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Marc Marquez: Das Zünglein an der WM-Waage?

MotoGP-Superstar überzeugte in Japan - wird er zum entscheidenden Faktor im WM-Fight?

Marc Marquez: Das Zünglein an der WM-Waage?

Es war beeindruckend, welch starke Leistung Marc Marquez am vergangenen Wochenende in Motegi ablieferte.

Der MotoGP-Superstar eroberte bei seinem zweiten Grand Prix nach seiner vierten (!) Oberarm-Operation gleich die Pole-Position - noch dazu bei schwierigen Bedingungen im japanischen Regen.

Dabei ließ er den Zweitplatzierten Johann Zarco, wohlgemerkt einer der besten Qualifier im Grid, um satte zwei Zehntel hinter sich. In der heutigen MotoGP ist das bereits eine Welt. WM-Leader Fabio Quartararo hatte als Neunter schon mehr als eine Sekunde Rückstand, WM-Kontrahent Francesco Bagnaia sogar über zwei Sekunden.

Dass es mit dem Rennsieg trotzdem schwierig werden würde, wusste Marquez schon nach dem höchst erfolgreichen Qualifying, sah in der Pole auch viel mehr eine Genugtuung für sich selbst und das krisengebeutelte Honda-Team, welches ohne dem Katalanen im Niemandsland unterwegs war (Hier geht es zur Story >>>).

Doch auch im Rennen am Sonntag lieferte der mehrfache Weltmeister eine lupenreine Performance ab, beendete den Grand Prix von Japan mit etwas mehr als sieben Sekunden Rückstand auf den an diesem Tag unschlagbaren Jack Miller auf Rang vier.

Noch nicht bei 100 Prozent, aber keine Schmerzen mehr

"Der Arm hat sich zwar träge angefühlt, ich fühlte mich am Ende müde. Aber mir hat nichts weh getan."

Marc Marquez verspürte in Motegi keine Schmerzen

Dabei wäre noch mehr möglich gewesen, denn es hatte den Anschein als würde der Spanier fast schon zu sehr verwalten, um seinen rechten Oberarm und seine Muskeln zu schonen.

Das machte sich darin bemerkbar, dass Marquez KTMs Miguel Oliveira im Finish noch attackierte und somit seinen vierten Endplatz sicherte. "Ich hatte keine Schmerzen", war Marquez erleichtert.

Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit war dem so, gestand der Honda-Fahrer. Er habe während des gesamten Rennens "keinen Schmerz gespürt. Der Arm hat sich zwar träge angefühlt, ich fühlte mich am Ende müde. Aber mir hat nichts weh getan", freute sich der Mann aus Cervera.

So steigt auch sein Selbstvertrauen weiter an, daran ändert auch ein Sturz im sonntägigen Warmup nichts. Der 59-fache MotoGP-Sieger werde außerdem "allmählich etwas ruhiger", wenngleich er bei weitem noch nicht bei 100 Prozent ist.

"Für eine einzelne Runde bin ich nicht weit davon entfernt, so fahren zu können, wie ich mir das vorstelle. Aber wenn es darum geht, überraschende Ereignisse oder Schockmomente zu kontrollieren, zum Beispiel ein Schütteln des Motorrads beim Bremsen oder bei einem Richtungswechsel, habe ich noch etwas Mühe", ist er noch nicht ganz der Alte.

Quartararo und Bagnaia wissen um Marquez' Risikobereitschaft

Trotzdem wird Marquez - der immer wieder anmerkt, dass Motegi "erst das zweite Rennen nach meiner Rückkehr" war – für die WM-Aspiranten immer mehr zur Gefahr.

Denn in einer Phase, in der Quartararo, Bagnaia und Aleix Espargaro selbst mit Problemen und Schwächephasen zu kämpfen haben, könnte der 29-Jährige plötzlich zum entscheidenden Faktor im dramatischen WM-Fight werden.

