Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
War es am Samstag noch Lewis Hamilton, der Sebastian Vettel mit einer Fabelrunde im Qualifying das Lächeln aus dem Gesicht zauberte, jubelt am Sonntag der Ferrari-Pilot über den Rennsieg vor dem regierenden Weltmeister.
Doch wie konnte es dazu kommen? Nach dem gewonnenen Start hatte Hamilton die Sache eigentlich im Griff, doch nach seinem Boxenstopp nahmen die Dinge ihren Lauf.
Vettel blieb auf der Strecke, dann passierten die Fehler an der Box bei Haas, Romain Grosjean rollte aus, das Virtual Saftey Car wurde aktiv und als der Deutsche dann in Runde 26 seine Reifen wechselte, kam er hauchdünn vor Hamilton wieder retour.
Das war der Zeitpunkt, als den Verantwortlichen bei Mercedes das Gesicht einschlief. Nach dem Rennen versucht Toto Wolff, das Problem zu erklären.
Wolff: Software-Fehler bei Mercedes
"Wenn du unter VSC stoppst, brauchst du mindestens 15 Sekunden Vorsprung, um deine Führung zu halten. Sebastian hatte nur zwölf Sekunden Vorsprung, also haben unsere Systeme gesagt: 'Alles unter Kontrolle'. Aber wir sind hinter ihm herausgekommen", sagt der Wiener im ORF-Interview.
"Wir dachten, dass wir einen Vorsprung von drei Sekunden haben. Ich weiß nicht, wo die hin verschwunden sind. Da müssen wir unsere Computer fragen", ergänzt er gegenüber "Sky Sports F1".
Der Fehler lag also eindeutig an der Kommandozentrale: "Vielleicht haben wir ein Software-Problem, das müssen wir sofort beheben. Das Problem liegt in unserem System."
Hamilton beklagte zudem, dass er nicht über Vettels Boxenstopp informiert wurde und somit nicht reagieren konnte.
Kritik am Virtual Safety Car
Mercedes musste neben Vettel aber auch Kimi Räikkönen im Blick haben, der vor Hamilton an die Box kam. "Wir mussten auf den Räikkönen-Stopp reagieren, damit wir nicht von einem Undercut getroffen werden. Wenn dann ein Safety-Car kommt, verlierst du eben", so Wolff bei RTL.
Die Konkurrenz aus dem Hause Red Bull glaubt daher nicht an einen Patzer der Silberpfeile, sondern einfach an Pech.
"Sie haben keinen Fehler gemacht, sondern sich einfach nur auf Kimi konzentriert. Durch das Virtual Safety Car brauchst du in der Box praktisch nur mehr 13 Sekunden statt 23. So hat Vettel zehn Sekunden geschenkt bekommen. Das kann man nicht planen, das ist einfach Glück", findet RBR-Teamchef Christian Horner.
Der Brite kritisiert die Verwendung des Virtual Safety Cars: "Ich bin kein großer Fan davon. Es neutralisiert zwar das Rennen, aber der Vorteil beim Boxenstopp ist signifikant. Es geht einfach nur um Glück oder Pech."
So bleibt Mercedes zwar die Erkenntnis, bislang das schnellste Auto im Feld zu haben, das reicht aber eben nicht immer zum Rennsieg.
Vettel: Kein gestohlener Sieg
So jubelt Vettel über seinen 48. Grand-Prix-Sieg. "Erst als ich in Führung lag, war mir klar - da geht was. Zuvor war Lewis der schnellste Mann", muss er zugeben.
"Wir konnten davon profitieren, dass bei solchen Bedingungen der Stopp nur halb so lang dauert. Auf Soft-Reifen fühlte ich mich dann viel wohler als auf Ulrasofts", erklärt der 30-Jährige nach seiner 100. Podiums-Platzierung in der Königsklasse.
Von einem gestohlenen Sieg will Vettel aber nicht sprechen: "Wir hatten im letzten Jahr ein paar Situationen, in welchen es gegen uns gelaufen ist. Dieses Mal lief alles für uns, das nehme ich gerne."
Lob kommt nach dem Triumph der Scuderia auch vom oft so kritischen Ferrari-Boss Sergio Marchionne. "Das ist die bestmögliche Belohnung für das Team, das ein konkurrenzfähiges Auto gebaut und eine perfekte Strategie ausgeführt hat, um den Vorteil im Rennen auszuspielen", sagt der 65-Jährige.
Vettel: Das muss Ferrari noch verbessern
Aufgrund der überragenden Mercedes-Pace weiß Ferrari aber, dass noch viel zu tun ist. "Das ist noch eine lange Saison mit 20 weiteren Rennen. Daher dürfen wir nicht zu viel feiern. Schließlich wissen wir, dass noch viel Arbeit vor uns liegt", so Marchionne.
"Wir haben noch Hausaufgaben zu erledigen. Wenn wir vorne starten können, dann sieht das alles ganz anders aus. Ich bin mit der Balance des Autos noch nicht happy. Ich weiß genau, was ich von einem Rennwagen fühlen möchte, wie es beim Einlenken, wie es beim Bremsen liegen soll. Das ist noch nicht ideal", weiß Vettel, wo sich sein SF71H noch verbessern muss.
Den Sticheleien Hamiltons vom Samstag lässt er nach seinem Sieg keine verbale Retourkutsche folgen: "Erstens hat Lewis einen Witz gemacht, zweitens sind wir Erwachsene und stehen über solchem Kinderkram. Wir sind zwei komplett verschiedene Menschen, aber dennoch respektieren und schätzen wir uns."