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MotoGP-Saison der Superlative! Wird es auch spannend?

Führt überhaupt ein Weg an Ducati vorbei? Wie geht es Honda? Was ist für KTM möglich? Und was ist neu? LAOLA1 hat die Antworten:

MotoGP-Saison der Superlative! Wird es auch spannend? Foto: © GEPA

Die MotoGP-Saison 2023 steht in den Startlöchern.

Am kommenden Wochenende steigt zum ersten Mal seit 2006 der Jahresauftakt in Europa, gefahren wird in Portimao (Portugal). Dort absolvierten die Hersteller Mitte März auch die letzten Wintertests, zuvor fanden in Sepang (Malaysia) die ersten offiziellen Probeläufe für das neue Jahr statt.

Vor dem ersten Grand Prix der Saison beantwortet LAOLA1 die wichtigsten Fragen.

Warum findet der Saisonstart nicht wie gewohnt in Katar statt?

Vertraglich ist den Katari der MotoGP-Auftakt eigentlich seit 2007 zugesichert, außerdem wird dort seit 2008 unter Flutlicht gefahren. Die Strecke wird aktuell umfassend renoviert, wodurch der Grand Prix in den Herbst verschoben wurde.

Die Formel 1 fährt nämlich nach einem Gastspiel 2021 ab diesem Jahr regelmäßig auf dem Losail-Circuit, daher werden das Boxengebäude, der Bereich des Fahrerlagers sowie die Tribünen umgebaut. Es ist allerdings anzunehmen, dass der MotoGP-Start ab dem kommenden Jahr wieder im Wüstenstaat stattfindet.

Der komplette MotoGP-Kalender 2023 >>>

Wie viele Rennen werden heuer bestritten?

Wie viele Rennen werden heuer bestritten?
Nach der Formel 1 fährt nun die MotoGP in Indien
Foto: © getty

21 Grand Prix stehen im Rennkalender für 2023, hinzu kommen die neu eingeführten Sprints – ergibt summa summarum 42 Rennen. 2022 waren es noch 20 Grand Prix, neu hinzu kommen Kasachstan (Almaty) und Indien (Noida), wodurch sich ein neuer Rekord-Kalender ergibt.

Der Sokol International Racetrack, nordwestlich von Almaty gelegen, hat eine Länge von 4,495 Kilometern. Vom 7. bis 9. Juli wird auf dem neu erbauten Komplex gefahren, der rund 74.000 Zuschauern Platz bieten soll und zumindest bis 2028 von der Motorrad-WM befahren wird.

In Indien wird auf einer altbekannten Strecke gefahren: Dem Buddh International Circuit. Dieser wurde 2011 vor den Toren von Neu-Delhi eröffnet und beiheimatete in Folge drei Mal ein Rennwochenende der Formel 1. Danach war allerdings wieder Schluss, die Verantwortlichen nahmen aufgrund komplizierter Steuer- und Zollbestimmungen von weiteren Grand Prix Abstand.

Ob die für 24. September angesetzte Motorrad-Premiere allerdings tatsächlich stattfinden wird, ist noch offen. Von den Veranstaltern ist zwar zu hören, dass alle Modernisierungsarbeiten nach Plan verlaufen würden, laut einem Bericht der "Times of India" sind eben jene aber aktuell auf Eis gelegt.

Sollte ein Rennen nicht möglich sein, dürfte wohl das MotorLand Aragon einspringen, das 2023 nicht im Kalender aufscheint – erstmals seit 2010. Offizieller Grund soll das schwindende Zuschauerinteresse gewesen sein, 2022 waren am Renntag nur 37.846 Besucher anwesend.

Am Red Bull Ring in Spielberg wird übrigens von 18. bis 20. August gefahren.

Was bedeuten Sprints für Fahrer und Teams?

Einerseits natürlich die doppelte Anzahl an Rennen. Deshalb fielen die Reaktionen bei der Bekanntgabe im vergangenen August während des Grand-Prix-Wochenendes in Spielberg auch äußerst gemischt, vorerst aber überwiegend negativ aus (HIER nachlesen >>>).

