Die Formel 1 gastiert ab 2023 im US-Glücksspielparadies Las Vegas und ermöglicht neben Austin und Miami einen dritten Grand Prix in den USA.
Zuerst steigt aber am kommenden Sonntag das erste US-Gastspiel in Miami (LIVE-Ticker>>>), bevor es den Tross im diesjährigen Herbst nach Austin zieht.
Der "Miami Grand Prix", der sich neben den seit 2012 etablierten Austin-Lauf einreiht, provoziert damit aber nicht zum ersten Mal in der F1-Geschichte zwei Rennen binnen einer Saison in den Staaten.
Doch auch wenn das zweifache Gastspiel durch die Florida-Ergänzung verlockend klingt und als Teaser für Las Vegas in der nächsten Saison gesehen werden kann, stellt sich die Frage: Braucht es wirklich drei US-Rennen? Könnte es nicht zur einer Übersättigung wie 1982 kommen?
Die Schmach vom Caesars Palace
Die Formel 1 blickt in den USA auf eine 57-jährige Geschichte zurück. Seit den 1950er-Jahren wurde in jedem Jahrzehnt mindestens zweimal gefahren. Nicht zu vergessen natürlich, dass das Indy 500 einst als WM-Lauf galt.
Aber auch das US-Triple Anfang der 1980er-Jahre, als Las Vegas, Detroit und Long Beach Teil des F1-Kalenders 1982 waren, ist noch in den Köpfen einiger Fans. Der Schweizer Marc Surer fuhr damals im Arrows-Ford beim "Formel-1-unwürdigsten Grand Prix" in der Glücksspielmetropole mit.
Der nunmehrige Experte äußerte aufgrund der Wiederbelebung des Las-Vegas-Gastspiels gegenüber "Formel1.de" seine Bedenken: "Als ich hörte, dass ab 2023 wieder in Las Vegas gefahren wird, kamen mir sofort schlechte Erinnerungen hoch. Wir sind damals auf dem Caesars-Palace-Parkplatz rumgefahren, es war absolut Formel-1-unwürdig."
"Ich kann nur hoffen, dass die neue Strecke attraktiver sein wird. Wir sind praktisch ohne Zuschauer gefahren. Was allerdings funktioniert hat: Jede Menge Prominente waren da. Diana Ross hat die Pokale übergeben, ich habe Paul Newman kennengelernt“, merkte der 82-fache GP-Starter an.
Las Vegas als Upgrade zu Miami?
(Artikel wird unter dem VIDEO fortgesetzt)
Am Sonntag soll in Miami der erste US-GP auf einem Stadtkurs seit Phoenix 1991 stattfinden. Der geplante Hochgeschwindigkeits-Kurs, dessen zwei längste Geraden eine kombinierte Länge von 2,6 Kilometern haben, soll die Einzigartigkeit rund um das Hard Rock Stadium markieren. Als "Bonus" kommt die Unterfahrung eines Autobahnkreuzes hinzu.
Oder anders ausgedrückt: Eine Jeddah- und Baku-Kopie, nur eben "dank" F1-Inhaber Liberty Media amerikanisiert. Und weil eben ein solcher Streckentyp in den Staaten gleich zweimal vorhanden sein soll, dürfen wir 2023 dem Grand Prix rund um den Las-Vegas-Strip entgegenfiebern.
Der Markt wäre allerdings perfekt, denn der Las-Vegas-Lauf soll am Thanksgiving-Samstag stattfinden, noch dazu als Nachtrennen. Damit weicht die Königsklasse der NASCAR und IndyCar aus, die dann das Saisonende eingeläutet haben. Und: Die Prime-Time wird anvisiert, weswegen die besten TV-Quoten erwartet werden dürfen.
Warum setzt die Formel 1 nicht auf US-Tradition?
Der US-Grand-Prix auf den Straßen von Las Vegas sorgt für eine berechtigte Frage: Warum nicht einen US-Traditionskurs als dritte Rennstrecke in den Kalender aufnehmen?
Zwar erhält nach der Las-Vegas-Nominierung Liberty Media Zuspruch vom Red-Bull-Piloten Sergio Perez sowie Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr., doch die Formel 1 sollte nicht ihre europäischen Traditionskurse missen, wie es seitens mehrerer Fahrer heißt.
