Weihnachtszeit im winterlichen Pinzgau.
Ich bin mit Nico Rosberg, damals bei Williams (letzter F1-Kollege von Alex Wurz in dessen Abschiedssaison) zu einem Interview in einem Café verabredet. Nico kommt leicht verspätet und leicht verschwitzt: "Sorry, war Schneeschuhwandern auf der Schmitten."
Nach dem Gespräch sagt er: "Ich geh jetzt daheim noch in die Kraftkammer und abends spiele ich Eishockey mit meinen Kumpeln in Kaprun."
Ich treffe Papa Keke später an der Bar in seinem Stammlokal Ampere bei Harry Wuthe. Keke fragt mit einem Drink in der Hand: "Was macht Nico jetzt?" Ich kläre ihn auf. Keke schüttelt den Kopf: "Hätte ich so ein Programm gehabt, wäre ich nie Formel-1-Fahrer geworden!"
Max Verstappen gelang heuer mit 19 Siegen in 22 Rennen ein Formel-1-Rekord. Den konträren dazu halten Mike Hawthorn (1958) und Keke Rosberg (1982) mit einem Saisonsieg, der dennoch dank Konstanz über die Saison zum Titel reichte.
Am 6. Dezember feiert Keke den 75. Geburtstag. Grund genug für einen würdigenden Rückblick auf die erfolgreiche Karriere als Rennfahrer, Manager und Unternehmer – und vielen Bezügen zu seiner früheren Wahlheimat Österreich.
Über Nacht ins Team von Frank Williams
Nach Durchlaufen fast aller Nachwuchsformeln fand Rosberg erst mit 29 Jahren sein erstes F1-Cockpit in der Saison 1978, als er zwischen den Nachzüglern Theodore und ATS pendelte. Schon zuvor hatte er sich in Zell am See niedergelassen, die Villa in bester Lage in Thumersbach über dem See folgte aber erst viel später und blieb über Jahrzehnte das Familien-Winterdomizil.
Nach einer zweiten punktelosen Saison mit dem Austro-kanadischen Unternehmer Walter Wolf wechselte Rosberg samt dem Wolf-Inventar zum Team von Ex-Champion Emerson Fittipaldi, bei dem die ersten WM-Punkte für Platz drei gleich beim Auftakt in Buenos Aires gelangen.
Nach einer Durststrecke bei Fittipaldi kam der in Solna (Schweden) geborene Finne durch den Rücktritt von Alan Jones über Nacht ins Team von Frank Williams. Rosberg punktete 1982 kontinuierlich und feierte in Dijon seinen ersten Sieg beim (exterritorialen) Grand Prix der Schweiz (wo seit 1955 ein Verbot von Rundstreckenrennen bestand). Beim Grand Prix von Österreich wurde er hinter Premierensieger Elio de Angelis (Lotus) im Fotofinish Zweiter – mit einem Abstand von fünf Hundertstelsekunden, der viertknappsten Entscheidung in der Formel 1.
Vier weitere GP-Siege folgten, darunter 1983 in Monaco, wo 30 Jahre später Sohn Nico triumphierte. Vier von Rosbergs fünf Siegen feierte er auf Stadtkursen. 1986 fiel er in seinem letzten Rennen in Adelaide in Führung liegend wegen eines Reifenschadens am McLaren-Porsche aus.
Sechs Österreicher im Team Rosberg
Drei Jahre hielt es Rosberg in der Rennpension aus, ehe er in der Sportwagen-WM mit Peugeot (Teamchef Jean Todt!) zurückkehrte und dort zwei Mal gewann. Von 1992 bis 1995 klang Rosbergs Fahrerlaufbahn in der DTM bei Mercedes bzw. Opel aus – der Übergang zum eigenen Rennstall war schon fließend.
Bis 2022 war Team Rosberg aktiv in DTM/ITC, Supertourenwagen-Cup, Formel BMW, Formel 3, GT Masters, A1 GP und wieder DTM ab der Neugründung 2000 – zuerst als Mercedes-Kunde, dann ab 2006 mit Audi. Für Team Rosberg fuhren in den verschiedenen Serien mit Christian Klien, Andreas Zuber, Mathias Lauda, Patrick Friesacher, Franz Binder und Bernd Hendlhofer auch sechs Österreicher.
Rosberg war auch länger als Fahrermanager tätig: Er betreute u. a. J. J. Lehto, den jungen Mika Häkkinen und Manuel Reuter – der zweifache Le-Mans-Sieger wurde ab 1997 quasi ein "Nachbar" mit Wohnsitz Saalfelden.
"Für Keke gab es nur schwarz oder weiß"
Für Rosberg und sein in Neustadt an der Weinstraße beheimatetes Team arbeitete der Salzburger Peter Reinisch als Teammanager in der Formel 3 und im GT Masters. "Keke war immer geradlinig und sehr bestimmend. Es gab für ihn nur schwarz oder weiß, aber nichts dazwischen", sagt Reinisch.
In der DTM war der bei Walter Lechner ausgebildete Rheinländer Arno Zensen der Teamverantwortliche – in diesen Jahren wurde der Wahl-Bregenzer René Rast drei Mal Meister, zwei Mal gewann Rosberg den Teamtitel. "Keke war für mich immer erreichbar. Wir hatten bald ein Vertrauensverhältnis. Er gab mir Ratschläge, machte aber keine Vorschriften. Mit den Jahren konnte ich immer selbständiger entscheiden", meint Zensen rückblickend.
Und für die Bewirtung von Gästen und Sponsoren sorgte Rosbergs alter Freund aus Zeller Tagen, der Gastronom Harry Wuthe. "Meine Tochter Nadine und Nico Rosberg waren von Kindheitstagen an befreundet, gingen zusammen Skifahren. So entstand ein enger Kontakt zu Keke und seiner Gattin Sina." Wuthe ist noch immer mit Rosberg befreundet, auch wenn der vor über zehn Jahren sein Zeller Domizil verkaufte.
Und was sagt Nico Rosberg, der 34 Jahre nach dem Herrn Papa Weltmeister wurde, über ihn? "Ich bin super dankbar für seine Riesenunterstützung. Auch die wertvollen Tipps. Besonders bedeutend war das Networking mit den Entscheidungsträgern wie den Ingenieuren, Teamchefs usw. Das hat mir sehr geholfen. Was aber auch super war, ist, dass er sich dann auch zurückgezogen hat und mir ermöglicht hat, meine eigenen Fehler zu machen…."
Alles Gute, Keke!