Schon in Aragon war dies der Fall als Quartararo in das Heck des Superstars raste und deshalb zum erst zweiten Mal in diesem Jahr nach Assen nicht die Zielflagge sah. Beide lieferten sich bereits vor Marquez' Verletzung 2020 erbitterte Duelle um Rennsiege, der Franzose weiß daher, welch großes Risiko man eingehen muss, um ihn zu überholen.

Bagnaia kennt diese Problematik ebenfalls nur zu gut, lieferte sich in Aragon 2021 einen sehenswerten Kampf mit dem langjährigen Dominator um den Rennsieg – und holte diesen auch nach zahlreichen Führungswechseln.

Nur zwei Grand Prix später war es allerdings ausgerechnet Marquez, der den in Führung liegenden Bagnaia in Misano derart unter Druck setzte, dass dieser stürzte und somit seinen WM-Traum wegwarf.

Marc Marquez im Windschatten von "Pecco" Bagnaia

Beim Italiener kommen die vielen Querelen mit seinen Ducati-Kollegen hinzu, die bisher kaum Anstalten machten, Bagnaia auf dem Weg zu seinem ersten MotoGP-Titel zu helfen - siehe Enea Bastianini in Misano und Aragon.

Mental scheint der WM-Zweite ebenso noch nicht auf Top-Niveau angekommen zu sein, wie sein Sturz in der letzten Runde in Motegi zeigte.

Aleix Espargaro: Größter Respekt vor Marquez, aber nicht immer Verständnis

Und dann wäre noch Aleix Espargaro. Die beiden spanischen Heißsporne pflegen abseits der Rennstrecke zwar eine freundschaftliche Beziehung, auf dem Asphalt gab es allerdings schon mehrere Reibepunkte in der Vergangenheit.

So zum Beispiel auch dieses Jahr in Jerez. Dort suchte Marquez im Training verzweifelt den Windschatten des Aprilia-Piloten, was diesen jedoch auf die Palme brachte.

"Es ist einfach unglaublich. Ich weiß nicht, was dieser Kerl tut. Als ich auf die Strecke fuhr, war niemand in der Boxengasse. Als ich auf die Gegengerade kam, war da niemand. Er aber wartete eine Minute lang mitten auf der Strecke. Unglaublich!", war Espargaro damals sichtlich aufgebracht.

Trotzdem zeigt der 33-Jährige allerhöchsten Respekt vor seinem Landsmann, bezeichnete ihn erst erst kürzlich als "besten (MotoGP-)Fahrer der Geschichte" – noch vor Valentino Rossi.

Der entscheidende WM-Faktor?

Umso mehr konnte Aleix das Verhalten in Jerez nicht nachvollziehen, doch so richtig krachte es – zumindest im Rennen – noch nie zwischen den beiden. Da die Aprilia in den letzten Jahren nicht annähernd Top-Niveau hatte und Marquez über weite Strecken einfach übermächtig war.

Somit hätte in Japan erstmals die Möglichkeit bestanden, dass sich Espargaro und Marquez um den Rennsieg duellieren – so lautete die Einschätzung des Aprilia-Fahrers noch nach der Quali am Samstag.

Der Rennsonntag war jedoch einer zum Vergessen, aufgrund eines Mapping-Problems musste Espargaro nach der Aufwärmrunde an die Box und sein Bike tauschen – auf dem zudem die falschen Reifen montiert waren. Letztendlich musste der 33-Jährige mit einem enttäuschenden 16. Rang bilanzieren, wodurch er keinerlei Punkte im WM-Kampf gutmachen konnte.

Dadurch liegt der Weltmeisterschafts-Dritte vier Rennen vor dem Saisonende genau 25 Punkte hinter Tabellenführer Quartararo, aber nur deren sieben hinter Bagnaia. Und schon am kommenden Wochenende bietet sich für das Trio beim Grand Prix von Thailand die nächste Chance, wichtige Punkte zu sammeln.

Aber aufgepasst: Marc Marquez hat auf dem Chang International Circuit nahe Buri Ram beide bisher ausgetragenen Grand Prix gewonnen – so viel zum Zünglein an der Waage in der MotoGP-WM.


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