Wie vergeige ich eine WM in fünf Wochen? Die Antwort gibt in diesem Jahr Ferrari.
Lag Sebastian Vettel nach dem Rennen in Monza Anfang September drei Punkte hinter Lewis Hamilton, sind es nach dem Ausfall in Suzuka 59.
Die Bilanz der "Asien-Tour" (Singapur, Malaysia, Japan) ist aus Sicht der Italiener verheerend: Nach dem folgenschweren Start-Unfall in Singapur konnte Vettel nur in Sepang als Vierter nach einer Aufholjagd vom letzten Startplatz noch punkten.
Während die Scuderia in dieser Zeit magere 22 Zähler einheimste, staubte Mercedes fast das Fünffache davon ab (108) und Red Bull 94 Punkte. Sogar Force India war mit 34 Zählern klar erfolgreicher als der Rennstall aus Maranello.
Laut Vettel war eine defekte Zündkerze schuld am frühen Aus in Suzuka: "Gegen Ende der Runden, um das Auto auf das Grid zu fahren, haben wir schon das Problem bemerkt, und dann in der Formationsrunde. Wir hatten keine Leistung, am Start schon nicht", erklärt der Deutsche.
Defekte kommen "aus dem Nichts"
Was genau das Problem ausgelöst hat, wisse man noch nicht. "Am Motor war nichts, es war eine Zündkerze, die war auch eingefahren. Wenn wir es wüssten, hätten wir es vermieden", so Vettel.
Auch Kimi Räikkönen, der von Platz zehn auf Platz fünf nach vorne fuhr, ist ratlos: "Die Probleme kommen aus dem Nichts. Es ist etwas merkwürdig, denn am Samstag ist noch alles in Ordnung."
Besonders bitter war Vettels Defekt, weil er sich durchaus Siegchancen ausgerechnet hatte - wie schon in Singapur und Malaysia.
Die Enttäuschung sei groß, "weil ich glaube, dass ich mit dem Start, den ich hatte, schon vorbeiziehen hätte können", meint der 30-Jährige. Die im Vergleich zum Samstag höhere Streckentemperatur hätte eventuell ein Vorteil für Ferrari sein können.
Auf den ersten Metern kam er zwar gut weg, konnte dann aber offenbar nicht die volle Leistung abrufen.
Ein Fahrer nach dem anderen überholte den Vierfach-Weltmeister, der laut eigener Aussage alles Mögliche versuchte, indem er die Systeme auf Reset schaltete. Dann erreichte ihn der Funkspruch: "Box, Sebastian, Box. Wir müssen das Auto wohl abstellen."
WM-Rivale Mercedes äußert Mitleid
Ausgerechnet vom großen WM-Rivalen Mercedes erntet Ferrari nun Mitleidsbekundungen. "Sie haben wirklich den Wurm drinnen. Ein Rennen ist schlechter als das andere. Haltbarkeit ist natürlich ein Thema. Daran haben wir in den letzten Jahren immer gearbeitet - aber das ist schon schlimm", sagt Motorsportchef Toto Wolff.
Aufsichtsratschef Niki Lauda ergänzt: "Vettel tut mir so langsam leid. Auf der einen Seite denkt man: 'Gott sei Dank er und nicht wir', aber so will kein Mensch Rennen gewinnen. Ich weiß nicht, was bei Ferrari los ist."
Vettel nahm sein Team demonstrativ in Schutz, auch Teamchef Arrivabene versucht zu beschwichtigen: "Wir wissen, dass das Auto, die Fahrer und das Team die Pace haben."
Zeigen konnte es das Team einmal mehr nicht. Es kommt nicht von ungefähr, dass nach dem Rennen in Japan über unmittelbare personelle Konsequenzen bei Ferrari spekuliert wird. Vettel bezeichnet diese als "Quark".
Muss Teamchef Arrivabene gehen?
"Dass solche Dinge halt passieren, ist bitter, gerade in so einem Moment. Ich will nicht sagen, es gehört dazu. Ja, manchmal trifft es einen. Wir wissen, wir haben das Paket, um in den letzten vier Rennen gut abzuschneiden. Das ist es, worauf wir uns konzentrieren. Den Rest werden wir sehen", so der Heppenheimer.
Dass Ferrari-Präsident Sergio Marchionne noch lange zusehen wird, darf bezweifelt werden. Schon nach dem Heimrennen in Monza, bei dem Vettel zufriedener Dritter wurde, haute der 65-Jährige auf den Tisch: "Wir haben es einfach versaut. Das Setup war falsch, wir haben die Strecke unterschätzt."
Nach den Rennen in Singapur und Sepang legte Marchionne nach: "Wir hätten in beiden Rennen einen Doppelsieg holen können. Ein Problem während des Rennens zu haben, macht mich wütend."
Danach kündigte der Ferrari-Boss Nachbesserungen in der Qualitätskontrolle und organisatorische Änderungen an. Personelle Konsequenzen auf höchster Führungsebene waren damit nicht gemeint - vorerst.