news

Mehr als Pöltl! Neue Struktur macht ÖBV Hoffnung

Raoul Korner geht, hat mit Neustart aber viel bewirkt. Hoffnungen auf Brajkovic.

Mehr als Pöltl! Neue Struktur macht ÖBV Hoffnung Foto: © GEPA

Österreichs Auftritt gegen Zypern (ab 18 Uhr im LIVE-Stream >>>) wird zum Schaulaufen.

Den Aufstieg in die zweite Runde der Vorqualifikation zur Europameisterschaft 2025 haben die rot-weiß-roten Basketball-Männer nach dem 92:66-Erfolg gegen Irland bereits in der Tasche. Als zusätzlichen Anreiz hat sich das ÖBV-Team nun den Sieg in Gruppe A als Ziel für das zweite Spiel in Salzburg gesetzt.

Noch einmal die tolle Atmosphäre in Salzburg genießen. Noch einmal NBA-Star Jakob Pöltl im österreichischen Nationalteam bestaunen - wer weiß, wann das wieder der Fall sein wird. Und noch einmal Raoul Korner an der Seitenlinie erleben, bevor er seine Funktion als Teamchef niederlegt.

Doch das Erbe, das er hinterlässt, könnte ein wichtiger Step in eine erfolgreiche Zukunft sein. In den vergangenen Jahren hat er eine gute Aufbauarbeit geleistet und einen Umbruch forciert, von dem Österreich noch lange zehren könnte.

"Da ist ganz klar eine Linie zu sehen"

Hubert Schmidt, der bei LAOLA1 bereits den Pöltl-Faktor für das ÖBV-Team erklärt hat (Hier geht's zum Interview >>>) und auch am Sonntag als Co-Kommentator beim LAOLA1-Livespiel fungieren wird, kennt Korner schon viele Jahre. Der Head Coach des BSL-Teams Vienna DC Timberwolves und der Teamchef der österreichischen Basketball-Frauen weiß dessen Bedeutung und Wirken als Teamchef gut einzuschätzen.

"Es ist schon eine klare Struktur zu sehen. Was mir am meisten imponiert, ist, dass er im Sommer viel da ist, auch die Jüngeren beobachtet, die Pre-Camps forciert, neue Leute sichtet und ins Nationalteam einbaut. Das ist der Vorteil eines Neuaufbaus", fasst der Burgenländer die Stärken des scheidenden Teamchefs zusammen.

Durch seinen Wechsel von Medi Bayreuth zu den Hamburg Towers steht Korner vor einer neuen Aufgabe, der Klub will den 48-jährigen Wiener jedoch nicht in einer Doppel-Funktion sehen, weshalb dieser nicht mehr als Teamchef zur Verfügung steht. Sein bisheriger Assistant-Coach Chris O’Shea übernimmt ab August den Teamchef-Posten und wird mit Stefan Grassegger an seiner Seite Korners eingeschlagenen Weg fortführen.

"Da ist ganz klar eine Linie zu sehen – wenig verwunderlich für Raoul, der für sein sehr strukturiertes Arbeiten bekannt ist. Ich gehe auch davon aus, auch wenn er jetzt vom Verein aus das eine Jahr pausieren muss, dass er weiter ein Auge drauf haben wird. Da er diese Linie vorgegeben hat, wird es einfach kontinuierlich weitergehen", ist Schmidt zuversichtlich.

Keine Sorgen trotz Korner-Abschied

Ein Selbstläufer wird es für Österreich definitiv nicht, jedoch wurden Strukturen geschaffen, in denen es leichter zu arbeiten sein wird. Vor allem steht aber auch eine gute Mischung aus arrivierten Spielern und jungen Talenten zur Verfügung.

Dass der Abschied von Korner einen Rückschlag bedeuten könnte, steht für den Timberwolves-Coach nicht zur Diskussion, da O'Shea und Grassegger bereits im engen Austausch mit dem scheidenden Head Coach agierten und seine Philosophie mittrugen.

"Natürlich muss sich die Mannschaft immer aufs Neue beweisen und es wird sicher eine Umstellung sein, wenn ein anderer Coach im Match an der Seitenlinie steht. Aber Chris wird seine Sache sicher auch gut machen. Sie haben ja jetzt schon sehr strukturiert gearbeitet in Absprache mit Raoul. Vom Inhaltlichen wird sich das nicht so sehr ändern, deshalb mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass da ein Bruch entstehen könnte", stellt Schmidt klar.

Potenzial ist mit Sicherheit vorhanden, auch abseits von Pöltl, der logischerweise aufgrund seines Aufstiegs von Wien-Donaustadt bis zum Führungsspieler bei den San Antonio Spurs immer wieder in den Vordergrund rückt.

Auch abseits von Pöltl viel Potenzial

Doch Basketball-Österreich braucht sich mit den in Frage kommenden Spielern nicht verstecken. Auch Schmidt ist sich sicher, dass durch den Umbruch und den Neustart noch viel Luft nach oben ist.

