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R&R: Das sind Österreichs größte Motorrad-Hoffnungen

Leo Rammerstorfer und Jakob Rosenthaler waren 2023 im Red Bull MotoGP Rookies Cup am Start, dem größten Sprungbrett zur Motorrad-WM. LAOLA1 stellt sie vor:

R&R: Das sind Österreichs größte Motorrad-Hoffnungen Foto: © GEPA/Gold & Goose/Red Bull Content Pool

Österreichische Piloten in der Motorrad-Weltmeisterschaft sind nach wie vor eine absolute Rarität.

Maximilian Kofler war 2020 und 2021 in der Moto3 der letzte heimische Stammfahrer, nach zehn errungenen Punkten aus zwei Jahren war für den Vöcklabrucker aber wieder Schluss.

In der MotoGP ist Martin Bauer weiterhin der bisher einzige rot-weiß-rote Athlet mit Renneinsätzen, wenngleich der Niederösterreicher 2013 nur mittels einer Wildcard in Brünn und Valencia starten durfte.

Österreichs bislang letzter Grand-Prix-Sieger ist August "Gustl" Auinger, der 1986 in Misano den letzten seiner insgesamt fünf Erfolge in der 125er-Klasse einfahren konnte. Sein Wissen teilt er mehrmals im Jahr nicht nur als MotoGP-Experte bei "ServusTV", sondern seit 2007 auch als "Riding Coach" im Red Bull MotoGP Rookies Cup.

Die Nachwuchs-Rennserie wurde vor inzwischen 16 Jahren mit dem heute 68-Jährigen als Schirmherr gegründet und brachte seitdem 112 junge Piloten in die Weltmeisterschaft, darunter Namen wie Brad Binder, Jorge Martin und Pedro Acosta.

Rammerstorfer und Rosenthaler wollen die Flaute beenden

In diesem Jahr sind gleich zwei heimische Motorrad-Hoffnungen im Red Bull MotoGP Rookies Cup an den Start gegangen: Leo Rammerstorfer und Jakob Rosenthaler.

Beide stammen aus Oberösterreich - der 19-jährige Rammerstorfer kommt aus Feldkirchen an der Donau, der 17 Jahre junge Rosenthaler aus Linz. Während Letzterer schon seine dritte und zugleich letzte Saison im Rookies Cup - maximal drei Jahre darf ein Pilot in der Nachwuchs-Serie fahren - bestritt, debütierte Rammerstorfer 2023.

Die Saison haben sie auf den Rängen 20 (Rosenthaler) und 25 (Rammerstorfer) beendet, doch besonders bei Rosenthaler war mehr möglich. Beim ersten Rennen in Mugello lag der Linzer bis zur letzten Runde auf Podestkurs, ehe ein Pilot vor ihm zu Sturz kam. Der 17-Jährige konnte nicht mehr ausweichen und stürzte ebenfalls.

"Ich habe mit drei Jahren im Hühnerstall angefangen zu fahren, das stimmt wirklich."

Leo Rammerstorfer

In der FIM JuniorGP, der Moto3-Junioren-Europameisterschaft, sind ebenfalls beide Österreicher am Start, bilden zusammen das Duo im "LIQUI MOLY Husqvarna Intact GP Junior Team". Dort fährt Rosenthaler sein zweites Jahr, Rammerstorfer wiederum wie im Rookies Cup sein erstes.

Besonders Rosenthaler konnte heuer schon aufzeigen, fuhr in Estoril auf den dritten Platz und damit erstmals aufs Podium. Rammerstorfer erreichte in Valencia und Jerez ebenfalls schon die Punkteränge. In Aragon findet dieses Wochenende die vorletzte Renn-Veranstaltung statt, Anfang November wird die Saison mit zwei Rennen in Valencia beschlossen.

Bevor der letzte Vorhang für das Jahr 2023 fällt, stellt LAOLA1 Österreichs größte Motorrad-Hoffnungen näher vor.

DIE ERSTEN ERINNERUNGEN:

Ihre ersten Erinnerungen führen beide ins Kleinkind-Alter zurück.

