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Neue Wurz-Rennstrecke: Das ist der "Ten Tenths Motor Club"

In den USA ist eine neue Rennstrecke unter der Führung des zweifachen Le-Mans-Siegers entstanden. Dass Wurz den Zuschlag bekommen hat, ist kein Zufall.

Neue Wurz-Rennstrecke: Das ist der

In Charlotte, North Carolina, ist eine neue, moderne Motorsport-Anlage unmittelbar vor den Toren des Charlotte Motor Speedway entstanden.

Die Rede ist vom Ten Tenths Motor Club, eine 2,7 Kilometer lange, 19 Kurven umfassende Club-Rennstrecke auf einer Fläche von rund 40 Hektar, die für Fahrzeug-Enthusiasten mit dem notwendigen Kleingeld entwickelt wurde, aber auch Möglichkeiten für Hersteller und Nachwuchsfahrer bietet.

Mit LAOLA1 hat der ehemalige Formel-1-Fahrer und zweifache Le-Mans-Sieger Alex Wurz über die Hintergründe des am 10. Oktober 2024 eröffneten Kurses gesprochen, wie es zum Auftrag für das Unternehmen "Wurz Design - Test & Training" gekommen ist, wie der Designprozess abgelaufen ist und wie er die Thematik Umweltschutz einordnet.

Vor den Toren der NASCAR-Hauptstadt

Der Ten Tenths Motor Club liegt unmittelbar vor den Toren des NASCAR-Ovals Charlotte Motor Speedway, genauer gesagt an der dazwischenliegenden Morehead Road, die die in die Stadt führende Schnellstraße 29 kreuzt.

"Es ist eine kleine Club-Rennstrecke, die sich in das ganze Motorsport-Konglomerat in Charlotte einfügt", sagt Wurz und ergänzt: "Um dem Trend der Privatstrecken zu folgen, hat sich die Stadt zum Bau entschlossen." Dass der Niederösterreicher den Zuschlag bekommen hat, ist allerdings kein Zufall.

Das Layout der neuen Wurz-Rennstrecke
Foto: © Ten Tenths Motor Club

"Weil ich bereits in der Vergangenheit Marcus Smith (Geschäftsführer Speedway Motorsports LLC, Anm. d. Red.) mit dem Roval (dem Oval-Rundstrecken-Hybriden innerhalb des Charlotte Motor Speedway, Anm. d. Red.) geholfen habe, ist man auf mich zurückgekommen und hat gefragt, was ich auf dem Grundstück entwerfen kann", erläutert der 69-fache Formel-1-Starter.

Der neue Kurs, der von Speedway Motorsports geführt wird, "soll Spaß am dynamischen Autofahren" bieten, wobei Enthusiasten mit dem notwendigen Kleingeld vor Ort "private Villen bzw. Häuser mieten oder kaufen" können.

Imponierend ist das 1850 Quadratmeter große Club House für spezielle Veranstaltungen, das unter anderem eine Garage mit Stellplätzen der Mitglieder-Autos, eine Zigarrenlounge, eine Bourbon-Bar und einen Putting- sowie einen Offroad-Parcours bietet. Aber auch Hersteller sind auf die Rennstrecke geladen, etwa um neue, sportliche Modelle zu präsentieren.

Im Juli 2023 wurde zwar nicht in den USA, aber in der japanischen Präfektur Chiba ebenfalls eine Rennstrecke für Millionäre eröffnet: der Magarigawa Club. Entworfen wurde diese von "Tilke Engineers und Architects", also jener Firma rund um den Deutschen Hermann Tilke, die auch für die Formel-1- und MotoGP-Kurse verantwortlich ist.

"Erfahrung und Simulation" als tragende Faktoren

Medial bekommen Motorsport-Fans oftmals nur einzelne Bauschritte in kurzen Postings auf diversen Social-Media-Plattformen zu sehen und erhalten deshalb nicht den vollen Umfang des Aufwandes, der zwischen der ersten Skizze bis zur Eröffnung liegt.

Doch unabhängig davon, wie aufwändig oder komplex das Design einer neuen Strecke werden mag, eines ist immer gleich: der erste Schritt. Eine Strecke zu entwerfen sei "ein intuitiver Prozess", sagt Wurz, dessen Ursprung immer in einer Vor-Ort-Besichtigung liegt.

"Dadurch hat man bereits den Überblick über die ersten Einschränkungen, wie die Grundstücksgrenze, die Ein- und Ausfahrt sowie den Kanal- und Stromanschluss. Das gibt dann meistens schon die ungefähre Position des Fahrerlagers bzw. in diesem Fall Club House vor", sagt der 50-jährige Österreicher und ergänzt: "Dann natürlich auch noch die Topografie und welche Flächen innerhalb des Grundstücks überhaupt bebaut werden dürfen."

