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Balaton Park: Das ist die neue Rennstrecke unweit von Wien

Der Balaton Park Circuit ist die erste neue Rennstrecke in Ungarn seit langem. Gerhard Kuntschik stellt das Projekt vor:

Balaton Park: Das ist die neue Rennstrecke unweit von Wien

In Ungarn gehen die Uhren offenbar anders.

Nicht nur, dass 1986 auf dem damals neuen Hungaroring der erste Grand Prix der Formel 1 in einem kommunistisch regierten Land stattfand. Auch in Zeiten wie diesen, denn eine neue Rennstrecke mitten in Europa zu bauen ist schon fast abenteuerlich.

Doch Chanoch Nissany hatte schon immer Sinn dafür. Und so steht der 59-jährige Israeli auch hinter dem diese Woche eröffneten Balaton Park Circuit, in Sichtweite des Plattensees an dessen nordöstlichem Rand inmitten der beliebten Ferienregion um Balatonfüröd.

Chanoch Nissany? Der Vater des aktuellen F2-Fahrers Roy Nissany ist vielen wohl als langsamster Formel-1-Pilot aller Zeiten in Erinnerung. Erst sehr spät, als 38-Jähriger, wollte er sein Hobby Rennsport umsetzen, wurde 2005 Testfahrer bei Paul Stoddarts Minardi-Team und durfte in seiner Wahlheimat Ungarn am 29. Juli (seinem 42. Geburtstag) das Freitagstraining zum ungarischen GP bestreiten – und wurde Letzter mit 12,9 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Alex Wurz im McLaren-Mercedes! Seine aktive Laufbahn setzte er in ungarischen Serien bis 2011 fort.

Als Geschäftsmann (dem auch beste Verbindungen zur israelischen Regierung nachgesagt werden) konnte er internationale Investoren für das Projekt Balaton Park Circuit gewinnen. Investiert wurden 204 Mio. Euro – die Geldgeber sind namentlich nicht bekannt.

Die Strecke wurde vom ungarischen Designer Ferenc Gulácsi konzipiert (wohl eine der wenigen neuen Strecken ohne Hermann Tilkes Mitwirkung) und ist 4,115 Kilometer lang, weist sechs Rechts- und zehn Linkskurven (gegen den Uhrzeigersinn) auf und ist 12 bis 15 Meter breit. Die relative Kürze könnte bei großen Teilnehmerfeldern zum Problem werden.

Es gibt 48 Boxen, eine permanente Tribüne für 10.000 Zuschauer und die Möglichkeit, temporäre für bis zu 120.000 zu errichten. Ein Viersternhotel mit 145 Zimmern (Blick auf die Strecke) soll Ende des Jahres fertiggestellt werden. 2.000 Quadratmeter Lounges sind im Hauptgebäude vorhanden. Die Erreichbarkeit ist durch die Nähe der Autobahn M7 (Budapest-Szekesfehervar) gegeben. Die Entfernung zu Budapest beträgt 95 Kilometer, nach Wien 220 und nach Graz 246.

"Fisico" dreht als Botschafter erste Runden

Während sich der öffentlichkeitsscheue Nissany bei der Eröffnung nicht blicken ließ, gab der für die sportliche Leitung verantwortliche Vorstand Gianpaolo Matteucci Details bekannt. Der wurde als langjähriger Fahrermanager durch seinen Schützling Luca Ghiotto mit der Nissany-Familie bekannt und stieg in das Projekt ein: "Vor sechs Jahren wurden die Pläne konkret, vor vier Jahren war Grundsteinlegung."

Der 59-Jährige brachte auch gleich seinen Ex-Klienten Giancarlo Fisichella (231 Grands Prix, drei Siege) als "Botschafter" mit ein. Der auch in einem Ferrari Purosangue die ersten Runden für Filmaufnahmen drehte und befand: "Das nächste Mal komme ich mit der Familie auf Urlaub hierher."

Die Strecke wurde im Hinblick auf FIA-Grade 1 (also F1-Standard) und FIM-Grade A gebaut, das Homologationsansuchen läuft bei der FIA aber derzeit für Grade 2 – aus Kostengründen.

Formel 1 und MotoGP? Zumindest noch nicht

Und was soll auf dem Kurs stattfinden? Matteucci: "Von Privattests bis zu Rennsport auf zwei und vier Rädern reicht unser Angebot. Wir sind mit mehreren Serienveranstaltern für die Saison 2024 und später in Verhandlungen."

Und damit ergibt sich die Frage: Konkurrenz für den Hungaroring? Der hat die Formel 1 bis 2027 zu Gast und soll nun umfangreich modernisiert werden. Matteucci: "Unser Unternehmen ist zu 100 Prozent privat, der Hungaroring ist staatlich subventioniert."

Will heißen: An die Formel 1 (oder MotoGP) denkt man derzeit nicht. Erster Gast ist Anfang Juni Porsche mit zweiwöchigen Feierlichkeiten zum 75-Jahr-Jubiläum.

Anrainerprobleme, so wurde versichert, gab es keine. Die Region stehe wegen der Chance auf neue Arbeitsplätze und dem erwarteten Zuwachs im Tourismus hinter dem Projekt, hieß es.

Der Balaton Park Circuit ist die erste neue, permanente Rennstrecke in Mittel- und Westeuropa seit der Eröffnung des Autodroms Algarve 2008. Die Stadtkurse in Sochi (2014) und Baku (2016) sind ja temporär. Und der Moscow Raceway in Wolokolamsk (2012) steht aktuell für Nichtrussen wohl nicht zur Wahl.

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