Rammerstorfer erzählt, dass er "mit drei Jahren mit einem kleinen China-Pocketbike im Hühnerstall" angefangen habe zu fahren. "Das stimmt wirklich", lacht der 19-Jährige im LAOLA1-Gespräch.

Bis zum Alter von 14 Jahren habe er kaum Rennen bestritten, erst danach begonnen, auf der Rennstrecke zu fahren. 2022 sei er schließlich in die Moto3-Schiene gekommen, nachdem er im Jahr zuvor die Debüt-Ausführung des Austrian Junior Cups gewonnen hatte.

Rosenthaler saß zwar "erst" mit vier Jahren zum ersten Mal auf einem Bike - einer Yamaha PW50, die er zum Geburtstag erhalten hatte -, aber 2015 entdeckte der Linzer seine Liebe zur Supermoto. Zuvor fuhr er hauptsächlich Motocross.

"Supermoto hat mir noch mehr Spaß gemacht, da habe ich dann auch angefangen, Rennen zu fahren", erklärt er. Das habe sich dann immer weiter aufgebaut, wenngleich es gar nicht einfach war, an seinen Fähigkeiten zu arbeiten.

Als der heute 17-Jährige noch Motorcross fuhr, war er beim Kinderverein "MX Kids" in Sattledt dabei. "Das ist gut zum Anfangen, weil man nicht zwischen den Großen fährt - das kann einem nämlich Angst machen", schmunzelt er. Auf der Supermoto konnte er jedoch "fast ausschließlich" bei den jeweiligen Rennen üben.

Rundkurse in Österreich zu finden, ist nämlich wie die Nadel Heuhaufen zu suchen - praktisch unmöglich.

DIE FASZINATION MOTORRAD-RENNFAHREN:

Spricht man die Motorrad-Talente darauf an, was sie an ihrem Rennsport so fasziniert, ist direkt ein Funkeln in den Augen zu erkennen.

Beide sind sich einig: "Es ist das ganze Zusammenspiel mit der Geschwindigkeit, den Schräglagen in der Kurve, das Bremsen, Gas geben, etc", sagt Rammerstorfer. Rosenthaler ergänzt: "Die Kräfte, die auf dich wirken, sind einfach geil."

Außerdem sei der Wettkampf, obwohl es zumeist knapp hergeht, "trotzdem meistens fair. Obwohl es ein gefährlicher Sport ist, wird in den meisten Fällen gut miteinander umgegangen", so Rosenthaler.

Jakob Rosenthaler beim Heim-Rennen in Spielberg
Foto: © GEPA

Und wenn man wie am Red Bull Ring in Spielberg vor den Augen der Familie und der österreichischen Fans gefahren werden darf, blüht das Herz so richtig auf.

"Das ist richtig cool. Die Rennen sind meistens in Spanien, da bin ich immer mit meinem Papa alleine. Hier können meine Mama, Schwester und Familienmitglieder dabei sein", betont Rosenthaler.

DIE BILANZ IHRER ROOKIES-CUP-SAISON:

Rammerstorfer absolvierte seine Debüt-Saison, beendete diese auf dem 24. Endrang. Es sei sehr schwierig gewesen, "weil das Niveau sehr hoch ist", gibt er zu.

Insgesamt zeigt er sich aber sehr zufrieden mit seinen Leistungen, wenngleich der junge Mann aus Feldkirchen an der Donau immer wieder Lehrgeld bezahlen musste. "Ich konnte mich von Wochenende zu Wochenende steigern und das ist, worauf ich heuer Wert gelegt habe."

Das haben auch die Veranstalter des Red Bull Rookies Cup erkannt, der 19-Jährige darf eine weitere Saison in der Nachwuchs-Rennserie bestreiten.

Dort wird der Oberösterreicher 2024 der einzige heimische Pilot sein, nachdem Rosenthaler bereits das Maximum von drei Teilnahme-Jahren erreicht hat. Auch wenn 2023 Berg- und Talfahrten dabei gewesen seien, "geht es vom Gesamtbild immer weiter nach vorne", fällt auch seine Bilanz positiv aus.

