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Familie Ball: NBA, Größenwahn und Litauen

Wie LaVar Ball mit seinen Söhnen ein Imperium schaffen will:

Familie Ball: NBA, Größenwahn und Litauen Foto: © getty

Sie sind längst ein Medienphänomen und sogar Trump musste sich mit ihnen beschäftigen: Die Familie Ball - oder besser gesagt das Produkt von Oberhaupt LaVar Ball.

Der ehrgeizige, von nicht wenigen auch mit dem Gütesiegel "wahnsinnig" ausgezeichnete, LaVar hat ein Ziel: Seine Söhne Lonzo, LiAngelo und LaMelo sollen gemeinsam für die Los Angeles Lakers spielen.

Lonzo, der älteste, hat es bereits geschafft. Trotz äußerst durchwachsenem Start, sagen ihm viele noch eine aussichtsreiche Zukunft voraus. Die beiden jüngeren "Ball Brothers" sollen jedoch nicht wie ihr Bruder den Weg übers College gehen, sondern sich Übersee entwickeln - in der litauischen Provinz.

Big Baller Brand

Der Vater, nicht nur der Familie, sondern auch der Marke "Ball", will mit seinen Söhnen ein Milliarden-Imperium aufbauen. Der Name: "Big Baller Brand". Dafür schlug er sogar Millionen-Deals mit den großen Sportartikel-Herstellern aus.

Lonzos viel besprochene "ZO2s"
Foto: © getty

Als Lonzo heuer an zweiter Stelle im NBA-Draft von den Lakers verpflichtet wurde und damit endgültig im nationalen Rampenlicht angekommen war, musste er als Zugpferd mit den Schuhen der Hausmarke auflaufen und dafür seither gehörig Spott einstecken. Nicht nur lässt sich über Design und Qualität der Treter streiten, nein, der "ZO2" kostet auch noch mächtige 495 Dollar.

LaVar hat es geschafft seine Söhne zu einer Marke zu machen, bevor sie jemals eine NBA-Sekunde gespielt haben - das muss man dem exzentrischen 50-Jährigen lassen. Aber mit seinen großspurigen Ansagen schnallt er seinen Söhnen auch einen schweren Rucksack um. "Mein Sohn ist besser als Steph Curry. Steckt Curry ins UCLA-Team und meinen Jungen zu den Golden State Warriors und schaut was passiert." Für viele gestandene NBA-Profis sind solche Aussagen nur Zusatzmotivation, dem Jungen auf dem Court an den Kragen zu gehen.

Mittlerweile hat auch LaMelo, der jüngste im Ball-Clan, seinen eigenen Schuh. Ein "BBB"-Pop-Up-Store in New York City öffnete im Dezember seine Türen.

Es geht sogar noch einen Schritt weiter: Die Familie hat mit "Ball In The Family" auf Facebook und YouTube ihre eigene Reality-TV-Show. Sie dokumentiert, oder besser inszeniert, den ambitionierten Vater, der seine Söhne in die NBA coacht und die Rehabilitation der Mutter, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitt.

LaVar Ball

Den Macher hinter all dem kann man, angesichts seiner aufgedrehten Interviews und seines unheimlichen Dauergrinsens, wohl nicht zu Unrecht als durchgedreht bezeichnen. Er hat seine Söhne trainiert seit diese klein sind, mit dem immerwährenden Ziel, sie zu NBA-Stars zu formen. "Ich habe ihnen den Hintern versohlt, um ihnen klarzumachen, dass ihre Taten auch Konsequenzen haben", gesteht er offenherzig.

Eine extrem ausgeprägte Version des Klischee-Vaters, der bei Spielen des Zöglings am Spielfeldrand herumschreit, weil er es selbst nicht zum Profi gebracht hat:

Als Footballer unterschrieb er zwar 1995 einen Vertrag bei den New York Jets, doch der Durchbruch blieb aus. Also reifte die Vision, seine Söhne zu Stars zu machen, schon bevor sie überhaupt auf der Welt waren.