Und genau dies ist der Knackpunkt: Die USA hat reichlich Traditionskurse inpetto. Von Road Atlanta bis Laguna Seca oder Road America bis Sebring lebt die Historie der Asphaltbänder, die durch diverse Serien unzählige Geschichten geschrieben und für ebenso viele Anekdoten gesorgt hat.
Eine Abweichung stellt ausgerechnet der Circuit of The Americas da, der 2012 eingeweiht wurde und als jüngste Heimat des "Grand Prix der USA" dient. Die Hermann-Tilke-Strecke erfüllt alle Vorgaben, um als "Grad 1"-Strecke (notwendige Einstufung, um F1-Rennen austragen zu dürfen, Anm.) klassifiziert zu werden. Die gleiche Bewertung gilt US-weit nur für den Miami-Stadtkurs und den Indianapolis Motor Speedway.
Was wäre mit Indianapolis?
Der Gedanke kommt nicht von ungefähr, denn Indianapolis hat Formel-1-Vergangenheit. Klar, das Reifen-Fiasko von 2005 (Michelin-Teams starteten aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht, Anm.) sitzt beim älteren Formel-1-Fan noch tief. Aber die NTT IndyCar Series hat bewiesen, dass seit dem Umbau 2014 gutes Racing möglich ist.
Die Kurven 5/6 bilden eine schnelle Links-Rechts-Passage, die Kurven 7 bis 10 sind insgesamt flüssiger. Und die Schikane vor der Steilkurve sorgt für die nötige Entlastung der Reifen. Also warum nicht noch weiter gehen und gar einen "Double-Header" mit der US-Formelserie machen?
Ein solcher "Super-Sonntag" wäre eine Möglichkeit, bei der beide Formelserien in ihren jeweiligen GPs um Ruhm und Ehre rasen. Dabei würde auch der traditionelle Mai-Termin des "Grand Prix of Indianapolis" der IndyCar in die Karten spielen, der immer zwei Wochen vor dem Indy 500 angesetzt ist.
Dazu noch ein familienfreundliches Kombi-Ticket anbieten und die Tribünen wären vermutlich restlos ausverkauft. Hinzu kommt das Infield, das bis zum Anschlag gefüllt werden kann. Damit könnte die Marketing-Kuh zur Gänze gemolken werden.
Aber: Es entscheidet diesmal nicht der Platz, sondern das Geld über die praktische Umsetzung. Denn Indianapolis-Streckenbesitzer Roger Penske wird wohl die Summe, die er F1-Geschäftsführer Stefano Domenicali für einen Grand Prix bezahlen müsste, nicht überweisen.
Triple-Header bis 2026
Düstere Nachrichten für alle, die Sympathie an der Indianapolis-Idee gefunden haben: Der Triple-Header mit Austin, Miami und Las Vegas wird zumindest von 2023 bis 2025 Bestand haben.
Das gefundene Fressen für Netflix und die Eigenproduktion "Drive to Survive", die mit den "Stadtkurs-Zwillingen" hohe Quoten erreichen könnten.