"Jetzt kann ich meistens in der ersten Gruppe mitfahren, um die vorderen Plätze mitkämpfen." Das bewies der 17-Jährige beim ersten Rennen in Mugello im Regen, "da ist in der letzten Runde ein Fahrer vor mir gestürzt und ich war zu dem Zeitpunkt Dritter. Da wäre ein Podium sicher auch möglich gewesen", spricht etwas der Frust aus ihm heraus.

Aus seinen drei Saisonen im Red Bull Rookies Cup nimmt Rosenthaler vor allem die gewonnene Renn-Erfahrung mit. "Im Vergleich zu den meisten Piloten, die hier fahren, habe ich spät angefangen, auf Rennstrecken zu fahren. Vor dem Rookies Cup bin ich nur vier Rennen im Northern Talent Cup gefahren, ansonsten gar nichts."

In den letzten Jahren sind einige Rennen zusammengekommen, "rund 30 Renn-Veranstaltungen mit zumeist je zwei Rennen" habe er alleine 2022 und 2023 absolviert.

BESONDERE MOMENTE IN IHRER KARRIERE:

Anfang Mai dieses Jahres erlebte Rosenthaler sein bis dato bestes Rennen, wie er selbst sagt. "In der Junioren-EM heuer in Estoril, da war ich das erste Mal am Podium", verweist er stolz darauf. Einzig der Moment am Podest blieb ihm verwehrt - aber warum?

"Weil das Endergebnis erst zwei Stunden nach Rennende entschieden wurde – im Rennen war ich Vierter, aber der drittplatzierte Fahrer wurde disqualifiziert. Das war trotzdem auf jeden Fall mein Highlight", meint der 17-Jährige, der in der JuniorGP aktuell den 14. Platz einnimmt.

Rammerstorfer hat seinen bislang größten Karriere-Moment ebenfalls sofort parat. "Nachdem ich in der Premierensaison den Austrian Junior Cup gewonnen habe, und das eigentlich mein Sprungbrett für die bisherige Karriere war, ist das ganz klar das Highlight. Und natürlich die Sichtung, in der ich selektiert wurde."

Die angesprochene Sichtung war jene für den Red Bull Rookies Cup, die der Oberösterreicher im Herbst 2022 bestritt. Jährlich werden über 100 Piloten aus der ganzen Welt eingeladen, um an einem dreitätigen Auswahlverfahren teilzunehmen.

Dabei werden die Fahrer von den "Riding Coaches" genauestens unter die Lupe genommen, 2022 wurden schließlich acht Piloten genommen. "Zum Glück war ich darunter", strahlt Rammerstorfer noch heute. 2023 waren Denis Kiesewetter, Daniel Krabacher und Niklas Wannenmacher aus Österreich dabei, den Sprung hat jedoch keiner geschafft.

WELCHE OPFER SIE BRINGEN MÜSSEN:

Um sich den Traum von der Teilnahme an der Motorrad-WM, geschweige denn der MotoGP, irgendwann erfüllen zu können, müssen hohe Hürden überwunden werden - vor allem finanzieller Natur.

KTM-Motorsportchef Pit Beirer rechnete bei einem Medientermin im August vor, dass man alleine 150.000 bis 200.00 Euro benötige, um sich beispielsweise in die gut besetzte spanische Jugend-Meisterschaft einzukaufen. Eine konkurrenzfähige Moto3-Rennmaschine koste rund 100.000 Euro.

Man ist meistens nur vier, fünf Tage in einem Land, dann sitzt man schon wieder im Flieger – das ist mental belastend."

Jakob Rosenthaler

"Wer soll das machen? Entweder bist du steinreich oder du ruinierst die Familie", sagte Beirer. Rosenthaler denkt, dass es ohne Sponsoren gar nicht möglich sei, "weil man braucht schon einen gewissen Background, um das machen zu können."

Während im Red Bull Rookies Cup bis auf An-/Abreise sowie die Unterkunft sämtliche Kosten übernommen werden, müssen Rammerstorfer und Rosenthaler in der JuniorGP alles selbst bezahlen.

