Aufregende Tage für die heimischen Motorrad-Fans, die Welt-Elite der verwegenen Zweirad-Artisten gastiert am Red Bull Ring am Spielberg.
Am Wochenenge gibt die italienische Motorrad-Legende Valentino Rossi seine Abschiedsvorstellung am Ring nahe Zeltweg. Es ist MotoGP-Saison in der Steiermark. Zwischen dem Styrian und dem Austrian Grand Prix, in denen mit Moto3-Pilot Maximilian Kofler der einzige heimische Mohikaner die Fahne hochhält, sei deshalb auch ein Blick in die Vergangenheit erlaubt.
Der noch 20-jährige Maxi Kofler konnte sich am Sonntag über sein erstes Top-10-Resultat freuen. Gewinnen ist für den Oberösterreicher (noch?) außer Reichweite.
Dass Österreicher auf dieser Strecke (der alten!) Motorrad-WM-Siege feierten, ist lang her. Zwei Lokalmatadore erlebten hier aber ihre Sternstunden, allerdings in der Formel 750 - 1977 bis 1979 offizielle FIM-WM - und in der Superbike-WM.
Bei den Superbikes überraschte einst der aktuelle Rennleiter am Red Bull Ring Andreas Meklau. Der heute 54-jährige Steirer überlistete mit seiner Ducati 1993 im ersten Rennen auf seiner Heimstrecke die gesamte Elite und führ im zweiten Lauf mit Rang drei erneut auf das Podest.
1979, im letzten Jahr der Superbike-Vorgänger-Formel 750-WM, triumphierte auf dem verregneten Österreichring zwei Mal der Vorarlberger Werner Nenning - nicht verwandt mit dem ehemaligen Skistar Gerhard Nenning. Der Yamaha-Pilot war von 1975 bis 1980 international auch in der Halbliter-Klasse aktiv, beteiligte sich aber nicht an den Staatsmeisterschaftsläufen.
"1979 war für mich das klar beste Jahr mit den beiden Siegen und Platz zwölf in der 750er-WM", erklärt der aus Götzis stammende Nenning – dessen Hauptsponsor der Vater mit der eigenen Tischlerei war. Die Formel 750 im Jahr 1979: Da waren Stars der Szene Nennings Konkurrenten wie Weltmeister Patrick Pons (vor Michel Frutschi und Johnny Cecotto). Mit dabei waren Asse wie Bonera, Hansford, Sarron, Roche, van Dulmen und sogar Kenny Roberts. Und mit dem Franzosen Christian Estrosi ein Pilot, der viel später als Bürgermeister von Nizza und Wirtschaftsminister Frankreichs noch prominenter wurde.
Längere Motorsport-Karriere war aus finanziellen Gründen unmöglich
"Zum Rennsport kam ich eigentlich durch meinen Bruder Gerd. Aber eine längere Karriere im Rennsport war aus finanziellen Gründen einfach nicht möglich", meint Nenning im Rückblick.
Der Vorarlberger wechselte vom Motorrad in die Werbe- und Marketing-Branche, lebt jetzt 66-jährig meist in Feldkirch – wenn er nicht seinem großen Hobby frönt, das allerdings längst sein Leben erfüllt: "1992 bekam ich als Weinliebhaber die Chance, ein Weingut zu erwerben." Also schlug Nenning zu, seither ist das italienische Gut Casalunga in Monforte d'Alba südlich von Turin seine zweite Heimat.
Werner Nenning erzählt nicht ohne Stolz: "Es ist nur ein kleines Weingut, ein Hektar Anbaufläche, wir füllen 6.000 bis 7.000 Flaschen im Jahr ab. Einige davon gibt es auch in Österreich."
Nenning vinifiziert in Handarbeit nur die autochthonen Sorten des Piemont
Das Bauernhaus ist über 100 Jahre alt. In Handarbeit werden nur die autochthonen Sorten des Piemont vinifiziert: Dolcetto, Nebbiolo und Barbera. Wenn Nenning darüber spricht, bricht seine Begeisterung durch – mehr als beim Rückblick auf die Zweirad-Karriere. Vor allem, wenn er den "32er" erwähnt, eine Cuvée zum 40-Jahr-Jubiläum seiner WM-Siege: 60 Prozent Barbera, 38 Dolcetto und zwei Prozent Passito aus Dolcetto-Trauben – natürlich trocken, rubinrot und 14 Prozent Alkohol. Abgefüllt wurden vom Jubiläums-Wein nur 631 Flaschen sowie 75 Magnum.
Die Suche nach weiteren heimischen Siegern in Motorrad-WM-Läufen ergibt nur spärliche Resultate.
Der letzte (und einzige) Weltmeister in den Solo-Klassen? Rupert Hollaus 1954 (Champion 125 ccm posthum nach dem Todessturz in Monza, wie Jochen Rindt). Übrigens: Mitte September plant der Fachbuchautor und Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Traisen, Herbert Thumpser, eine Ausstellung über Hollaus im Volksheim anlässlich des 90. Geburtstages von Hollaus (geboren am 4. September 1931). Und am 21./22. August ist der Red Bull Ring wieder Schauplatz des Rupert-Hollaus-Gedenkrennens, eines Oldtimer-Schaulaufens.
Hollaus und Klaffenböck siegten einst auch auf der Isle of Man
In der Seitenwagenklasse, die seit Jahren nicht mehr Teil der von der spanischen Agentur Dorna vermarkteten MotoGP-WM ist, wurden die Oberösterreicher Klaus Klaffenböck/Christian Parzer 2001 die einzigen österreichischen Champions. Insgesamt stehen beim Rennfahrer und Teambesitzer aus Peuerbach 16 Siege in WM-Läufen zu Buche, davon zehn mit dem Welser Parzer. Und: Klaffenböck und Hollaus sind die einzigen Österreicher, die Rennen im Rahmen der legendären Tourist Trophy auf der Isle of Man gewannen.
Der letzte Grand-Prix-Sieger in einer Soloklasse? Der heutige ServusTV-Experte August "Gustl" Auinger (66) vor 35 Jahren, am 24. August 1986, in Misano (GP von San Marino).
Auinger gewann 1985 drei und 1986 zwei Läufe in der 125ccm-Weltmeisterschaft. Vier Mal war auch Hollaus in dieser Klasse erfolgreich, einmal siegte der NSU-Pilot in der Viertelliterklasse: 1954 im GP der Schweiz - ja, den gab es auch einmal - auf dem Berner Bremgartenring.
Im GP von Belgien feierten der Wiener Bert Schneider (Suzuki 125 ccm, 1963) und der Salzburger Edi Stöllinger (Kawasaki 250 ccm, 1979), jeweils Spa-Francorchamps, ihre einzigen WM-Siege. Stöllinger verunglückte 58-jährig im Jahr 2007 beim Oldtimer-Event in Schwanenstadt tödlich. Schneider verstarb 2009 in Wien im Alter von 72 Jahren.
Eine Sensation war 1985 auch der einzige GP-Sieg des Salzburgers Gerd Kafka in Assen (80 ccm). Er wird am 25. August 60 Jahre alt.
Am Wochenende versucht Maxi Kofler seine Bestmarke in der Moto3 neuerlich zu toppen, der Weg an die Spitze wird allerdings noch ein langer sein...