Inzwischen konnten sich die meisten Piloten mit dem Gedanken anfreunden und befürworten die Initiative der Dorna (WM-Veranstalter), das Produkt MotoGP für die Fans attraktiver zu machen.

Ohnehin fährt jeder lieber Rennen, als vier Trainings absolvieren zu müssen. Das ist nämlich eine Änderung, die damit einhergeht. Der Zeitplan musste ordentlich umgekrempelt werden und teilt sich nun wiefolgt auf:

Freitags finden zwei Trainings statt. Während die erste Session (Start: 10:45 Uhr, jeweils Ortszeit) wie gewohnt 45 Minuten dauert, wurde die zweite (15 Uhr) auf 60 Minuten verlängert. Anders als bisher bestimmen P1 und P2 – die neuen Abkürzungen entstammen dem Namenswechsel von "Free Practice" auf "Practice", da beide Trainings am Freitag obligatorisch sind – bereits die direkten Teilnehmer für Q1 und Q2 am Samstag.

Dort gibt es am Vormittag (10:10 Uhr) ein Freies Training, ehe ab 10:50 Uhr das Qualifying stattfindet. Dieses bestimmt nicht nur die Startaufstellung für den Sprint (15 Uhr), sondern auch für das Hauptrennen am Sonntag (14 Uhr). Vor diesem erhalten die Fahrer um 9:45 Uhr für zehn Minuten nochmal die Gelegenheit, letzte Feinheiten auszutesten.

Der Vorteil im Vergleich zur Formel 1: Dort gehen die Fahrer im Sprint kaum Risiken ein, um ihre Ausgangsposition für den Sonntag nicht zu verschlechtern. Die MotoGP erwartet sich dagegen ein Spektakel und Rennaction pur.

Die Sprintdistanz beträgt die Hälfte der Renndistanz. Wenn also das Rennen am Sonntag über 28 Runden geht, dauert der Sprint 14 Runden. Meisterschaftspunkte werden ebenfalls vergeben, natürlich werden diese zur Hälfte geteilt. Der Sieger erhält also zwölf Zähler, für den neunten Platz gibt es noch einen Punkt.

Siege und Podiumsplätze zählen allerdings nicht für die Gesamtzahl der Grand Prix eines Fahrers, dafür wird eine neue Kategorie geschaffen. Der Sonntagstriumphator wird also als offizieller Rennsieger in die Annalen eingehen.

Für Fahrer und Teams bedeutet das neue Format vor allem eines: Stress und eine gewisse Portion Angst. Die Performance muss schon am Freitag stimmen, ansonsten geht es am Samstag in Q1 gleich ums Ganze. Außerdem bleibt weniger Zeit, um sich an die Strecke anzupassen und die richtige Strategie zu entwickeln. Ausrutscher sind ebenfalls keine erlaubt. Ein Sturz kostet nicht nur Zeit, sondern vor allem Teile, die im Laufe des Wochenendes noch wertvoll sein könnten.

Doch so sehr man sich ein Feuerwerk und vor allem wieder größeres Zuschauer-Interesse für die Motorrad-Königsklasse erwartet, so sehr schaden die Neuerungen vor allem den kleineren Kategorien. Die MotoE, heuer erstmals mit WM-Status, findet plötzlich keinen Platz mehr, um ein Rennen am Sonntag auszutragen.

In den letzten Jahren bildete die Elektro-Serie den Abschluss des Wochenendes, der Slot ist nun aber weg, weil den Fans nach dem MotoGP-Rennen die Invasion der Strecke gestattet wird. Statt je einem Rennen am Samstag und Sonntag muss am Samstag nun zweimal gefahren werden. Sowohl die Teams als auch deren Sponsoren sind mit dieser Entscheidung alles andere als glücklich.

Die Moto3 und Moto2 gehören ebenso zu den Leidtragenden. Das Warmup am Sonntag wurde gestrichen, offiziell ebenfalls aus Zeitgründen. In Portimao fährt beispielsweise der Red Bull Rookies Cup am Sonntag um 8:50 Uhr sein zweites Rennen. Am Samstag wird die Moto3 aber schon ab 8:40 Uhr auf die Strecke geschickt – das hinterlässt bei den Teamchefs fragende Blicke.

