"'Pecco' ist der Mann der letzten Rennen und ich denke, er ist der Mann, den es zu schlagen gilt", musste Fabio Quartararo nach dem Grand Prix von Österreich neidlos anerkennen (HIER nachlesen >>>).
Francesco Bagnaia befand sich auch am Red Bull Ring in Spielberg in Überform und pilotierte seine Ducati souverän zum dritten Sieg in Serie (Rennbericht >>>). Es war sein insgesamt fünfter Triumph in den letzten acht Rennen, trotzdem fehlen ihm in der Weltmeisterschaft satte 44 Punkte auf Quartararo.
Warum? Weil der 25-jährige Vizeweltmeister der letzten Saison erst lange brauchte, um in Form zu kommen. Und seit Jerez lautet sein Motto ohnehin: "Siegen oder Fliegen". Bagnaias Ergebnisse seit Anfang Mai: Sieg, Ausfall, Sieg, Ausfall, Ausfall, Sieg, Sieg, Sieg. - MotoGP-Ergebnisse >>>
Enge Verbindung zu Rossi und Stoner
Vor seiner beeindruckenden Siegesserie betrug sein Rückstand auf den amtierenden Weltmeister gar 91 Punkte, schrieben viele den gebürtigen Turiner schon ab. Doch Bagnaia behielt den Kopf unten, fokussierte sich auf seine Stärken - und holte sich den einen oder anderen Rat von Valentino Rossi und Casey Stoner.
Der Moto2-Champion von 2018 hat nämlich eine enge Beziehung zu den mehrfachen MotoGP-Weltmeistern. Bagnaia tauscht sich regelmäßig mit seinem Landsmann und dem Australier aus. So auch während des Wochenendes in Spielberg, an dem es ihm keineswegs so leicht fiel, wie es im Grand Prix den Anschein machte.
"Das war sicherlich die bestmögliche Art und Weise, dieses Wochenende zu beenden", strahlte der Desmosedici-Fahrer nach seinem Triumph, gab aber zu: "Ich war überrascht, so ins Rennen zu starten, weil ich im FP4 nicht konkurrenzfähig war."
Eine kleine Übertreibung seinerseits, beendete er das für die Rennpace wichtige Training doch auf Rang drei. "Ich hatte Probleme, schnell zu werden", meinte er rückblickend. "Aber plötzlich habe ich einen enormen Schritt gemacht. Ich bin sehr zufrieden", konnte Bagnaia am Ende ein erfreuliches Fazit ziehen.
Bagnaia legt ähnliche Serie wie Stoner 2008 hin
Feuchtfröhlich ging es nach dem Grand Prix auch in der Ducati-Box zu, die den durchaus historischen Erfolg entsprechend feierte. Denn erstmals seit 2007, als Casey Stoner und Loris Capirossi für elf Saisonsiege sorgten, gewinnt das Team aus Bologna mindestens acht Rennen in einem Jahr.
Für den Höhenflug verantwortlich ist eben Bagnaia, der außerdem zum ersten Ducati-Fahrer seit Stoner wurde, der dreimal in Folge auf dem obersten Treppchen steht. Der Australier schaffte dies 2008 durch Siege in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland und hat auch an der aktuellen Glückssträhne seinen Anteil.
"Ich habe mit Casey gesprochen. Er hat mir am Freitag geholfen, ein paar Situationen besser zu verstehen. Es war eine Anmerkung basierend auf seiner Erfahrung mit Ducati", erzählte der Spielberg-Sieger. "Die habe ich versucht umzusetzen. Ich würde sagen, dass das diese Woche durchaus eine Hilfe war."
Warum Rossi "sicherlich noch etwas zu sagen hat"
"Nimm nicht den weichen Vorderreifen, denn mit dem wird es ein richtig langes Rennen - und ich habe den weichen Vorderreifen genommen."
Doch nicht nur Stoner, sondern auch Rossi steht seinem Landsmann stets zur Seite. "'Vale' ist ja sozusagen mein Mentor", bekommt Bagnaia regelmäßig Unterstützung vom mittlerweile in Pension befindlichen Altstar.
"Er gibt mir andauernd Ratschläge", bestätigte der WM-Dritte. "Diesmal sagte er zu mir: 'Nimm nicht den weichen Vorderreifen, denn mit dem wird es ein richtig langes Rennen - und ich habe den weichen Vorderreifen genommen. Da wird er sicherlich noch etwas zu sagen haben", lachte der fünffache Saisontriumphator.
Er gab seinem "Meisterlehrer", wie Bagnaia ihn aufgrund seiner Zeit in der VR46-Akademie und den gemeinsamen Duellen später in der MotoGP nannte, nach dem Rennen auch Recht: "Das war nicht die beste Wahl, denn die Front hat oft blockiert."
Mit dem "Doctor" zog Bagnaia übrigens ebenfalls in einer Statistik gleich. Denn der 43-Jährige war bislang der einzige Italiener in der Motorrad-Königsklasse, der drei GP-Siege in Folge einfahren konnte. Freilich gelang dies "Vale" mehrmals in seiner unglaublichen Laufbahn, trotzdem spiegelt es die aktuellen Leistungen Bagnaias eindrucksvoll wider.
Ausfälle und Schwächephasen machten Bagnaia nur stärker
Der Italiener sieht sich im Moment selbst in der Form seines Lebens, "denn ich habe noch nie drei Rennen in Folge gewonnen."
Die Ausfälle und Schwächephasen in diesem Jahr hat er zu seinen Gunsten genutzt: "Ich bin glücklich, dass wir diese Momente nutzten, um mich selbst zu verbessern - dank meiner Familie, meines Teams, meiner Freundin und VR46."
"Alle zusammen arbeiteten daran, den Grund für die Fehler zu finden und eine Verbesserung zu erzielen. Mit Sicherheit muss ich noch viel mehr lernen, um den Level einiger Fahrer zu erreichen, die in der Vergangenheit an der Spitze waren", verwies Bagnaia auf seine beiden Mentoren.
"Ich glaube aber, dass ich einen Schritt nach vorne gemacht habe, und ich muss auf diesem Weg weitermachen", hofft der Italiener auf eine Fortsetzung bei seinem Heimrennen in Misano in zwei Wochen. Auch dort "werden wir versuchen, uns weiter zu verbessern - was aber nicht einfach wird."
Denn ein gewisser Fabio Quartararo fährt aktuell ebenfalls auf seinem besten Niveau, wie der Yamaha-Fahrer mit Rang zwei in Spielberg bestätigte. Das weiß auch Bagnaia, der sich auf einen harten Kampf beim Grand Prix von San Marino einstellt.
Dort, wo "Pecco" beim zweiten Misano-Rennen im Vorjahr in Führung liegend stürzte und sich "El Diablo" dadurch zum MotoGP-Weltmeister kürte. Die Tifosi werden also hoffen, dass ihrem Schützling die Revanche gelingt und sich der hochspannende WM-Kampf weiter zuspitzt.