Ferdinand Habsburg und Mick Schumacher werden heuer Teamkollegen. Und sie betreten beide motorsportliches Neuland – für den 26-jährigen Österreicher beginnt ein neuer Abschnitt, erstmals als Werkfahrer und erstmals in der Topkategorie des World Endurance Championship (WEC) bei den Hypercars.
Für den zwei Jahre jüngeren Deutschen in der gleichen Serie als Debütant auf der Langstrecke, nachdem Mick bisher nur in Single Seaters (von F4 bis F1) unterwegs war. Beide sind Neuzugänge im französischen "Nationalteam" von Alpine, das in die Topklasse zurückkehrt – zuletzt war es ein Engagement auf "Sparflamme" mit einem Rebellion-Boliden, dazwischen lagen Einsätze bei den kleineren Prototypen.
Habsburg ist im Alpine A424 Nr. 35 mit den WEC-erfahrenen Franzosen Charles Milesi (war schon seit Team- und Autopartner beim LMP2-Titel 2021 mit WRT) und Paul-Loup Chatin. In der Nummer 36 wird Schumacher von den Routiniers Nicolas Lapierre und Mathieu Vaxivière unterstützt.
Habsburg war seit Ende 2022 mit Alpine in Kontakt und im Prinzip beim Finale in Bahrain schon einig, "der Vertrag wurde bereits im März 2023 unterschrieben." Schumacher, bisher und weiter parallel Mercedes-Reservist in der Formel 1, testete erstmals im Oktober für Alpine und wurde im Dezember bestätigt.
Das sagen die beiden im LAOLA1-Gespräch vor dem Saisonauftakt in Losail (Katar) am 2. März:
LAOLA1: Erstmals in einem Hypercar – wie schwierig wird der Auf- bzw. Umstieg?
Ferdinand Habsburg: Man gewöhnt sich schnell an die Leistung eines Hypercars, wenn man die ersten Schockmomente überwunden hat. Als ich im Motorland Aragon meinen ersten Test hatte, fuhr ich in der ersten Runde auf der langen Geraden 342 km/h. Da dachte ich selbst, oh Mann! Da spürst du dann, was 200 PS mehr ausmachen, als ich im LMP2 gewohnt war.
Mick Schumacher: Der Unterschied zwischen Formel 1 und Langstrecke ist riesig. Ich fragte mich, was muss ich an mir verbessern, was brauche ich, um erfolgreich zu sein. Den Unterschied spürst du sofort in der Aerodynamik. Das Hypercar ist schwerer, fühlt sich auch träge an. Doch daran gewöhnt man sich schnell. Der Wechsel vom Formel-1-Simulator ins WEC-Auto und zurück ist eigentlich kein Problem, da schaltest du schnell um.
LAOLA1: Wie steht es um die Teamkollegen und die Zusammenarbeit?
Habsburg: Wir kennen uns schon lang. Das Schöne am Langstreckensport ist das Teamgefühl. Zu dritt zu gewinnen und zu feiern ist einfach schöner als allein. Dieses Teilen gibt mir Kraft und Motivation, und dadurch fahre ich auch besser. Mir ist rennfahren und gewinnen wichtig, aber mir ist auch ein glückliches Leben wichtig. Das erreiche im Ausdauersport eher. Das war mir früher nicht bewusst.
Schumacher: Das Auto mit zwei Kollegen zu teilen ist kein Problem. Am Ende muss ich auf mich schauen, muss meine Leistung bringen, wenn ich dran bin. Dass wir einander gegenseitig helfen, das ist das Neue für mich.
"Ich wäre sehr überrascht, wenn wir gleich in den ersten Rennen mithalten könnten."
LAOLA1: Alpine ist bei den Hypercars Neuling wie Lamborghini und Isotta-Fraschini, während Toyota, Porsche, Ferrari, Peugeot, Cadillac und BMW (aus der IMSA-Serie 2023) mehr oder weniger viel Erfahrung mitbringen. Was könnt Ihr Euch erwarten?
Habsburg: Ich wäre sehr überrascht, wenn wir gleich in den ersten Rennen mithalten könnten. Nicht, weil ich unsere Leistung anzweifle, sondern weil die Konkurrenz ein Jahr oder mehr Vorsprung hat. Porsche eigentlich vier, weil die 2023 mit je zwei Autos im WEC und in der IMSA fuhren. Es wäre naiv zu glauben, dass wir auf Anhieb ganz vorn sein können. Wir haben mit Oreca ein Chassis eines höchst erfahrenen Konstrukteurs, unser Motor war in den Tests verlässlich. Wir müssen jetzt alles zusammenführen. Und wir müssen lernen, die Reifen schnell auf Temperatur zu bringen. In der zweiten Saisonhälfte sollten wir näher dran sein.
Schumacher: Ich lerne noch auf der Langstrecke, aber ich habe zwei WEC-erfahrene Teamkollegen, die mich bestmöglich unterstützen. Ein Vorteil ist für mich, dass ich die Auftaktstrecke in Katar kenne. Was ich lernen muss, sind die Tricks beim Überholen der langsameren GT-Autos. Im Verkehr schnell zu sein, ist eine Herausforderung, genauso wie dabei die richtigen Entscheidungen zu treffen. Andrerseits kann ich aus meiner F1-Zeit etwas einbringen, was meinen Kollegen nützt. Die Reifen schnell auf Temperatur zu bringen, ohne Anwärmer, wird natürlich eine große Herausforderung.
LAOLA1: Wie sehen die mittelfristigen Zukunftspläne aus?
Habsburg: Beim ersten Test mit 60 Technikern an der Strecke wusste ich: Jetzt bist du Werkfahrer. Das Team hat auch auf der Langstrecke F1-Niveau. Ich sehe meinen Richtungswechsel nach Formel 3 und DTM zur Langstrecke bestätigt, weil ich in diesem Metier jetzt ganz oben bin.
Schumacher: Ich freue mich sehr auf Le Mans. Ich fuhr noch nie die 24 Stunden, habe sie mir auch nur einmal angeschaut. Le Mans selbst zu fahren, ist ein großer Schritt. Es ist schön, nach einem Jahr wieder Rennen zu bestreiten. Natürlich verliere ich die Formel 1 nicht aus dem Blickwinkel. Aber das WEC war für mich die beste Option, mit der ich auch die Nähe zur Formel 1 behalten kann. Es wird sechs Terminüberschneidungen geben, dazu kommt mein Testprogramm im Alpine. Ich werde versuchen, beides bestmöglich zu verknüpfen.