Zumindest sind sich die WM-Verantwortlichen der Problematik inzwischen bewusst und wollen den neuen Zeitplan nach drei bis vier GP-Wochenenden neu bewerten. Einen fahlen Beigeschmack hält die Regelnovelle dennoch parat.

Was ist sonst neu in dieser Saison?

Was ist sonst neu in dieser Saison?
Neuer Hersteller: GasGas ersetzt Suzuki
Foto: © Gold & Goose / Red Bull Content Pool

Mit dem Ende der letzten Saison verabschiedete sich Suzuki nach acht Jahren wieder aus der Königsklasse. Dadurch mussten Joan Mir und Alex Rins neue Unterkünfte suchen, dazu aber gleich mehr.

Neu hinzu kommt dafür GasGas. Der spanische Motorradhersteller befindet sich im Besitz von KTM, startet daher mit baugleichen KTM RC16-Bikes.

Außerdem hat sich das technische Reglement etwas verändert. Erstmals werden Strafen vergeben, wenn der von Lieferant Michelin vorgebene Reifendruck unterschritten wird. Das war zwar auch in der Vergangenheit schon der Fall, allerdings wurden bei einem Verstoß keinerlei Strafen ausgesprochen.

Nun werden einheitliche Reifensensoren verwendet, wodurch der jeweilige Reifendruck korrekt festgestellt werden kann. Aber: Die Teams bekommen zu Beginn eine Schonfrist von drei Rennen, in denen sie keine Strafen befürchten müssen. Ab dem Grand Prix von Jerez wird das Reglement strikt umgesetzt, Strafen reichen von gestrichenen Rundenzeiten im Training/Qualifiying bis zur Disqualifikation im Rennen.

Außerdem gibt es am Aerodynamik-Sektor neue Einschränkungen. An der Front wurden die Ride-Height-Devices verboten, beim Start darf das sogenannte Holeshot-Device – mit dem der Schwerpunkt abgesenkt wird - aber noch verwendet werden. Am Heck ist das Ride-Height-Device weiterhin erlaubt.

Welche Fahrer wechselten die Farben?

Wie schon kurz angeschnitten, standen Joan Mir und Alex Rins plötzlich heimatlos da. Während der MotoGP-Weltmeister von 2020 bei Honda neben dem achtfachen WM-Champion Marc Marquez Platz nehmen wird, steht Rins nun beim Kundenteam LCR-Honda unter Vertrag. Sein Teamkollege ist der Japaner Takaaki Nakagami.

Auch im Weltmeister-Team gab es eine Änderung: Jack Miller verließ das Ducati-Werksteam in Richtung KTM, dafür stieg Gresini-Pilot Enea Bastianini auf und will Titelverteidiger Francesco Bagnaia das Leben schwer machen. "La Bestias" Platz bei Gresini übernimmt Alex Marquez.

Durch die Ankunft von Miller war bei KTM kein Platz mehr für Miguel Oliveira, der Portugiese fährt nun für RNF. Das neue Kundenteam von Aprilia begrüßte auch den letztjährigen Tech3-Piloten Raul Fernandez neu in der Mannschaft.

Bei Tech3, nun GasGas, gibt es ebenfalls ein neues Fahrer-Duo. Pol Espargaro, schon von 2017 bis 2020 für KTM unterwegs, kommt von Honda zurück und erhält mit Moto2-Weltmeister Augusto Fernandez einen Rookie an seine Seite.

Ansonsten blieb das Grid unverändert, statt 24 sind nun nur noch 22 Maschinen am Start.

Die komplette Fahrer-Übersicht:

Fahrer Teams
Francesco Bagnaia Ducati
Enea Bastianini (neu) Ducati
Fabio Quartararo Yamaha
Franco Morbidelli Yamaha
Marc Marquez Honda
Joan Mir Honda
Aleix Espargaro Aprilia
Maverick Vinales Aprilia
Jack Miller (neu) KTM
Brad Binder KTM
Johann Zarco Pramac-Ducati
Jorge Martin Pramac-Ducati
Alex Marquez (neu) Gresini-Ducati
Fabio di Giannantonio Gresini-Ducati
Luca Marini VR46-Ducati
Marco Bezzecchi VR46-Ducati
Alex Rins (neu) LCR-Honda
Takaaki Nakagami LCR-Honda
Miguel Oliveira (neu) RNF-Aprilia
Raul Fernandez (neu) RNF-Aprilia
Pol Espargaro (neu) GasGas
Augusto Fernandez (Rookie/neu) GasGas

Was fiel bei den Testfahrten auf?

