Während sich Mercedes nach dem ersten Saisonsieg beim Grand Prix von Brasilien im Jubeltaumel befand (HIER nachlesen >>>), hing der Segen im Hause Red Bull schief.
Nachdem Max Verstappen ein Rennen zum Vergessen erlebte - der Niederländer crashte früh im Rennen mit Lewis Hamilton, erhielt eine Fünf-Sekunden-Strafe und fiel weit zurück - sich aber im Verlauf der 71 Runden wieder nach vorne und vorbei an Sergio Perez kämpfte, sollte er den Teamkollegen in der Schlussrunde wieder vorbeilassen.
So war es beim Weltmeister-Team zumindest ausgemacht, zuvor ließ Perez den zweifachen Formel-1-Champion ohne große Widerworte passieren, damit dieser Fernando Alonso und Charles Leclerc jagen kann. Doch der 25-Jährige kam weder an dem einen, noch an dem anderen vorbei und so kam in der letzten Runde die unmissverständliche Teamorder.
Sein Renningenieur Gianpiero Lambiase funkte: "Max, lass bitte 'Checo' vorbei." Die Reaktion blieb jedoch aus, Verstappen fuhr als Sechster vor Perez, der gegen den nun punktegleichen Leclerc um den zweiten WM-Platz fährt, ins Ziel. Der Mexikaner, der ebenfalls den Hinweis bekam, dass sein Teamkollege ihn wieder vor lassen würde, war stinksauer.
"Ja, danke dafür, Jungs! Danke!", reagierte er nach Überqueren der Ziellinie. Teamchef Christian Horner schaltete sich ein: "Es tut mir leid, Checo." Perez-Ingenieur Hugh Bird fügte an: "Wir werden das alles nachbesprechen." Doch Perez war verbittert: "Das zeigt, wer er wirklich ist!"
(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)
Die Funksprüche zum Nachhören:
Tension after the flag for Max and Checo 🏁#BrazilGP #F1 pic.twitter.com/hyEX5OZwa9
— Formula 1 (@F1) November 13, 2022
Vorfall in Monaco brachte Verstappen zur Weißglut
Verstappen befand sich in Erklärungsnot. Noch im Cockpit fragte Lambiase ihn, was passiert sei. Der Niederländer erwiderte: "Ich habe es euch schon letzten Sommer gesagt. Fragt mich das nicht noch einmal, okay? Ist das klar? Ich habe meine Gründe genannt. Und ich stehe dazu."
Welche Gründe das allerdings sind, dazu schweigt Verstappen später auch vor den Medien. Immer wieder war ein lapidares "Ich habe meine Gründe" zu hören. Im "Sky"-Interview erklärte er nur, er wolle diese Gründe nicht hier nennen. Es sei in der Vergangenheit jedoch etwas vorgefallen, bestätigt der zweifache Weltmeister.
Eine Theorie stellte der niederländische TV-Experte Tom Coronel, der für "Viaplay" arbeitet und der Verstappen-Familie nahe steht, auf. Demnach soll Perez im diesjährigen Monaco-Qualifying absichtlich verunfallt sein und dies später auch Helmut Marko und Christian Horner gebeichtet haben.
In Monte Carlo drehte sich Perez im dritten Quali-Abschnitt in Kurve acht in die Bande und sorgte dafür, dass wenige Sekunden vor Ende der Session die Rote Flagge geschwenkt werden musste. Damit sicherte der Mexikaner seinen dritten Startplatz vor Verstappen ab und fuhr am Rennsonntag zum Sieg.
Der Niederländer soll davon Wind bekommen haben und diesen Vorfall nicht vergessen haben.
Perez von Verstappen enttäuscht
Ob dies der wahre Grund für Verstappens Verhalten ist, wird von Red Bull nicht bestätigt. Perez jedenfalls hatte "keine Ahnung", welche Gründe sein Teamkollege vorzuweisen hat. "Vielleicht sollte man ihn danach fragen. Aber ja, ich habe da nichts dazu zu sagen", antwortete er und war vom Verhalten des 25-Jährigen enttäuscht.
"Ich bin wirklich überrascht. Nach allem, was ich für ihn getan habe, ist das etwas enttäuschend, wenn ich ehrlich bin." Seine zwei WM-Titel habe Verstappen Perez zu verdanken, wurde der Mexikaner im spanischen Fernsehen noch deutlicher.
Damit spielt er unter anderem das letztjährige WM-Finale in Abu Dhabi an, als er erst Lewis Hamilton aufhielt und dann den RB-Kollegen durchwank.
"Sie haben das besprochen und sich die Hände geschüttelt"
Direkt nach dem Rennen ordnete Red Bull Racing eine schnelle Krisensitzung an, um die Wogen zu glätten. Neben Teamchef Horner und Motorsportchef Marko waren auch Verstappens Manager Raymond Vermeulen sowie beide Piloten dabei.
Dabei soll es zum Handshake gekommen sein, wie Horner verriet: "Sie haben das besprochen und sich die Hand geschüttelt." Nähere Details waren den Verantwortlichen jedoch nicht zu entlocken, sowohl Horner als auch Marko gaben sich in diversen TV-Interviews wortkarg.
Intern sei nun alles geklärt und Perez können in Abu Dhabi auf die Unterstützung des Weltmeisters bauen, meinte Marko. "Wir arbeiten als Team und die Prämisse ist Abu Dhabi und Max wird alles unternehmen, um Sergio diesen zweiten Platz zu ermöglichen. Mehr kann ich dazu nicht sagen."
Horner ergänzte, dass beide Fahrer "sehr klare Standpunkte haben." Er werde nicht sagen, was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde. Die größere Diskussion sei ohnehin, "warum uns heute und an diesem Wochenende die Pace gefehlt hat", so Horner. "Alles kommt auf den Tisch. Und dann geht es weiter."
Perez kann in Abu Dhabi auf Verstappens Hilfe bauen
Auf die Nachfrage, ob sich Verstappen mit seinem Verhalten über das Team stelle, verneinte der Engländer: "Wir arbeiten und racen als ein Team. Unser Ziel ist es, Checo den zweiten WM-Platz zu ermöglichen. Das haben wir als Team bisher nie erreicht. Max steht dahinter. Wenn er irgendwie helfen kann, wird er das tun."
Der Niederländer begrüßte die Aussprache im Team und betonte: "Wir haben alles auf den Tisch gelegt. Natürlich verstehe ich auch Checos Perspektive. Er ist enttäuscht. Aber ich habe auch meine Gründe genannt, warum ich es nicht gemacht habe - aufgrund eines Vorfalls in der Vergangenheit", wiederholte er.
"Und jetzt schauen wir nach vorne. Checo und Charles gehen punktgleich nach Abu Dhabi. Und wenn er Hilfe braucht, um vor Charles anzukommen, dann werde ich ihm helfen", gibt Verstappen an, dem Mexikaner beim letzten Saisonrennen unter die Arme greifen zu wollen.
Es sei aber gut, "dass wir darüber gesprochen haben. Das hat alles klargestellt, was da im Raum stand und weshalb ich es nicht gemacht habe", schließt Verstappen ab.