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Wie die Thailänder den Roten Bullen aufscheuchen

Aus dem Formel-1-Erfolgsteam Red Bull ist eine Zweckgemeinschaft geworden. Diese Rolle spielen die thailändischen Mehrheitseigentürmer von Red Bull dabei:

Wie die Thailänder den Roten Bullen aufscheuchen Foto: © getty

Wenn die Formel 1 in dieser Woche in Spielberg gastiert, erwartet die Öffentlichkeit ein perfekt inszeniertes Spektakel. In Sachen Marketing macht Red Bull niemandem was vor.

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Doch blickt man hinter die Kulissen, läuft der "Rote Bulle" Gefahr, außer Kontrolle zu geraten. Zumindest wurde er in den letzten Wochen und Monaten ordentlich aufgescheucht. 

Aus dem Formel-1-Erfolgsteam Red Bull ist längst eine reine Zweckgemeinschaft geworden. Im Hintergrund werden Machtkämpfe ausgefochten, nicht nur innerhalb des Rennstalls.  

Seit dem Tod von Dietrich Mateschitz im Oktober 2022 ist die Konzern-Führung gespalten. Auf der einen Seite die Österreicher rund um Erbe Mark Mateschitz und Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. Auf der anderen Seite die thailändischen Mehrheitseigentümer rund um Firmenpatriarch Chalerm Yoovidhya.

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Die Yoovidhya-Dynastie hält mit 51 Prozent die Mehrheit am Red-Bull-Konzern.

Chalerm Yoovidhya selbst gehören zwei Prozent der Anteile an der Red Bull GmbH in Österreich. Auf die TC Agro Agrotrading Company Ltd., die im Besitz der Familie Yoovidhya ist, fallen darüber hinaus 49 Prozent der Anteile.

Die übrigen 49 Prozent gehören der Distribution & Marketing GmbH, die Mark Mateschitz von seinem Vater geerbt hat. Wobei der 32-Jährige weder eine operative Funktion hat, noch mit den Sonderrechten seines Vaters ausgestattet ist.

Der Yoovidhya-Clan: Jede Menge Macht und Skandale

In Thailand ist der Name Yoovidhya ein Synonym für Macht. Die Familie gilt als die zweitreichste des Landes, ihr Vermögen wird von "Forbes" auf 33,4 Milliarden Euro geschätzt (Stand 2023).

Zu verdanken hat man diesen Reichtum Chaleo Yoovidhya, der mit seiner Firma in den 70er-Jahren die Formel für den Energydrink entwickelte. Mateschitz brachte das in Thailand als "Krating Daeng" bekannte Getränk dann als "Red Bull" nach Europa.

Seit dem Tod von Chaleo Yoovidhya im Jahr 2012 lenkt sein Sohn Chalerm - er ist eines von mutmaßlich elf Kindern Chaleos - die Geschicke.

Chalerms jüngerer Bruder Saravoot Yoovidhya ist CEO des Familienunternehmens T.C. Pharmaceutical Industries und verantwortet den asiatischen Getränkemarkt. In der Firma haben weitere vier Geschwister wichtige Posten inne.

Der Yoovidhya-Clan ist in Thailand berühmt-berüchtigt.

Welche Macht die Familie hat, zeigt der Skandal rund um Vorayuth Yoovidhya, den ältesten Sohn von Charlem.

Dieser soll 2012 in Bangkok im Alkohol– und Drogenrausch mit seinem Ferrari einen Motorrad-Polizisten überfahren und dessen Leiche bei der Flucht noch 100 Meter mitgeschleift haben. Anschließend beging er dem Vernehmen nach Fahrerflucht.

Erst fünf Jahre nach dem Unfall und auch nur unter enormem Druck der Öffentlichkeit erließ die thailändische Justiz einen Haftbefehl gegen Vorayuth Yoovidhya. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch mehrere der Anklagepunkte gegen den "Boss", wie Vorayuth genannt wird, bereits verjährt.

Der Punkt "rücksichtsloses Fahren mit Todesfolge" hätte noch bis 2027 geahndet werden können. Doch anstatt für bis zu zehn Jahre ins Gefängnis zu wandern, wurde die Anklage 2020 fallengelassen und auch der Haftbefehl zurückgezogen.