Was fiel bei den Testfahrten auf?
Yamaha testete den Heckspoiler
Foto: © MotoGP.com

Besonders ein Thema bestimmte die Schlagzeilen: Die Flügel.

Seit 2016 sind sie steter Begleiter auf den MotoGP-Bikes, doch heuer treiben die Teams den Wettlauf um die beste Aerodynamik an die Spitze.

Schon in Sepang wurden neue Teile gebracht, u.a. experimentierten die Hersteller bauchigere Verkleidungen für mehr Ground-Effect. Dieser hat zur Folge, dass das Motorrad in Schräglage regelrecht an den Asphalt gesaugt und dadurch mehr Grip generiert wird. Auch den sogenannten S-Duct – bereits seit vielen Jahren aus der Formel 1 bekannt – probierte beispielsweise Aprilia aus.

Dort waren an der RS-GP große Öffnungen im Bereich des Windschilds zu sehen, die Idee dahinter ist wohl, den Luftstrom in der geduckten Haltung auf Geraden über den Oberkörper des Fahrers zu leiten.

Völlig irre wurde es dann in Portimao, wo erneut Aprilia für Aufsehen sorgte. An der RS-GP war an so gut wie jedem Bauteil ein aerodynamisches Element zu entdecken, besonders auffällig war der Heckspoiler. Dieser wurde schon letztes Jahr in Mugello getestet, allerdings nicht eingesetzt.

Auch an der Federgabel oder dem Schwungarm waren Flügel zu sehen, Aleix Espargaro bestätigte später den großen Einfluss der Aero-Teile. "Sie haben einen großen Unterschied gemacht", meinte der Spanier. Die Kurvengeschwindigkeiten seien "extrem hoch" gewesen.

Yamaha probierte zumindest eine eigene Variante des Heckspoilers, auf große Gegenliebe stieß dieser bei Quartararo jedoch nicht. Er glaubte nicht, dass der Spoiler auf seiner M1 eingesetzt werde.

Ist Ducati zu stoppen?

Ist Ducati zu stoppen?
Francesco Bagnaia dominierte die Testfahrten
Foto: © MotoGP.com

Klare Antwort: Nein.

An allen fünf Test-Tagen (drei in Sepang, zwei in Portimao) ging die Bestzeit an einen Piloten aus dem Hause Ducati.

In Sepang teilten sich die Satelliten-Fahrer Marco Bezzecchi, Jorge Martin sowie Luca Marini die Position an der Spitze auf, in Portimao war Francesco Bagnaia nicht zu schlagen. Am zweiten Test-Tag blieb der Turiner gar satte acht Zehntel unter dem 2021 selbst aufgestellten Rundenrekord von 1:38,725 Minuten.

Die erdrückende Dominanz wird insbesondere auf den weiteren Plätzen deutlich, zum Abschluss der Winter-Tests schafften es sieben Ducatis unter die Top 8. Nur Vizeweltmeister Fabio Quartararo konnte das Paket auf Rang drei sprengen.

Im Werksteam tauchten keine nennenswerten Probleme auf, wodurch Bagnaia und Bastianini bereits am Setup für das Auftaktwochenende tüfteln konnten. Dazu spulten sie, genauso wie ein Gros der Satelliten-Teams erste Quali- und Rennsimulationen ab, welche die Überlegenheit nochmal eindrucksvoll zur Schau stellten.

Auf einer Runde war Bagnaia unschlagbar, in den Longruns befanden sich Martin, A. Marquez und Bastianini im Bereich von eineinhalb bis zwei Zehntel.

Der Konkurrenz ist klar: Der Titel führt auch heuer wieder über Bagnaia und die Desmosedici-Truppe.

Etabliert sich Aprilia als neue Nummer zwei?

