War es knallhartes Racing, war es ein Rausdrücken von Oscar Piastri oder ein (vorsetzliches) Abkürzen von Max Verstappen?
So oder so, Fakt ist: Der Vorfall in der Startphase des Grand Prix von Saudi-Arabien (zum Rennbericht >>>) auf dem engen Stadtkurs von Jeddah sorgt für Diskussionen und unterschiedliche Ansichten bei McLaren und Red Bull Racing.
Rad-an-Rad, aber ohne Kontakt, zwängen sich Rennsieger Piastri und Pole-Setter Verstappen, der "Fahrer des Tages" wird, durch die erste Kurvenkombination. Das Resultat: Piastri ist gerade so noch innerhalb der weißen Linien, Verstappen muss, auch um eine Kollision zu verhindern, den Notausgang nehmen und kürzt in der Folge ab.
Fast zeitgleich mit dem Geschehen herrscht reger Betrieb am Funk, sowohl Neo-WM-Leader Piastri als auch sein Kontrahent aus dem Red-Bull-Team bekräftigen, dass sie der rechtmäßige Leader sind.
Und was machen die Stewards rund um Ex-Pilot Enrique Bernoldi? Sie leiten eine Untersuchung ein, zum Ende der Safety-Car-Phase - ausgelöst durch einen Tsunoda-Gasly-Crash - steht fest, dass Verstappen eine Fünf-Sekunden-Strafe erhält.
Der Niederländer behält auf der Strecke die Führung, weil er diese aber beim Boxenstopp absitzt, zieht Piastri vorbei und siegt schlussendlich ungefährdet. Der McLaren-Star feiert in der Dunkelheit der Millionenmetropole seinen dritten Saisonsieg und ist der erste Australier seit Mark Webber 2010 - damals im Red Bull -, der die WM-Führung in der Hand hält. Verstappen wird hingegen Zweiter.
Ergebnis des Grand Prix von Saudi-Arabien >>>
McLaren-Boss Brown: Fahrer "muss auf der Rennstrecke bleiben"
Die Meinungen zum Vorfall sind - verständlicherweise - zweigeteilt. "Oscar war ganz klar auf der Innenseite", wird McLaren-CEO Zak Brown von "motorsport-total.com" zitiert, ehe der US-Amerikaner ergänzt: "(Er, Anm.) hatte den besseren Start und (Verstappen, Anm.) muss auf der Strecke bleiben."
Aufgrund des Abkürzens sei für Brown deshalb logisch, dass Verstappen die Zeitstrafe erhalten hat, betont, dass diese gar "definitiv verdient" sei. Ganz so klar drückt es Teamchef Andrea Stella hingegen nicht aus.
Der Italiener stellt sich im "ORF" der Frage und erklärt: "Es war eng, aber ich würde sagen, dass Oscar am Scheitelpunkt vorne war. Er hatte das Recht auf die Linie in der Kurve." Der Australier habe anschließend ein Rennen gezeigt, das jenes eines gestandenen "Routiniers" glich und habe sich "den Sieg verdient".
Marko: "Diese Inkonsequenz kann man nicht nachvollziehen"
Den Vortritt beim "ORF" hat allerdings Dr. Helmut Marko. Der Steirer gibt sich nicht einverstanden mit dem Strafmaß gegenüber Starfahrer Verstappen. Zwar sei "der Start von Piastri besser" gewesen, aber: "Max hat dann später gebremst und ist als Erster in die Kurve."
Nicht das harte Racing oder das vermeintliche Rausdrücken von Piastri habe Red Bulls Motorsportberater verärgert, sondern die Entscheidungsträger. "(Am Nachmittag, Anm.) haben wir beim Formel-2-Rennen solche Situationen mehrmals gesehen und die ärgste Beanstandung war eine Verwarnung", poltert der Grazer und ergänzt: "Diese Inkonsequenz kann man nicht nachvollziehen."
Dennoch hakt der ehemalige Rennfahrer aufgrund der Umstände des Starts und der ersten Kurve den Vorfall als "Rennunfall" ab und unterstreicht, dass man keine Berufung gegen die Fünf-Sekunden-Strafe einlegen werde. "(Die Möglichkeit, Anm.) gebe es theoretisch, aber da müsste man neue Fakten schaffen. Aber in der Kamera war alles zu sehen. Wir werden keinen Protest einlegen."
Eines glaubt Marko sicher zu wissen: Verstappen hätte den Grand Prix auf der Arabischen Halbinsel ohne Strafe gewonnen. "Ja, weil der Reifenverschleiß überraschend war. Wir haben keinerlei Probleme gehabt", betont er.
Das sagen Piastri und Verstappen
Doch was sagen eigentlich die beiden Piloten zum Vorfall?
Piastri meldet sich bei den Post-Race-Interviews mit Ex-Formel-1-Fahrer David Coulthard unmittelbar nach dem Aussteigen zuerst zu Wort. Der Australier habe, sobald er die Innenlinie auf dem Weg zur Kurve belegt hatte, "es probiert", vorbeizuziehen. Für den fünffachen GP-Sieger ist klar: "Ich war auch weit genug vorne."
Auf der Gegenseite lässt sich Verstappen keinen Kommentar entlocken, gibt sich ungewohnt zurückhaltend. Gegenüber Coulthard dankt er zunächst den Fans, im "ORF" holte er anschließend etwas weiter aus: "Ich habe natürlich meine eigene Meinung. Aber das ist egal. Ich rede nicht darüber, ich möchte nicht negativ sein."
Der Vorfall im Video:
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— Formula 1 (@F1) April 20, 2025
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Lights out! It's a chaotic start to the Saudi Arabian Grand Prix!! 😲#F1 #SaudiArabianGP pic.twitter.com/VbWKlrLmmt