2016 tauchte der Name Yoovidhya auch im Zuge der Enthüllungen der "Panama Papers" auf. Der Clan soll über Jahrzehnte Offshore-Firmen betrieben haben, um Steuern zu sparen. Da sind die Befürchtungen in Salzburg nicht abwegig, dass der Firmensitz von Red Bull in Fuschl ins Ausland verlegt werden könnte.

Wie Yoovidhya den Rausschmiss von Horner verhinderte

In der Ära Dietrich Mateschitz blieben die Thailänder zumindest nach außen unsichtbar, agierten eher im Hintergrund. Wie Mateschitz selbst vermied man den Umgang mit der Presse.

Nun scheinen die Yoovidhyas aber nach und nach die Macht im Konzern an sich reißen zu wollen. Das machte nicht zuletzt der Skandal um Red-Bull-Racing-Teamchef Christian Horner deutlich.

Chalerm Yoovidhia und Christian Horner sind ganz eng
Foto: © getty

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe einer Team-Mitarbeiterin gegen Horner stellten sich die Thailänder auf die Seite des Briten und verhinderten seinen Rauswurf. Das Lager der Horner-Gegner ist mit Helmut Marko, Oliver Mintzlaff sowie Max Verstappen und seiner Familie weitaus prominenter besetzt.

Doch der Teamchef hat den internen Machtkampf – zumindest vorerst – gewonnen. Laut "F1 Insider" soll Horner bei Red Bull sogar mächtiger denn je sein und sämtliche Entscheidungshoheiten für die beiden Formel-1-Teams Red Bull Racing und Racing Bulls bekommen haben – auf Geheiß von Chalerm Yoovidhya.

Laut "BusinessF1" soll sogar der angeblich unabhängige Anwalt, der Horner in einer internen Untersuchung nach den Vorwürfen entlastet hat, zum Netzwerk von Yoovidhya gehören.

Zieht sich die österreichische Seite aus der Formel 1 zurück?

Im Zuge des Horner-Skandals kamen sogar Gerüchte auf, dass sich die österreichische Seite um Mark Mateschitz aufgrund des neuen Machtgefüges gänzlich aus den Formel-1-Angelegenheiten zurückziehen und alle Entscheidungen den Thailändern überlassen könnte. 

Einige Beobachter sehen den Abgang von Star-Designer Adrian Newey ohnehin bereits als Anfang vom Ende des Weltmeister-Teams. (Teils wilde) Gerüchte um einen Abgang von Dreifach-Weltmeister Max Verstappen gibt es ohnehin schon länger. 

Die österreichische Konzernspitze könnte die eigenen Sponsor-Aktivitäten etwa im Fußball oder Eishockey über die von Dietrich Mateschitz gegründete Stiftung weiterführen. Über dieselbe Stiftung läuft übrigens der Formel-1-Grand-Prix am Red Bull Ring.

Der Vertrag von Spielberg mit der Formel 1 wurde erst vor einem Jahr bis 2030 verlängert. Erst kürzlich wurde indes bekannt, dass auch Thailand in Zukunft einen Grand Prix austragen will...

Es ist verdächtig still

Das ist jedoch Zukunftsmusik. Aktuell scheint Ruhe im Bullenstall eingekehrt zu sein, demonstriert man nach außen hin Einigkeit. Es ist fast verdächtig still. 

Sogar Jos Verstappen, der sich normal kein Blatt vor den Mund nimmt und der in der Causa noch vor wenigen Wochen sehr klare Worte fand, schweigt mittlerweile in der Öffentlichkeit zu dem Thema. 

Am Rande des Grand Prix in Spielberg flogen zwischen Papa Verstappen und Horner jedoch wieder die verbalen Fetzen >>>

Darüber, ob die Mitarbeiterin, die die Vorwürfe gegen Horner erhoben hat, eventuell mit einem kleinen Taschengeld besänftigt wurde, darf nur spekuliert werden. Message Control - auch das kann Red Bull. 

Das kommt vor allem Christian Horner entgegen und wird auch in Thailand gern gesehen sein...

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