Etabliert sich Aprilia als neue Nummer zwei?
Maverick Vinales
Foto: © MotoGP.com

Es sieht vorerst danach aus. Bereits im Vorjahr gelang dem Team aus Noale ein gewaltiger Schritt nach vorne, gekrönt von der ersten Pole Position sowie dem Premierensieg von Aleix Espargaro in Argentinien.

Der Spanier mischte lange Zeit um den WM-Titel mit, am Ende stand der vierte Platz zu Buche. In der Konstrukteurs- sowie der Teamwertung musste Yamaha bzw. KTM knapp der Vortritt gewährt werden, in beiden Kategorien stand letztendlich aber ein beachtlicher dritter WM-Rang.

Mit der Inklusion von RNF (vorher Kundenteam bei Yamaha) in das MotoGP-Projekt soll heuer der Angriff auf Ducati folgen. Zumindest vereinzelt dürfte man es mit dem Weltmeister-Hersteller aufnehmen können. Yamaha, Honda und KTM sollten indes ohne große Probleme auf Distanz gehalten werden, auch wenn der Test-Winter nicht vollends nach Wunsch verlief.

Wobei Sepang noch als Erfolg gewertet werden kann, dort konnte Ducati Paroli geboten werden. Espargaro und Vinales fanden sich unter den Top 6 wieder, das Kundenteam wusste zu gefallen. Doch in Portimao lief vieles falsch.

Espargaro klagte über Schmerzen und Gefühlsverlust im rechten Arm und wurde inzwischen wegen einer Fibrose (krankhafte Vermehrung von Gewebe) operiert. Dadurch ging wichtige Zeit für Setup-Arbeit verloren. Vinales hatte mit technischen Problemen zu kämpfen und konnte sein Programm ebenfalls nicht wie gewünscht absolvieren. Platz 12 am letzten Test-Tag gibt Grund zur Sorge, darüber hinaus kam der für 2023 neu angekündigte Motor nicht rechtzeitig an und soll nun ab dem Saisonstart zum Einsatz kommen.

Im Kundenteam waren dagegen etwas fröhlichere Gesichter anzutreffen, besonders Miguel Oliveira wusste zu überzeugen und wird von einigen als Geheimfavorit gehandelt.

Wie stehen Yamaha und Honda da?

Wie stehen Yamaha und Honda da?
Kann Marc Marquez für Überraschungen sorgen?
Foto: © Gold & Goose / Red Bull Content Pool

Die Test-Bilanz des japanischen Hersteller-Duos fällt zweigeteilt aus.

Ein neues Triebwerk sollte die Top-Speed-Schwäche von Yamaha beheben und das Team dadurch wieder konkurrenzfähiger machen. Dies gelang auch, bei den gemessenen Werten bewegte sich die M1 (im Gegensatz zum Vorjahr) im gesicherten Mittelfeld. Aber: In Sepang war die Qualifying-Pace desaströs und stellte das Team vor neue, gravierende Probleme.

Die Bestätigung folgte am ersten Tag in Portimao, die neue Yamaha war auf neuen Reifen einfach viel zu langsam. Rätselraten machte sich breit, die Angst vor einem Fehlstart in das neue Jahr stieg rapide an – und wich tags darauf der puren Erleichterung.

Mit der Rückkehr zum Aero-Paket aus dem Vorjahr und einem alten Setup, kombiniert mit dem neuen Motor war Quartararo plötzlich 1,3 Sekunden schneller und konkurrenzfähig. Es gab wieder Grund zum Optimismus, wenngleich "El Diablo" zur Vorsicht mahnte und Yamaha zumindest zu Saisonbeginn noch etwas im Hintertreffen sieht.

Bei Honda gibt es hingegen keinerlei Anzeichen, dass die neue Saison besser wird als die alte. Der letzte Platz in der Konstrukteurswertung, nur WM-Platz 13 für Marc Marquez, der zugegebenermaßen acht Rennen verletzungsbedingt verpasste, und dennoch bester Honda-Pilot war – 2022 glich einem Horrorfilm.

