der 34-jährige Brite.
Für Vettels Boss Binotto gibt es noch viele Punkte, die bei den Reformplänen besprochen werden müssen. "Es kommt darauf an, wo die neuen Rennen stattfinden und wie dann der Ertrag aussieht", meint der Italiener. Grundsätzlich sei er positiv. Wie auch McLaren-Boss Zak Brown, der großen Chancen sieht: "Wenn neue Länder in die Formel 1 wollen, ist das gut und erschließt uns neue Teile der Welt."
Schon länger wünscht sich die neue Spitze der Rennserie neben Austin einen zweiten Stopp in den USA. Miami ist trotz einiger Probleme ein Kandidat, Pläne in New Jersey ließen sich noch nicht realisieren, auch von Überlegungen in Las Vegas ist nichts mehr zu hören. "Die Formel 1 hatte schon zwei Rennen in den USA, warum nicht noch mal?", denkt Vettel und hätte auch nichts gegen einen Grand Prix in Floridas Metropole Miami: "Rennen in der Stadt sind immer besonders."