LaVar Ball mit Sohn LaMelo
Foto: © getty

Dass es Söhne werden, war ihm ohnehin klar: "Ich wusste immer, dass ich mehr als einen Sohn bekomme. Ich mache keine Mädchen." Dafür habe er sich "eine große und hübsche Stute gesucht", erklärt LaVar wenig romantisch das Kennenlernen mit der Mutter seiner Kinder.

Nicht nur über seine harten Erziehungsmaßnahmen lässt sich streiten, auch über die frühe Vermarktung seiner Söhne und der damit einhergehende Druck wird kontrovers diskutiert. Doch LaVar handelt nicht anders als die großen Marken, die junge, erfolgreiche Sportler zu "Influencern" machen, mit dem Unterschied, dass er damit sehr, sehr früh begonnen hat. Moralisch fragwürdig, aber wirtschaftlich gesehen nicht unklug, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen, anstatt es den großen Marken zu überlassen.

Neueste Idee des ambitionierten Vaters: Eine eigene Liga für Spieler, die nach der High School nicht auf dem College spielen wollen, da es das NCAA-Reglement den Spielern verbietet, Geld zu verdienen. LaVar möchte rund 80 Spieler auf zehn Teams verteilen und sie über seine Firma mit 3.000 bis 10.000 Dollar monatlich entlohnen.

Was außerdem zu schön und schräg klingt, um wahr zu sein, ist tatsächlich passiert: Sogar Donald Trump hat sich auf Twitter schon mit LaVar angelegt - Parallelen zwischen den beiden sind unübersehbar.

Litauen als Sprungbrett?

Der Twitter-Beef leitet fließend die nächste große Episode im Leben der Ball-Family ein: Der zweitgeborene LiAngelo sollte zunächst das Erbe seines Bruders beim College-Team von UCLA antreten, wurde aber bei einer Reise nach China beim Ladendiebstahl erwischt und verhaftet. Trump soll sich persönlich dafür eingesetzt haben, dass der Jungen und zwei seiner Mannschaftskollegen wieder aus dem Gefängnis entlassen werden, war dann aber beleidigt, dass LaVar ihm nicht aus Dank zu Füßen lag.

Der Vorfall führte dazu, dass der 18-jährige LiAngelo suspendiert und niemals zu einem Einsatz für UCLA kommen wird. Papa LaVar macht das freilich nicht glücklich und so muss auch LaMelo, entgegen der eigentlichen Planung, einen Umweg nehmen. Beide Söhne werden direkt in den Profibereich einsteigen - in Litauen.

Virginijus Seskus - Der neue Chef der jungen Ball-Brothers
Foto: © GEPA

Prienu Vytautas nennt sich das Team, das momentan an letzter Stelle der aus zehn Teams bestehenden Litauischen Liga (LKL) herumkrebst. Es ist zumindest fraglich, ob die Familie weiß, worauf sie sich einlässt, wenn sie ihre Jungs in das 11.000-Einwohner-Nest schickt.

Der Coach des Provinz-Teams nennt sich Virginijus Seskus und genießt in Litauen einen ähnlichen Ruf, wie Papa Ball in den USA. Der 50-Jährige gilt als Choleriker, der seit dem Aufstieg mit Vytautas in die höchste Spielklasse unantastbar den Verein "regiert".

Der US-Amerikaner Mike Moser spielte nach seiner College-Zeit unter Seskus in der Hauptstadt Wilnius und versucht "dieses Jahr aus meinem Gedächtnis zu streichen. Ich hatte überall auf der Welt gute Coaches. Er gehört nicht dazu."

Zumindest gibt es einen Ausweg aus dem für ein Jahr gültigen Arbeitspapier. "Es gibt eine Klausel, den Vertrag nach einem Monat aufzulösen. Es ist zu diesem Zeitpunkt eher ein Experiment", klärt Klub-Manager Adomas Kubilius auf.