"Es sind schon einige junge Spieler, die sicher noch sehr viel Potenzial haben zu wachsen und Karriereschritte zu machen. Aber ich will keine großen Voraussagen machen oder Druck aufbauen. Man hatte auch eine starke Generation mit Mahalbasic, Schreiner, Lanegger, Maresch oder Lamesic, mit denen es auch nicht ganz für die EM-Quali gereicht hat", wagt der Super-League-Coach einen Rückblick.

"Es ist schon mal schwierig, an diese Generation heranzureichen, auch da Pöltl durch die NBA-Saison selten dabei sein wird können. Aber Talent ist da und es wird auch was nachkommen. In Wahrheit ist es ein Neuanfang, man muss ihnen Zeit geben und schauen, wie die nächsten Schritte nach der Quali für die nächste Runde ausschauen."

Dabei könnte einer in den Mittelpunkt rücken, der vor wenigen Tagen haarscharf am NBA-Draft vorbeischrammte, jedoch am US-College in Davidson bereits sein großes Potenzial unter Beweis gestellt hat: Luka Brajkovic.

Wie Pöltl? Brajkovic wäre "massives Upgrade" für ÖBV-Team

Auch beim 23-jährigen Vorarlberger stellt sich natürlich in naher Zukunft die Frage, wie oft er dem Nationalteam zur Verfügung stehen kann. Eine große Hilfe wäre er aber allemal, wenn man Schmidt Glauben schenken darf.

"Es wird sicher auch darauf ankommen, wo Brajkovic spielt. Wenn er in den Windows immer zur Verfügung stehen würde, wäre das auch ein massives Upgrade und ein guter Ersatz für Jakob, wenn er nicht dabei ist. Da ist sicher was möglich."

Dass Brajkovic immer wieder mit Pöltl verglichen wird, sei "prinzipiell ja logisch, bei zwei Österreichern, die am College sehr erfolgreich waren beziehungsweise sind."

Trotzdem sieht der Frauen-Teamchef Vorteile beim bereits etablierten NBA-Profi: "Pöltl hat physisch noch bessere Voraussetzungen einfach, das muss man ganz klar sagen. Aber es ist schon ähnlich, Luka ist für seine Größe auch extrem beweglich, smooth und gut koordiniert."

Dass Brajkovic nicht gedraftet wird, war durchaus absehbar. "Brajkovic war zwar im selben Klub wie Steph Curry, aber die Conference ist trotzdem nicht so stark. Auch wenn er dort super gespielt hat, hat er nicht jede Woche gegen andere Top-Center gespielt. Aus der Conference schaffen es nicht viele in die NBA", erklärt Schmidt.

Auch ohne NBA ist große Basketball-Karriere möglich

Trotzdem habe der Feldkircher Riesenschritte am College gemacht. Wenn man schon in den USA mit Basketball aufzeigt, ist der Wunsch nach der NBA natürlich naheliegend. Brajkovic kündigte auch an, andere Wege in die National Basketball Association auszuloten.

"Ich würde nicht ausschließen, dass er es vielleicht über Umwege wie die Summer League in die NBA schafft", meint Schmidt. "Es kann auch sein, dass er gleich in einer guten Liga in Europa beginnen kann. Wenn er sich dort beweist, ist sicher auch eine Möglichkeit da. Natürlich zieht es mehr, wenn man es in die NBA schafft, aber manche haben gewisse Limits."

Nicht immer muss die NBA das Ziel aller Träume bedeuten. "Man muss den Erfolg nicht nur daran messen, ob jemand zwei Minuten in der NBA gespielt hat. Ich bin mir sicher, dass Luka – auch falls er es nicht in die NBA schaffen würde – das Zeug hat, eine große Basketball-Karriere hinzulegen."

Das würde mit Sicherheit auch dem ÖBV-Nationalteam helfen, sofern Brajkovic dann noch für die Zusammenkünfte verfügbar wäre. Mittelfristige Ziele könnten mit ihm wohl leichter erreicht werden. Doch welche Ziele sind überhaupt für Basketball-Österreich realistisch?

"Einerseits ist es wichtig, dass das Nationalteam unabhängig von einem konkreten Ergebnis attraktiven Basketball spielt mit viel Energie, was man jetzt auch großteils gesehen hat. Wichtig ist, dass man die ganze österreichische Basketball-Familie hinter sich weiß, gewinnt, für Begeisterung sorgt und stolz ist, wie das Nationalteam auftritt – was sicher passieren wird", so Schmidt.

"Prinzipiell wird man hoffen, dass irgendwann einmal die EM-Quali gelingt. Das wird mittelfristig auch sportlich das Ziel sein müssen, weil man nicht an der EM-Quali teilnimmt nur um teilzunehmen", sieht der Timberwolves-Coach eine Herausforderung, die mit der neuen Generation jedoch durchaus zu schaffen sein könnte.

Kommentare