Das bisherige Konzept wurde daraufhin überdacht, in Malaysia wurden Marquez vier verschiedene Motorräder zur Verfügung gestellt: ein 2022er-Bike in der letzten Ausbaustufe, zwei unterschiedliche Evolutionen davon sowie ein völlig neuer Prototyp für 2023.

In diesen setzte Honda die größten Hoffnungen, die schnell verblassten. Es war kein Fortschritt erkennbar, das Bike landete mehr oder weniger direkt im Müll-Container. Stattdessen setzt man nun auf die Entwicklung des Vorjahres-Motorrads, welches bereits keinerlei Erfolge einbrachte.

Nach Portimao wurden neue Updates gebracht, die erneut keine Früchte trugen. Obwohl sich Marquez auf dem Bike wohl fühlt, fehlen in den Longruns pro Runde rund eine halbe Sekunde auf die Spitze. Auf eine schnelle Runde betrug der Rückstand sogar acht Zehntel.

Beim erfolgreichsten Hersteller der MotoGP-Geschichte werden Durchhalteparolen bemüht, die Ingenieure stehen jedoch im Wald und wissen nicht, in welche Richtung sie entwickeln sollen. Damit droht Honda und seinem Kundenteam LCR ein weiteres Jahr als Nachzügler.

Was ist für KTM möglich?

Was ist für KTM möglich?
KTM arbeitete vorwiegend an der Feinabstimmung
Foto: © Gold & Goose / Red Bull Content Pool

Das österreichische Fabrikat ist mutmaßlich am schwierigsten einzuschätzen.

Mit der Unterstützung einiger Aerodynamik-Spezialisten von Red Bull Racing will man den in den letzten Jahren aufgerissenen Wissensrückstand schließen. KTM-Chef Pit Beirer ist seit Anbeginn kein großer Freund der Aero-Entwicklungen in der MotoGP, darum herum kommt man bei den Mattighofenern jedoch auch nicht.

Denn das Ziel ist eindeutig formuliert: Man will im siebten MotoGP-Jahr endlich Titel gewinnen. "Wir haben hart gepusht, um 2023 besser denn je zu sein", betonte Pit Beirer im Jänner bei der Präsentation der neuen RC16.

Mit Jack Miller hat man sich adäquat verstärkt, einen echten Qualifying-Spezialisten an Land gezogen. Dazu sitzt mit Brad Binder einer der besten Fahrer auf die Renndistanz im KTM-Sattel.

Doch hinter der wahren Performance von KTM steht noch ein großes Fragezeichen. Die Aerodynamik ist genauso wie der Motor völlig neu, in Sepang war man aber nicht unbedingt konkurrenzfähig und beendete die Testfahrten auf den Rängen 13 (Pol Espargaro), 14 (Brad Binder), 16 (Jack Miller) und 22 (Augusto Fernandez).

Relativiert werden die schwachen Positionen durch die vielen Arbeiten an der Abstimmung der Elektronik, des Fahrwerks und Co. Doch in Portimao setzte sich dieser Trend am ersten Tag fort, Brad Binder war zudem alles andere als glücklich mit dem Gefühl am Bike.

In den finalen Stunden der Winter-Tests gelang dem Team jedoch der Durchbruch, Binder verbesserte sich um 1,5 Sekunden und lag am Ende nur eine knappe halbe Sekunde hinter Bagnaia. Miller verbesserte seine Rundenzeit ebenfalls um eine Sekunde und konnte ebenfalls zufrieden bilanzieren.

"Wir haben einen großen Schritt nach vorne gemacht", freute sich Binder. Auf frischen Reifen fühle er sich inzwischen wohler als auf gebrauchten, was für eine gute Performance im Qualfiying sprechen sollte. Neuankömmling Miller fand sich ebenfalls immer mehr mit auf der RC16 zurecht und sah sich auf dem richtigen Weg. Gleichzeitig räumte er sich und dem Team noch etwas Zeit ein.

Die Chancen scheinen eher gering, KTM zu Saisonbeginn im Spitzenfeld zu sehen. Doch man hat die richtigen Lehren gezogen und weiß nun, wie das Bike optimiert werden kann. Das Potenzial scheint groß zu sein, mit Fortdauer des Jahres dürfte KTM eine gewichtige Rolle im Kampf um Rennsiege spielen.


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