"So eine Saison ist schon sehr kostenintensiv", meint Rammerstorfer.  In der Junioren-EM sprenge es jeden Rahmen, betont Rosenthaler. "Wir sind normalsterbliche Leute, da geht es nur über Sponsoren und große Unterstützter." Wenn die Eltern nicht hinter ihren Kinder stehen würden, ginge es gar nicht, sagt der Linzer weiter.

KTM hat das Ziel, die Einstiegshürde auf etwa 10.000 Euro zu drücken, damit ein rennfähiges Motorrad erworben werden kann, um an verschiedenen Orten trainieren zu können. Doch nicht nur monetär müssen viele Opfer gebracht werden, auch die Freizeitaktivitäten sind stark beschränkt.

"Es geht nur mehr um das Motorradfahren, es gibt gar nichts anderes mehr. In der Schule bin ich nur mehr, wenn Zeit ist. Mit Freunden etwas unternehmen, das geht gar nicht, weil die Zeit nicht da ist", verrät Rosenthaler.

"Man ist extrem viel von daheim weg. Heuer waren wir zum Beispiel zu Saisonbeginn fünf Wochen durchgehend unterwegs, von Portugal, Frankreich nach Italien. Man ist meistens nur vier, fünf Tage in einem Land, dann sitzt man schon wieder im Flieger – das ist mental belastend."

Es sei allerdings auch eine gute Vorbereitung auf ein mögliches Engagement in der Moto3-Weltmeisterschaft, wo unzählige Übersee-Rennen anstehen.

IHRE CHANCEN AUF DEN EINSTIEG IN DIE MOTO3-WM:

Sowohl Rammerstorfer als auch Rosenthaler sehen ihre eigene Leistung als Schlüssel, um bald in der kleinsten Kategorie der Motorrad-WM einzusteigen.

Der 19-Jährige zeigt sich selbstbewusst: "Wenn ich mich so weiter steigere, dann nächstes Jahr noch etwas drauflegen kann, bin ich schon sehr zuversichtlich, dass ich 2025 in der Moto3 bin." Das liege aber nicht in seiner Hand, müsse KTM und viele weitere Dinge mitspielen.

Rosenthaler sieht den Weg in die Moto3 gegeben. Das LIQUI MOLY Husqvarna Intact GP Junior Team, in dem beide fahren, "hat auch ein Moto2- und Moto3-Team. Die Struktur, Fahrer aus dem eigenen Team hochzuholen, ist da."

Bringe er 2024 konstant seine Leistungen und schaffe den Sprung ins Spitzenfeld, "sind die Chancen auf jeden Fall hoch, in der Moto3 zu fahren."

In welcher Rennserie der 17-Jährige das kommende Jahr bestreiten wird, ist allerdings noch offen. Mit guten Leistungen in Aragon und Valencia will er sich wieder für ein weiteres Jahr in der JuniorGP empfehlen, dann wäre das Sprungbrett in die Moto3 weiterhin gegeben.

IHRE VORBILDER:

"Ganz klar Marc Marquez", antwortet Rammerstorfer wie aus der Pistole geschossen.

Der sechsfache MotoGP-Champion, der Repsol Honda nach elf Jahren am Saisonende verlassen wird, habe das Motorrad "ganz speziell im Griff." Stars wie den Spanier, Francesco Bagnaia oder Brad Binder im Rahmen des Red Bull Rookies Cup hautnah erleben zu dürfen, helfe auch in der eigenen Entwicklung. "Man kann sich sehr viel abschauen."

Rosenthalers Wahl steht ebenfalls schnell fest: "Fabio Quartararo, aber jetzt rennt es auch nicht mehr so gut", lacht er. Trotzdem bewundere ihn, wie es der Franzose schaffe, trotz der schwächelnden Yamaha ständig relativ weit vorne zu sein. "Man merkt dadurch, dass er einer der besten Fahrer der Welt ist."

Dorthin ist es für Österreichs größten Motorrad-Hoffnungen zwar noch ein langer Weg, die Chancen, bald wieder die rot-weiß-rote Flagge im Rahmen der Motorrad-WM zu sehen, sind aber definitiv gegeben.


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