Stay home - Dieses Motto gilt aktuell für alle Österreicher. Ihr Zuhause in Österreich haben bzw. hatten in der Vergangenheit auch viele Motorsportler.
Jochen Rindt wuchs zwar in Graz auf, übersiedelte aber, als er im Rennsport gut zu verdienen begann, an den Genfer See. Man darf vermuten: Es gab steuerbedingte Gründe. Denn den "Skifahrer-Erlass", der für die heimischen Aktiven dieser Disziplin in den 1970ern geschaffen wurde, gab es noch nicht.
Mittlerweile ist eine steuerliche Vereinfachung auch für andere Sportler in Österreich nicht unmöglich. Und deshalb wurden zahlreiche prominente Motorsportler zu Wahl-Österreichern. Einer davon - dessen Name mir leider entfallen ist - klärte mich auf: "Ich zahle in Österreich 50 Prozent Steuer auf ein Drittel meiner Gesamteinnahmen."
Das bedeutet einen Steuersatz von rund 17 Prozent. Hmmm, ich spielte einmal Basketball, ob ich nicht auch beim Finanzamt...? Wohl aussichtslos.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Die beiden Ersten, die aber nachweislich nicht wegen der Steuer, sondern wegen der Schönheit der Landschaft und dem Erholungswert nach Österreich übersiedelten, waren in den 1970ern Walter Röhrl und Keke Rosberg. Der "Lange" baute sich ein schmuckes Domizil in Hinterglemm, in dem er bis heute mit seiner Monika jede freie Minute genießt – im Sommer mit dem Radl auf den Glockner, im Winter Skitouren, der mittlerweile 73-Jährige ist ein Konditionswunder. "Ein Tag ohne Bewegung ist für mich ein verlorener Tag", sagte mir der zweifache Rallye-Weltmeister und Porsche-Markenbotschafter einmal.
Rosberg - F1-Weltmeister 1982 - "logiert" in seinen Karriere-Anfängen auf dem Campingplatz in Zell am See, ehe er sich ein Haus in Thumersbach mit schönem Seeblick errichtete. Und dort bis vor wenigen Jahren vor allem die Weihnachtsferien verbrachte. Dadurch wuchs auch Sohn Nico (F1-Champ 2016) teilweise im Pinzgau auf, wo er immer noch viele Jugendfreunde hat. Nico besuchte sogar ein Jahr lang den Kindergarten in Zell.
Durch Rosberg senior wurde auch sein einstiger Schützling Manuel Reuter ein "Salzburger". Seit 1997 lebt der zweifache Le-Mans-Sieger (u. a. 1996 mit Alex Wurz) und ITC-Champion in Saalfelden. "Ich möchte nicht mehr weg – die Landschaft, die Sportmöglichkeiten, alles super", sagt der Hobby-Triathlet, langjährige DTM-Pilot und TV-Analyst.
Estre, Rast und Schneider genießen die Vorzüge von Vorarlberg
Auch die jüngeren "Zuagroasten" haben den Westen Österreichs im Blickpunkt gehabt. In Höchst bei Bregenz ist seit fünf Jahren der Franzose Kévin Estre ansässig und wird dort bald in sein eigenes Haus einziehen. Der 31-Jährige aus Lyon ist seit 2016 Porsche-Werksfahrer, gewann 2018 die 24 Stunden von Le Mans und wurde 2019 Weltmeister (jeweils GT). "Vorarlberg ist einfach traumhaft, du hast den See, die Berge, Erholung pur", meint er.
Die erste Zeit in Österreich verbrachte Estre übrigens in einer WG mit Adrien Tambay, dem ehemaligen DTM-Piloten und Sohn von F1-Star Patrick Tambay.
Estres Partner beim WM-Titel 2019 im Werks-Porsche 911 RSR war (und ist es auch jetzt noch) der Däne Michael Christensen, der wegen seiner Freundschaft zum weiteren Porsche-Werksfahrer Richard Lietz (Ybbsitz) einige Jahre in Wien lebte und erst wegen einer neuen Freundin kürzlich nach London übersiedelte.
Heimisch am Bodensee wurde auch DTM-Zweifach-Champion René Rast. Auch der Audi-Werkfahrer, der sich in Bregenz bestens eingelebt hat, nennt die gleichen Vorzüge seiner Wahlheimat wie Estre. Dritter im Vorarlberger Bunde ist der zweifache DTM-Meister Timo Scheider, der bekanntlich mit Hansi Hinterseers Tochter verheiratet ist.
In die Tiroler Wildschönau, ganz in die Nähe seines Kollegen Norbert Siedler, hat es Audi-GT-Pilot Marco Seefried geführt, der bereits Klassensiege bei den 24 Stunden von Daytona und 12 Stunden von Sebring feiern konnte.
Nachbarn im Tiroler Unterland: Stuck und Ekström
Fast Nachbarn sind in Going der frühere Langstrecken-Weltmeister und F1-Pilot Hans-Joachim Stuck (der ja deutsch-österreichischer Doppelbürger ist) sowie der zweifache DTM-Champion Mattias Ekström aus Schweden.
Das Salzburger Land nennen schon seit einiger Zeit Nicki Thiim aus Dänemark und Christopher Haase aus Deutschland ihre Heimat. Beide leben im Süden der Landeshauptstadt. Thiim, Sohn des DTM-Haudegens Kurt Thiim, gewann 2013 den Porsche Supercup und die 24 Stunden auf dem Nürburgring (Mercedes), 2014 holte er den Klassensieg in Le Mans und die Fahrer-Wertung der Langtrecken-WM (GTE-Am-Klasse) im Aston Martin.
Der Aston-Werkspilot wurde 2016 GT-Weltmeister. Audi-Werksfahrer Haase gewann 2012 die Blancpain-Endurance-Serie, 2014 die 24 Stunden Nürburgring und 2017 die 24 Stunden von Spa-Francorchamps. Und schließlich gibt es auch zwei Heimkehrer: Ralf Schumacher und Sohn David (19) leben seit etlichen Monaten wieder in Hallwang. "Salzburg ist meine Traumstadt", erklärt David, der hier geboren wurde und auch aufwuchs. Der vierte Schumi fährt 2020 die Formel-3-Saison im Rahmen der Formel 1.
Ein "sporadisches Asyl" für zahlreiche Red-Bull-Motorsportler ist der Mohrenwirt in Fuschl, wo von Formel 1 bis MotoGP schon etliche Fahrer ein freundliches Domizil fanden: U.a. Jean-Éric Vergne, Enrique Bernoldi, Scott Speed. Der Brasilianer Bernoldi logierte in seiner F1-Zeit später in der Salzburger Altstadt.