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Ferdinand Habsburg: "Ich spürte erstmals Angst"

Ferdinand Habsburg sprach nach seinem schweren Testunfall im März mit LAOLA1-Experte Gerhard Kuntschik über seine Leidenszeit und den Weg zurück.

Ferdinand Habsburg: Foto: © Alpine

Seine erste Saison im Alpine-Werkteam war für Ferdinand Habsburg eine schwierige.

Denn als er am 27. März bei einem Testunfall im Motorland Aragon nach einem Bremsdefekt Wirbelbrüche erlitt, war die Karriere in Gefahr.

Wie es ihm in den Wochen danach erging, auf wen er vertrauen konnte und wie er die umkämpfte Hypercar-Saison mit Punkten in Katar (zum Auftakt Siebenter), Austin (Fünfter), Fuji (Siebenter) und dem Topergebnis zuletzt in Bahrain (Vierter) sieht, sagt er im Interview mit LAOLA1.

Laola 1: Wie schwierig war das Comeback nach dem schweren Testunfall?

Ferdinand Habsburg: Die Furcht vor Lähmungen unmittelbar nach dem Crash war groß. Erfreulich war das enge Verhältnis zu meiner jüngeren Schwester Gloria, aber auch innerhalb des Teams. Als ich aus dem Auto geholt wurde, checkten die Ärzte und Sanitäter meine Knie. Ich konnte sie fühlen, das brachte Erleichterung.  Der nächste Gedanke war: Was passiert, wenn ich nochmals einen solchen Unfall habe? Es war die Furcht, nicht auf meiner eigenen Hochzeit tanzen zu können, nicht mit meinen künftigen Kindern spazieren gehen oder Sport betreiben zu können. Als ich viel später, es war wohl Ende Mai, erstmals wieder ins Auto stieg, hatte ich Angst. Das war bei einem Roll-out in Le Castellet. Ich fuhr nur zehn oder 15 Runden. Ich hatte nie zuvor Angst in einem Rennwagen, das kannte ich nicht – bis dahin. Das Hirn fragte sofort, was ist, wenn die Bremsen wieder nicht funktionieren? Als ich durch die Reha ging, fragte ich mich: Ist es wert, dein Leben so zu riskieren? Es war mein Hobby, ja auch mein Beruf, aber musste es sein? In Le Mans fühlte ich mich beim Comeback noch nicht hundertprozentig.

Laola 1: Wann ging es aufwärts?

Habsburg: Richtig gut ging es mir erst in Sao Paulo, da war die ganze Freude am Rennfahren zurück, vielleicht sogar mehr als vor dem Unfall. Es war ein emotionaler Rollercoaster Ride für mich.

Laola 1: Wer half Dir vor allem im mentalen Bereich?

Habsburg: Was mir die meiste Kraft in der schwierigen Zeit gab, war zu sehen, wie viel Menschen für mich beteten. Wer keinen Glauben hat, kann das vielleicht nicht verstehen. Meine Schwester Gloria half mir so viel: Sie wechselte meine Unterwäsche, schleppte mich in die Dusche, wusch mich, brachte mich auf die Toilette, fütterte mich. Es war einerseits eine Demütigung für mich, andrerseits schweißte es uns noch mehr zusammen.

Laola 1: Du hast ein besonderes Verhältnis zu Gloria?

Habsburg: Ich bewundere meine Schwester für ihre karitativen Tätigkeiten im Nahen Osten. Sie versucht Menschen in Not zu helfen. Ihre Welt ist angesichts der politischen Situation am Zerfallen, meine Welt ist eine ganz andere. Wir sind als Rennfahrer privilegiert. Gloria ist ständig mit dem Elend vieler Freunde im Nahen Osten konfrontiert, mit dem Tod von Studienkollegen. Und ich beklage mich, wenn ich keinen neuen Reifensatz bekomme…. Ich bin interessant, wenn ich Erfolg habe, weil ich Rennfahrer bin. Aber ich mache unwichtige Sachen, meine Schwester macht die wirklich bedeutenden, und sie ist deswegen nicht berühmt. Genauso wie meine ältere Schwester Eleonore (verheiratet mit Ex-F1- und -FE-Fahrer Jérome d’Ambrosio, Anm.), die ist jetzt zweifache Mutter und hat den wichtigsten Job überhaupt. Und sie bekommt dafür keine Lorbeeren!

Ferdinand Habsburg war mit seiner Saison im Alpine zufrieden.
Foto: © Alpine

Laola 1: Gab es Zweifel an Deinem Comeback?

Habsburg: Niemand dachte, dass ich für Le Mans wieder einsatzbereit sei, aber ich wollte es. Es waren immense Schmerzen während der Reha, aber ich wollte es schaffen. Wir fielen ja früh aus, da fragst du dich, war das die Schmerzen wert, aber es machte mich mental stärker. Jetzt bin ich wieder zurück im WEC, hatte inzwischen einen Podestplatz in der Europäischen Le Mans-Serie, bin seit Sao Paulo im Juli wieder fahrerisch in Form. Auch mental war ich wieder obenauf, hatte einfach die Freude wiedergefunden.

Laola 1: In Summe, wie sieht Deine Saisonbilanz aus?

Habsburg: Generell kann ich sagen: Ich genoss mein erstes Jahr als Werkfahrer bei Alpine in vollen Zügen. Ich bin in der privilegierten Situation, mich mit den Besten unseres Sports messen zu können. Die Lernkurve seit dem Comeback war enorm.

Laola 1: Wie geht es weiter?

Habsburg: Mein Vertrag mit Alpine läuft weiter. Deshalb versuche ich auch, französisch zu lernen (schmunzelt). Ob ich nächstes Jahr neben dem WEC noch andere Rennen fahren kann, hängt von Alpine ab. Daytona im Jänner könnte sich wieder ergeben, aber bis jetzt habe ich kein Angebot, aber das kann noch kommen.  

Laola 1: Wie verbringst Du die kurze Winterpause?

Habsburg: Wir haben nach dem Finale in Bahrain noch ein Testprogramm, Arbeit im Simulator, einige Medientermine. Am 18. Dezember bin ich letztmals heuer im Simulator, dann beginnen die Ferien. Wie jedes Jahr kommt die ganze Familie in Jamaika zusammen, Sommerurlaub im Winter sozusagen. Und ich möchte ein paar Tage nur mit meinem Vater verbringen. Es geht ihm nach der Krebserkrankung wieder gut. Er hatte früher einen Road Trip auf der Panamericana mit Eleonore begonnen, ihn aber nie beendet. Es fehlt ein Stück in Ekuador. Er hat am 11. Jänner Geburtstag, vielleicht können wir da das zusammen nachholen.


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