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Formel-1-Auftakt in Australien abgesagt

Nach einer stundenlangen Farce ringen sich die Verantwortlichen durch:

Formel-1-Auftakt in Australien abgesagt Foto: © GEPA

Im allerletzten Moment, zwei Stunden vor dem Start in das erste freie Training zum Grand Prix von Australien in Melbourne, dem Saisonauftakt der Formel 1, ringen sich die Verantwortlichen durch: Das Rennen wird aufgrund der Bedrohung durch das Corona-Virus offiziell abgesagt.

Nachdem im Laufe des Tages ein Mitarbeiter des McLaren-Teams positiv auf den Erreger SARS-CoV-2 getestet wurde, sich das Team proaktiv aus dem Grand Prix zurückzog und weitere Verdachtsfälle bei Haas F1 auftauchten, wurde die Absage bereits von vielen Seiten gefordert.

Erst kurzfristig vor der ersten Session erfolgt nun tatsächlich die Absage.

Mehrheit der Teams für Absage

In Gesprächen mit den neun verbleibenden Teams sei eine Mehrheit dafür gewesen, den Grand Prix abzusagen, heißt es in einem Statement der FIA, Formel 1 und Veranstalter "Australian Grand Prix Corporation" (AGPC).

Berichten zufolge hätten zuletzt nur mehr Red Bull Racing, Schwesterteam AlphaTauri und Racing Point eine Durchführung befürwortet. Die Ticketbesitzer erhalten ihr Geld zurück.

Die Formel 1 musste wegen der Epidemie bereits das für den 19. April in China geplante Rennen verschieben. Der Grand Prix von Bahrain am 22. März wird im besten Fall und aus Sicherheitsgründen vor leeren Rängen ausgetragen.

Die anschließend angesetzte Vietnam-Premiere in Hanoi am 5. April steht auf der Kippe. Es wäre also nicht ausgeschlossen, dass die Formel 1 in diesem Jahr frühestens am 3. Mai in Zandvoort in den Niederlanden in die Saison startet.

Absage wird zur stundenlangen Farce

Vor der krachenden Nachricht von McLaren hatte Weltmeister Lewis Hamilton die Austragung des Formel-1-Auftakts in Australien scharf kritisiert. "Ich bin sehr, sehr überrascht, dass wir hier sind", äußerte der Titelverteidiger sein Unverständnis. "Ich denke, es ist großartig, dass wir Rennen haben können, aber für mich ist es schockierend, dass wir alle in diesem Raum sitzen."

Das neue Coronavirus hat sich inzwischen in mehr als 110 Ländern ausgebreitet. Die Weltgesundheitsorganisation spricht von einer Pandemie.

Seidl und McLaren-Geschäftsführer Zak Brown informierten die Bosse der Formel 1 und den Motorsport-Weltverband FIA am Abend über ihren Entschluss. "Die Entscheidung wurde aus einem Gefühl der Vorsorge nicht für die Formel-1-Angestellten von McLaren und Partner getroffen, sondern auch für die Wettbewerber, die Formel-1-Fans und die Anteilseigner der Formel 1", hieß es in der Mitteilung.

Eine Verschärfung der Lage trat aber ein. "Ich würde hoffen, dass es nicht so weit kommt", hatte Vettel zu einer eskalierenden Situation rund um den Albert Park Circuit gesagt. "Wenn es soweit kommen sollte, dann zieht man auf jeden Fall die Bremse."

Vettels Plan für dieses Wochenende sah eigentlich vor, sich mit seinem auf den Namen "Lucilla" getauften neuen Ferrari-Dienstwagen einen Schub für seine Titelmission zu verschaffen. Das ist erstmal aufgeschoben. "Wie Lewis gesagt hat, ist es angemessen zu fragen, warum man hier ist."

Hamilton verwies unter anderem darauf, dass zum Beispiel andere Sportarten wie die NBA der Coronavirus-Krise mit einer Unterbrechung ihres Spielbetriebs begegnen. "Es scheint, als ob der Rest der Welt reagiert", sagte der sechsmalige Weltmeister, der in diesem Jahr den Titelrekord von Michael Schumacher einstellen will.

Und die Formel 1? Sowohl Geschäftsführer Chase Carey als auch FIA-Boss Jean Todt gerieten nach der McLaren-Entscheidung und langem Schweigen unter Zugzwang. Sie wollten dieses Rennen unbedingt austragen wie auch der lokale Veranstalter, dem der Grand Prix eigentlich viel Geld einbringen sollte.

"Geld regiert die Welt"

Der Bundesstaat Victoria lässt sich das Spektakel dem Vernehmen nach alleine rund 60 Millionen australische Dollar kosten, das sind umgerechnet etwa 35 Millionen Euro. "Geld regiert die Welt", antwortete Hamilton bei der Pressekonferenz auf die Frage, warum man am Rennen festhalten wollte. "Um ehrlich zu sein, weiß ich es aber nicht." Die Menschen im Land seien besorgt, stellte Hamilton fest. "Wir bringen einen ziemlich großen Zirkus hierher. Es ist definitiv für mich beunruhigend."

Im Fall von positiven Tests wurde von Regierungsseite im Bundesstaat Victoria längst die Notbremse ins Spiel gebracht. "Wir haben diesen Zeitpunkt noch nicht erreicht, an dem wir diese extremen Maßnahmen ergreifen müssen", hatte die zuständige Gesundheitsministerin, Jenny Mikakos, gesagt. "Wir werden aber nicht zögern, diese Schritte zu ergreifen, wenn wir diesen Hinweis bekommen." Extreme Maßnahmen wurden dann nach stundenlangen Beratungen doch ergriffen.

Die Formel 1 versuchte zuvor, die Lage mit Vorsorgemaßnahmen im Fahrerlager irgendwie unter Kontrolle zu halten. Es gab zusätzliche Möglichkeiten zur Handdesinfektionen, die Rennställe gingen auf Distanz. So nahm Haas-Teamchef Guenther Steiner zum Beispiel hinter einem schwarzen Absperrband Platz, um Abstand zu Journalisten zu wahren.

Am Ende legte die Formel 1 eine Vollbremsung ein.

 

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