"Und dann fragst du dich: 'Welche Kurvenradien und Lastwechsel brauche ich, damit sich der Fahrer wohl, aber auch sicher fühlt?' Natürlich spielen da dann die Erfahrung und die Simulationen eine wichtige Rolle. Ich springe beim Design gedanklich ins Auto und überlege mir Sachen wie: 'Okay, wo möchte ich jetzt einen blinden Kurveneingang haben, sodass ein erfahrener Pilot einen Vorteil hat?"

Eine Runde in der Simulation: 

Zusammen mit seinem Vater Franz, der 1974, 1976 und 182 die europäische Rallycross-Meisterschaft gewonnen hat, betreibt Alex die weltweit renommierte Firma "Wurz Design - Test & Training". Beide sind ehemalige, erfolgreiche Motorsportler, die in Europa, aber auch auf der ganzen Welt Rennen und Titel gewonnen haben.

"Diese Erfahrung ist für uns unglaublich wichtig, die zusammen mit der Expertise und dem Verständnis für Zivil-Ingenieurstechnik in dieser Form und Größe niemand auf der Welt hat", unterstreicht der beliebte ORF-Co-Kommentator und fährt fort: "Wir sind verschiedenste Fahrzeuge auf fast allen Rennstrecken dieser Welt gefahren und haben auch verschiedenste Fahrsicherheitstrainings mit normalen Auto-, aber auch Academy-Fahrern geleitet. Mein Vater hat schon über 40 verschiedene Fahrsicherheitszentren und kleine Rennstrecken betrieben - auch noch den alten A1 Ring vor dem Umbau zum Red Bull Ring."

Drei Layouts bieten fast unbeschränkte Möglichkeiten

Der Ten Tenths Motor Club weist in seiner vollen Konfiguration zwar eine Länge von 2,7 Kilometern auf 19 Kurven auf, kann aber bei Bedarf in die zwei Schleifen "Short Course" und "Inner Loop" unterteilt werden.

"Auch wenn wir eine Hauptrichtung vorgegeben haben, kann die Hauptstrecke in beiden Richtungen befahren werden. Ein Loop bietet die Möglichkeit zur Bewässerung, die eine eigene Entwässerungsanlage zum Filtern und Recyclen des Wassers hat. Das ist etwas sehr Cooles, weil man darauf auch Drift-Trainings bzw. Bewerbe austragen, aber auch üben kann, im Nassen ans Limit zu gehen. Das ist insbesondere gut für Rennfahrer-Trainings und junge Rennfahrer", führt Wurz durch das Streckendesign und erklärt die Beweggründe hinter den einzelnen Abschnitten.

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Diese Flexibilität sollen allerdings nicht nur Mitglieder und Fahrzeughersteller genießen können. "Auch Reifenbauer sollen die Anlage nutzen können, wenn sie ihre neuen Reifen testen wollen", gibt das ehemalige Langstrecken-Ass weiter preis.

Besonders stolz gibt sich Wurz über die hausinterne Bewässerungs- bzw. Recyclinganlage. "Das Entwässerungssystem ist direkt neben der Strecke, wobei das Wasser dort gefiltert und in die Pumpstation geleitet wird. So haben wir einen Kreislauf. Aber das ist ein ganz normaler Prozess, der weltweit eingesetzt wird."

Umweltschutz: "Motorsport nimmt Vorreiterrolle ein"

Im Jahr 2024 ist aufgrund der Umweltthematik der Verbrenner-Motorsport ein heikles Thema. Regelmäßig kommen Fragen auf, die den gleichen Dreh- und Angelpunkt beinhalten: Braucht es diese Sportart aufgrund der Klimadebatten noch?

"Mein Ansatz dazu ist: Wir müssen im Realleben bleiben, aber alles so effizient und umweltschonend wie möglich ausüben", betont der dreifache Formel-1-Podestfahrer diesbezüglich mit deutlichen Worten und ergänzt: "Der Motorsport nimmt in der Technologie eine Vorreiterrolle ein. Wir fahren bereits in diversen Serien mit synthetischen Kraftstoffen, die hoffentlich auch so auf die Straße kommen werden."

Der gebürtige Waldviertler verweist neben dem Umweltschutz auch auf die Notwendigkeit von Rennstrecken. "Das Automobil ist seit Generationen ein Zeichen der Freiheit. Und uns ist es lieber, dass die Menschen diese Freiheit auf einer sicheren Rennstrecke genießen, als im Straßenverkehr, wo sie Menschenleben in Gefahr bringen könnten."

Neben dem Ten Tenths Motor Club für Speedway Motorsports gehören zum Portfolio von "Wurz Design - Test & Training" unter anderem die Formel 1, MotoGP, WEC und die IndyCar-Serie.

Aktuell werde "an drei Formel-1-Rennstrecken gearbeitet sowie eine historische US-Rennstrecke renoviert und ausgebaut", verrät Wurz über die laufenden Projekte und rundet ab: "Bei zwei Projekten machen wir auch die Architektur voll und ganz mit – mit Boxengebäude, Exhibition Center und Museum."

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