Montreal ist für Lewis Hamilton ein ganz besonderer Ort. Vor 15 Jahren feierte der Brite dort den ersten Grand-Prix-Sieg seiner Formel-1-Karriere.
Hamilton holte beim Kanada-GP 2007 in seinem gerade mal sechsten Rennen seinen ersten Sieg, als der damalige McLaren-Mercedes-Pilot nach vier Safety-Car-Phasen und Robert Kubicas Horrorcrash mit einem Vorsprung von 4,343 Sekunden vor BMW-Sauber-Fahrer Nick Heidfeld und Alexander Wurz (Williams-Toyota) ins Ziel fuhr. Es war auch das letzte Mal, dass ein Österreicher auf einem Formel-1-Podest stand.
Hamiltons Premierensieg sollte aber noch historischer werden. Was zu dem Zeitpunkt keiner ahnte: Das war nur der erste von sieben Siegen (2007, 2010, 2012, 2015, 2016, 2017, 2019) auf dem Circuit Gilles-Villeneuve. Damit steht er auf einer Stufe mit dem siebenfachen Kanda-Sieger und ebenfalls siebenmaligen Weltmeister Michael Schumacher (1994, 1997, 1998, 2000, 2002, 2003, 2004).
Der achte Erfolg wäre für den "Sir" gleichbedeutend mit der ewigen Nummer eins in der Siegerliste. Und auch, wenn er im unterlegenen "W13" nicht als Topfavorit an den Start geht, ist Startplatz vier keine schlechte Ausgangslage für eine Überraschung (GP von Kanada ab 20:00 Uhr im LIVE-Ticker).
Lange keine derartige Durststrecke mehr
Apropos Siegen: Wenn Hamilton bei seinen zwölf Kanada-Starts nicht gewann, wurde er ein Mal Dritter und ein Mal Fünfter, drei Mal schied er aus. Sah er das Ziel einmal nicht, folgte beim nächsten Kanada-Gastspiel der Sieg.
Und einen dieser Art hätte der Mercedes-Pilot bitter nötig, denn seit Saudi-Arabien 2021 wartete der 103-fache GP-Sieger auf die Rückkehr in die Siegerstraße. Eine Durststrecke von neun Rennen durchlief er zuletzt in der Saison 2013 bzw. beim Saisonauftakt 2014, als er zwischen dem Ungarn-GP 2013 und dem WM-Lauf in Malaysia 2014 nicht gewann.
Aktuell läuft es für den siebenfachen Weltmeister nicht sonderlich rund. In dieser Saison leidet der Mercedes-Star verstärkt am Porpoising des W13-Boliden, klagte in Baku gar über starke Rückenschmerzen. Nur beim Auftakt in Bahrain sprang eine Podestplatzierung (Platz 3) heraus.
In seiner aktuellen schwierigen Situation macht Hamilton vielleicht ein Blick zurück auf seine bisherigen Kanada-Triumphe Mut.
Horrorcrash überschattet Hamiltons ersten Sieg
2007 hatte der junge Hamilton bei seinem erst sechsten Formel-1-Start an der Spitze das Rennen fest im Griff, bevor in Runde 22 das Safety Car aufgrund des Crashs von Adrian Sutil (Spyker) das Feld einbremste. Beim Restart in Runde 26 hing Robert Kubica (BMW-Sauber) hinter Jarno Trulli (Toyota) fest, war allerdings sichtlich schneller.
Der Pole hatte im Zweikampf gegen den Monaco-GP-Sieger 2004 Pech. Weil Trulli Kubica im Spurt auf die Haarnadel-Kurve (Kurve 11) abdrängte, knallte dieser ungebremst in die Betonwand. Der F1.07 zerbrach spektakulär, Kubica schlitterte ohne Kontrolle über den Boliden quer über die Fahrbahn und kam an der Leitplanke in Seitenlage zum Erliegen.
Die bangen Minuten unterstrich der ehemalige F1-Kommentator Jacques Schulz mit den Worten: "Mensch, rühr dich. (Dieser Unfall, Anm.) ist der pure Formel-1-Horror." Was zu dem Zeitpunkt noch keiner wusste: Kubica hat wohl alle Schutzengel auf einen Schlag aufgebraucht und kam ohne Langzeit-Folgen davon. Hamiltons Premieren-Sieg wurde da fast zur Nebensache.
Nach dem Erfolg 2010 raste Hamilton auch 2012 aufs oberste Podest. Damit entschädigte er sich auch persönlich für das Aus im Regen-Chaos 2011, als er mit McLaren-Teamkollege Jenson Button kollidierte.
Seit dem Beginn der Hybrid-Ära machte Hamilton noch kürzeren Prozess mit der Konkurrenz: Nur die Rennen 2014 und 2018 gewann nicht der Mann aus dem britischen Stevenage.
Sennas Helm machte Hamilton sprachlos
Für Hamilton ist der Circuit Gilles Villeneuve nicht nur aufgrund seines ersten F1-Sieges besonders. Der siebenfache Weltmeister stellte beim Qualifying zum Kanada-GP 2017 den Pole-Position-Rekord von Vorbild und F1-Legende Senna ein.
Bei der Zeremonie zur Egalisierung der 65 ersten Startplätze von Senna erhielt Hamilton einen im Rennen getragenen gelben Helm des dreifachen Weltmeisters. Unvergessen bleibt die Sprachlosigkeit des Mercedes-Piloten, der nicht mehr als ein unbegreifliches "Wow" über die Lippen bekam.
Das Rennen gewann der 103-fache GP-Sieger zum sechsten Mal klar vor seinem damaligen Teamkollegen Valtteri Bottas und Ex-Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo.
Als Hamilton als Zweiter ins Ziel fuhr und trotzdem gewann
Der Kanada-GP 2019 gehört definitiv zu einem der diskussionswürdigsten in der modernen Formel-1-Geschichte.
Eigentlich überquerte Hamilton hinter Ferrari-Pilot Sebastian Vettel den Zielstrich, doch weil der Deutsche eine Fünf-Sekunden-Strafe erhielt, wurde Hamilton zum Sieger erklärt.
Inmitten des Trubels und der Diskussionen ging Hamiltons Rekord beinahe unter: Die Bestmarke in Punkto Kanada-Erfolgen von Michael Schumacher, der bis dahin alleiniger Spitzenreiter in der Siegerliste war (7x), wurde vom einstigen Kontrahenten egalisiert.
Ob es Hamilton noch schafft, sich mit dem achten Sieg den alleinigen Rekord zu sichern, wird sich weisen.