Alle Sieger der US-GPs:
Jahr | Rennen | Sieger | Team |
---|---|---|---|
1950 | Indy 500 | Johnnie Parsons | Kurtis Kraft |
1951 | Indy 500 | Lee Wallard | Murrell Belanger |
1952 | Indy 500 | Troy Ruttman | J.C. Agajanian |
1953 | Indy 500 | Bill Vukovich | Howard B. Keck |
1954 | Indy 500 | Bill Vukovich | Howard B. Keck |
1955 | Indy 500 | Bob Sweikert | John Zink |
1956 | Indy 500 | Pat Flatherty | John Zink |
1957 | Indy 500 | Sam Hanks | Kurtis Kraft |
1958 | Indy 500 | Jimmy Bryan | George Salih |
1959 | Indy 500 | Rodger Ward | Leader Cards |
1959 | Sebring | Bruce McLaren | Copper-Climax |
1960 | Indy 500 | Jim Rathmann | Ken-Paul |
1960 | Riverside | Stirling Moss | Lotus-Climax |
1961 | Watkins Glen | Innes Ireland | Lotus-Climax |
1962 | Watkins Glen | Jim Clark | Lotus-Climax |
1963 | Watkins Glen | Graham Hill | BRM |
1964 | Watkins Glen | Graham Hill | BRM |
1965 | Watkins Glen | Graham Hill | BRM |
1966 | Watkins Glen | Jim Clark | Lotus-BRM |
1967 | Watkins Glen | Jim Clark | Lotus-Ford |
1968 | Watkins Glen | Jackie Stewart | Matra Ford |
1969 | Watkins Glen | Jochen Rindt | Lotus-Ford |
1970 | Watkins Glen | Emerson Fittipaldi | Lotus-Ford |
1971 | Watkins Glen | Francois Cevert | Tyrell-Ford |
1972 | Watkins Glen | Jackie Stewart | Tyrell-Ford |
1973 | Watkins Glen | Ronnie Peterson | Lotus-Ford |
1974 | Watkins Glen | Carlos Reutemann | Brabham-Ford |
1975 | Watkins Glen | Niki Lauda | Ferrari |
1976 | Long Beach | Clay Regazzoni | Ferrari |
1976 | Watkins Glen | James Hunt | McLaren-Ford |
1977 | Long Beach | Mario Andretti | Lotus-Ford |
1977 | Watkins Glen | James Hunt | McLaren-Ford |
1978 | Long Beach | Carlos Reutemann | Ferrari |
1978 | Watkins Glen | Carlos Reutemann | Ferrari |
1979 | Long Beach | Gilles Villeneuve | Ferrari |
1979 | Watkins Glen | Gilles Villeneuve | Ferrari |
1980 | Long Beach | Nelson Piquet | Brabham-Ford |
1980 | Watkins Glen | Alan Jones | Williams-Ford |
1981 | Long Beach | Alan Jones | Williams-Ford |
1981 | Las Vegas | Alan Jones | Williams-Ford |
1982 | Long Beach | Niki Lauda | McLaren-Ford |
1982 | Detroit | John Watson | McLaren-Ford |
1982 | Las Vegas | Michele Alboreto | Tyrell-Ford |
1983 | Long Beach | John Watson | McLaren-Ford |
1983 | Detroit | Michele Alboreto | Tyrell-Ford |
1984 | Detroit | Nelson Piquet | Brabham-BMW |
1984 | Dallas | Keke Rosberg | Williams-Honda |
1985 | Detroit | Keke Rosberg | Williams-Honda |
1986 | Detroit | Ayrton Senna | Lotus-Renault |
1987 | Detroit | Ayrton Senna | Lotus-Honda |
1988 | Detroit | Ayrton Senna | McLaren-Honda |
1989 | Phoenix | Alain Prost | McLaren-Honda |
1990 | Phoenix | Ayrton Senna | McLaren-Honda |
1991 | Phoenix | Ayrton Senna | McLaren-Honda |
2000 | Indianapolis | Michael Schumacher | Ferrari |
2001 | Indianapolis | Mika Häkkinen | McLaren-Mercedes |
2002 | Indianapolis | Rubens Barrichello | Ferrari |
2003 | Indianapolis | Michael Schumacher | Ferrari |
2004 | Indianapolis | Michael Schumacher | Ferrari |
2005 | Indianapolis | Michael Schumacher | Ferrari |
2006 | Indianapolis | Michael Schumacher | Ferrari |
2007 | Indianapolis | Lewis Hamilton | McLaren-Mercedes |
2012 | Austin | Lewis Hamilton | McLaren-Mercedes |
2013 | Austin | Sebastian Vettel | Red Bull-Renault |
2014 | Austin | Lewis Hamilton | Mercedes |
2015 | Austin | Lewis Hamilton | Mercedes |
2016 | Austin | Lewis Hamilton | Mercedes |
2017 | Austin | Lewis Hamilton | Mercedes |
2018 | Austin | Kimi Räikkönen | Ferrari |
2019 | Austin | Valtteri Bottas | Mercedes |
2021 | Austin | Max Verstappen | Red Bull-Renault |