Die vergangenen Wochen sind turbulent verlaufen für Jakob Pöltl und die Toronto Raptors.
Der Wiener ist einer der wenigen Stammkräfte, die dem NBA-Team in einem ereignisreichen Transferwinter erhalten geblieben sind. Von einem Platz in der K.o.-Phase sind die verjüngten Raptors weit entfernt, Titelträume hegt man derzeit keine.
"Keine Frage, es wird ein bisschen Geduld brauchen", sagte Pöltl vor der einwöchigen All-Star-Pause im Gespräch mit der APA.
"Um auf die Championship zu gehen war es eher ein Schritt in die andere Richtung"
Pöltl ist noch mehr als drei Jahre an die Raptors gebunden. Dem jüngsten Umbruch begegnet er positiv - auch wenn das Ziel, um den Meistertitel mitzuspielen, in näherer Zukunft nicht erreicht werden wird.
"Um auf die Championship zu gehen war es eher ein Schritt in die andere Richtung - ein Verjüngungsversuch, ein neuer Start", erklärte der 28-Jährige. "Wir haben jetzt einen konkreten, neuen Weg, den wir eingeschlagen haben."
Ihre Transfers geben den Raptors nach Saisonende viel Budgetraum für Neuverpflichtungen. "Ich glaube nicht, dass es eine Notwendigkeit gibt, jetzt im Sommer schon Vollgas in den Free-Agency-Markt hineinzugehen", meinte Pöltl. Eine gute Basis mit dem jungen Kern aufzubauen sei der erste Schritt. "Dann geht es darum, im richtigen Moment zuschlagen zu können."
An der Basis wurde zuletzt mit ungewöhnlich viel Teamtraining während einer Saison gearbeitet. Bei Pöltl kam die bisher längste Verletzungspause seiner NBA-Karriere dazu. "Die letzten Wochen waren ein bisschen stressig", sagte der 2,13-Meter-Mann. Der lädierte Knöchel mache keine Probleme mehr, in der einmonatigen Pause sei aber ein bisschen Kondition verloren gegangen. "Es war intensiv, wieder zurückzukommen. Deswegen freue ich mich, jetzt ein paar Tage zu haben, um Energie zu tanken."
In der All-Star-Pause nach Jamaika
Die All-Star-Pause nutzt Pöltl für einen Kurztrip mit Freunden nach Jamaika. Danach gilt es, noch einmal anzugreifen. Mit einer Saisonbilanz von 19:36 fehlen den Raptors fünf Siege auf einen Platz im Play-in-Turnier.
"Es ist noch möglich, wir werden es auf keinen Fall abschreiben. Im Moment ist es aber nicht unser Fokus", betonte Pöltl. "Unser Fokus ist, als Team gemeinsam besser zu werden und viel dazuzulernen in dieser Phase. Dann werden wir auch wieder Spiele gewinnen."
Seine bisher letzte Playoff-Serie hat Pöltl 2019 mit den San Antonio Spurs bestritten. "Natürlich fehlt es", gestand Österreichs NBA-Pionier. "Playoff-Atmosphäre ist sehr, sehr geil - noch ein Grund mehr, um weiterzuarbeiten und wieder dorthin zu kommen."
Es sei aber keinesfalls alles schlecht, nur weil man derzeit nicht um einen Titel mitspielen könne. "Es kann auch Spaß machen Teil eines Rebuilds zu sein, ein neues Team zusammenwachsen zu sehen." Diese Erfahrung habe er 2021/22 bereits in San Antonio gemacht.
"Er ist sicher keine Diva"
Im Vorjahr hatte Pöltl mit den Raptors das Play-in erreicht. Mit OG Anunoby und Pascal Siakam gaben die Kanadier zuletzt aber zwei Topspieler ab. Dazu löste Immanuel Quickley als Spielmacher den Deutschen Dennis Schröder ab - für Pöltl kein Nachteil. "Es sind komplett verschiedene Spielertypen", sagte der Center. Mit Quickley hat er aber mehr Chancen auf für ihn günstige Pick-and-Roll-Spielzüge. "Es wird noch ein bisschen Arbeit und Feinschliff brauchen, aber das Potenzial ist auf jeden Fall da."
Pöltls neuer Ersatzcenter Kelly Olynyk, der wie der ebenfalls im Winter zum Team gestoßene RJ Barrett aus Toronto stammt, hat seine Qualitäten im Gegensatz zum Wiener auch jenseits der Dreipunktelinie. "Er bringt einiges an Flexibilität, mit ihm haben wir verschiedene Waffen."
Herz des Teams ist und bleibt aber Scottie Barnes. Der 22-Jährige bestreitet am Sonntag (2.00 Uhr MEZ in der Nacht auf Montag/live DAZN) in Indianapolis sein erstes All-Star Game. "Mit dem Schritt, den er in dieser Saison gemacht hat, können wir auf jeden Fall unser Team um ihn herum aufbauen", meinte Pöltl.
Barnes sei ein extrem harter Arbeiter. "Er ist nicht nur offensiv unsere Nummer-eins-Option, er verteidigt auch meistens den besten Spieler des Gegners." Dazu schaue Barnes auf seine Mitspieler. "Er ist sicher keine Diva."
Mit seinen eigenen Leistungen nach der Knöchelverletzung war Pöltl trotz zweimal 19 Punkten und vier Double-Doubles in acht Partien nicht restlos zufrieden. "Es war ein bisschen ein Auf und Ab." Teilweise hätte ihm noch die Energie gefehlt. "Aber ich hoffe, das kommt schnell wieder."
Im All-Star Game tippt Pöltl auf einen Sieg der Eastern Conference. Ansehen wird er sich die Liga-Exhibition im Urlaub in Jamaika aber eher nicht. "Ich glaube, es wird eine Basketball-freie Zeit werden." Das nächste Spiel steht am Donnerstag gegen Brooklyn auf dem Programm.