Am Tag nach den Medienberichten über eine Strafanzeige gegen ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel und das Präsidium das Österreichischen Olympischen Komitees sind die Präsidiumsmitglieder dem Vorwurf der schweren Untreue bzw. der Beihilfe vehement entgegengetreten.
In einer ÖOC-Aussendung am Freitag meinten ÖOC-Präsident Karl Stoss sowie die -Vizepräsidenten Elisabeth Max-Theurer, Peter Schröcksnadel und Otto Flum, die Vorwürfe würden sich in "Schall und Rauch" auflösen.
Die Anzeige war bei der Staatsanwaltschaft Wien vom Wiener Rechtsanwalt Volkert Sackmann stellvertretend für "ordentliche Mitglieder des ÖOC, also Sportverbände mit Sitz in der ÖOC-Hauptversammlung, eingebracht worden. Sie sehen sich durch Mennel und das Präsidium "geschädigt". Im Zentrum der Causa steht die vor mehr als acht Jahren gegründete Crowdfunding-Plattform "I believe in you". Bilanzverluste der Plattform sollen mit Vereinsvermögen des ÖOC abgedeckt worden sein.
Beschuldigter Mennel will von Vorwürfen nichts wissen
So sollen die ÖOC-Mitglieder um 416.000 Euro geschädigt worden sein. Das Gremium habe laut den Berichten zu den "strafbaren Taten des Dr. Mennel beigetragen, indem es dieser Vorgangsweise zustimmte, obwohl die Mitglieder des Präsidiums wussten, dass für eine solche Entscheidung das Gremium der Hauptversammlung zuständig ist." Mennel ließ am Donnerstag dem ORF über seinen Anwalt ausrichten, "er kenne die Sachverhaltsdarstellung nicht und weise alle Vorwürfe zurück".
Von diesen wiegt gemäß Sackmann am schwersten, dass Mennel im Alleingang gehandelt und die ÖOC-Mitglieder über die Übernahme der Verluste nicht informiert habe. Das würde aus Sitzungsprotokollen hervorgehen. "Warum verschweige ich was? Wenn das so ein großartiges Projekt ist, dann binde ich doch meine Mitglieder ein", sagte Sackmann der APA.
Es könne "nicht Hauptaufgabe des ÖOC sein, marode Gesellschaften mit Kapital aufzufüllen. Ich glaube nicht, dass die Mitglieder dem zustimmen würden", führte der Anwalt weiter aus.
Insgesamt soll "I believe in you" 624.000 Euro Schulden angehäuft haben. "Da verschwindet Geld, und keiner weiß warum", sagte Sackmann. Er frage sich grundsätzlich, "wie man mit einer Homepage überhaupt 600.000 Euro Verlust einfahren kann, wenn diese 12 Prozent von dem eingesammelten Geld erhält. Es wurde mit Personalkosten argumentiert - alles schön und gut. Das hilft nur den Athletinnen des ÖOC nichts." In der kommenden Woche würden seine Klienten Einsicht in die Bücher bekommen. Das sei vom ÖOC zugesichert worden.
Vom ÖOC wurde nun die Anonymität der Anzeige-Betreiber angeprangert, von denen "eine haltlose Sachverhaltsdarstellung" bei der Staatsanwaltschaft eingebracht wurde. "Es wollen einige wenige dem Sport und unserer olympischen Familie den größtmöglichen Schaden zufügen. Sie wollen ihre eigenen Machtinteressen mit allen Mitteln durchsetzen und demokratische Entscheidungen aushebeln."
Vierkampf um das ÖOC-Präsidium
Appelle von Zusammenhalt und positivem Miteinander vom 3. Juli hätten nicht lange gehalten.
Damals und in den Wochen davor war das ÖOC zuletzt in den Schlagzeilen gewesen. Der eingebrachte Wahlvorschlag für ein neues ÖOC-Präsidium war von den ÖOC-Mitgliedern mehrheitlich abgelehnt worden, erst diesen Mittwoch wurde ein neuer Wahlvorschlag veröffentlicht.
Dieser soll am nächsten Freitag zur Abstimmung kommen. Für das Präsidium kandidieren demnach wieder Stoss und Max-Theurer (Pferdesport), zudem Markus Prock (Rodeln) und Sonja Spendelhofer (Leichtathletik).
ÖOC wittert Verschwörung
Diese Hauptversammlung tritt nun aufgrund der Neuentwicklung aktuell in den Hintergrund. In der ÖOC-Aussendung wird der zeitliche Zusammenhang thematisiert.
"Diese Schmutzkübelkampagne wurde nicht zufällig unmittelbar nach der Bekanntgabe des Wahlvorschlags durch den Wahlausschuss lanciert. Hier sollen demokratische Prozesse mit Gewalt ausgehebelt werden", wird von Stoss und Co. vermutet. Man werde sich dieser "Rufmordkampagne" aber nicht beugen.
Das anonyme Verfassen einer Sachverhaltsdarstellung und ihr zeitgleiches Zuspielen an ausgewählte Medien - hier an "Der Standard" (Online) und den ORF - sei laut ÖOC eine besonders üble Form des "Medienprangers", der in Österreich aus Politik und Wirtschaft schon länger bekannt sei und nunmehr leider auch den Sport erreicht habe.
"Die erhobenen Vorwürfe entbehren, wie leicht aufzuklären ist, jeglicher Grundlage." Die Sachverhaltsdarstellung läge dem ÖOC freilich noch nicht vor.