Vytaustas spielt neben der LKL auch in der schwächeren Baltischen Basketball Liga (BBL). "Wir sind verpflichtet, ihnen in der BBL eine Chance zu geben. Was die LKL betrifft, müssen wir sehen, ob sie gut genug sind", bremst Kubilius die Erwartungen.

Man sollte dabei aber nicht außer Acht lassen, dass Litauen eine echte Basketball-Nation ist, die NBA-Stars wie Valanciunas, Motiejunas und Sabonis hervorgebracht hat. Das Land ist gespannt auf die Neuankömmlinge, sogar Außenminister Linas Linkevicius teilt auf Twitter seine Vorfreude: "Ich freue mich, euch in Litauen spielen zu sehen. Definitiv ein Ort für Gewinner."

Mike Moser hingegen ist sich sicher, dass "die Jungs innerhalb eines Monats wieder" in die Staaten zurückkehren. Ob die beiden nun in Litauen sesshaft werden oder nicht - der Coup wird zumindest Vytautas' klammen Vereinskasse durch neue Sponsoren und höhere Ticketeinnahmen auf die Sprünge helfen.

Wie stehen die Chancen?

Lonzo hat es bereits geschafft und verkörpert den wahrgewordenen Traum seines Vaters. Er spielt in der NBA bei den Lakers, kann aber mit rund zehn Punkten und sieben Assists im Schnitt, den Erwartungen noch nicht wirklich gerecht werden.

Lonzo im Match-Up mit Steph Curry
Foto: © getty

Zudem ist er mit permanenter Kritik an seinem unorthodoxen Wurfstil konfrontiert. Trotzdem hat er unübersehbare Qualitäten als Spielmacher und wird sich auf kurz oder lang zu einem soliden Point-Guard mausern. Ob er dem Anspruch seines Vaters, "besser als Steph Curry" zu sein, gerecht wird, muss er noch unter Beweis stellen.

Aufmunternde Wort gibt es unter anderem von Kevin Durant: "Er spielt einfach wie ein Rookie. Er macht das durch, was jeder in seinem Alter bei den Profis durchmachen würde. Er lernt das Spiel, und passt sich währenddessen an."

LaMelo und LiAngelo - Bald Litauen statt Los Angeles
Foto: © getty

LiAngelo gilt seit jeher als drittes Rad am Wagen. Gemeinsam mit LaMelo war er mit den Chino Hills erfolgreich im High-School-Basketball, stand dabei aber immer im Schatten seines jüngeren, extrovertierten Bruders. Da er sich nun nicht auf College-Niveau zeigen kann, ist schwer zu sagen, ob LiAngelo Chancen in einem NBA-Draft haben wird. Der 18-Jährige muss nun, abseits des Scheinwerferlichts, in Litauen zeigen, dass er mit gestandenen Profis mithalten kann.

LaMelo ist im wahrsten Sinne des Wortes der Shooting-Star des Clans. Er ist hauptsächlich für Highlight-Zusammenschnitte bekannt, in denen er Würfe von der Mittellinie trifft oder in einem Spiel sensationelle 92 Punkte verbucht. Dass er dabei so gut wie nie den Weg in die eigene Hälfte zurück nimmt oder erschreckend viele unnötige Würfe nicht trifft, wird oft außer Acht gelassen.

Dennoch ist der erst 16-Jährige hochveranlagt, hat ein überragendes Ballhandling und wird mit Annährung an den Profibereich auch gezwungen werden, klügere Würfe zu nehmen. Der Schritt nach Litauen wird für das Nesthäkchen deutlich schwerer als für seinen Bruder, vor allem körperlich wird LaMelo zulegen müssen. Alleingänge wie in seinem High-School-Team darf er sich dort auch nicht erlauben.

Ihm bleibt jedoch noch genug Zeit sich körperlich und spielerisch zu entwickeln - er hat definitiv gute Chancen, in die NBA gedraftet zu werden und Papa Ball stolz zu machen.


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